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25.04.2016 Ralf Hoff  
Schreng Schreng & La La

Echtholzstandby

​Schreng Schreng & La La aka "Love-A-Akustik-Nebenprojekt" oder zumindest "Irgendwoher kenne ich diese Stimme doch" haben mit "Echtholzstandby" - was immer das sein soll – ihr zweites Album am Start. Punk ist, was man draus macht, und so - und sowieso nicht tot.  

 
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In Interview (hier ​nachzulesen) haben Jörkk und Lasse ja bereits darauf aufmerksam gemacht, was das alles soll. Musikalisch wird minimalistischer Singer-Songwriter-Punk – diese Vokabel lässt sich einfach nicht vermeiden – zwischen Lo-Fi-Ästhetik und Chansonnier-Vortrag geboten. Der eigene Anspruch an die Form hält sich hinter dem an den Inhalt moderat zurück. Ist aber eigentlich auch egal: Die Platte versammelt ein buntes Allerlei an Ideen, Beobachtungen, Befindlichkeiten und jeder Menge Charme, ohne doof zu sein oder Attitüde vermissen zu lassen. Und einen Großteil der unkaputtbaren Songs ist man ja eh schon aus den immer chaotisch-sympathischen Live-Auftritten gewohnt, also was sollte noch schiefgehen?

Der Anfang der Platte stimmt todtraurig. Nachdem der Opener "Punk" alles ist, nur eben das nicht (verdammte Erwartungshaltung!), nimmt "Plastik fressen" das Major-Musikbusiness aufs Korn und macht den Zuhörer betroffen, auch wenn dieser zufällig kein an Vertrag und Image gefesselter Popstar ist. Trotzdem fühlt man irgendwie mit – spätestens dann, wenn man das Geisterbahn-Bild von Xavier Naidoo als väterlichem Mentor in der "Lügen auf Seele geschminkt"- Chartsliste nicht mehr los wird. "Dschungelkoffer" suhlt sich dann im ganz privaten und persönlichen Schmerz und "Eltern" vom unzerstörbaren Trierer Liedermacher-Papst Jimi Berlin schlägt in eine ähnliche Kerbe, was alles noch schlimmer macht. Wo geht’s denn jetzt zur Party? ​

Jörkk singt erst einmal über Meerjungfrauen und Französinnen. "Oslo" glänzt mit waschechter Full-Band-Instrumentierung und unerhörtem Hit- und Radio-Potential (hoffentlich kommt es in Zukunft nicht versehentlich doch zum Plastikfressen). "Natalie" mischt "Basket Case" und "Aurélie" mit "Du bist Audrey Hepburn und ich Balu, der Bär"-Metaphorik und ist zielgruppengerecht für die interkulturelle Kommunikation bestimmt wichtiger als Karambolage auf Arte. "Alles auf Nichts" packt dann die Ukulele aus dem Dschungelkoffer und es wird heiter-beschwingt, inklusive derart schön gesampeltem Meeresrauschen, dass selbst Oazo das Herz aufgehen würde. Generell sind es diese Details, wie auch das Pfeif-Solo oder der französische Akzent vorher, der die ganze Schreng Schreng & La La-Sache noch ein bisschen sympathischer macht als ohnehin schon lange der Fall ist. 

Dann kommt er, der Punk. Die Vorab-Single "Ekel und Abscheu" inklusive dazugehörigem Musikvideo, hat schon vor Veröffentlichung der Platte klar und deutlich gesagt, wer und was da draußen gerade scheiße ist, und dazu kann man gar nicht mehr so viel schreiben wie lieber einfach erneut den Hut zu ziehen. "Spraypaint The Walls" von Cunstler ist sowieso ein moderner Klassiker und büßt auch in der reduzierten Version auf "Echtholzstandby" nichts von seiner Fabelhaftigkeit ein. Einen Track später gibt’s dann leichte Percussion und Spoken Word-Einlagen, das Eric's Trip-Cover "Behind The Garage" ist das etwas ganz Anderes und frönt der Mundharmonika und der Titeltrack beschließt die Platte mit angezogenem Tempo und augenzwinkernder Selbstbetrachtung zwischen Autobahn und Schnapstheke, Kinderchor und Rock 'n' Roll-Piano inklusive. Schreng Schreng & La La haben die Klaviatur der Emotionen einmal durchgespielt, doch wenn der letzte Gast aus der Bar getorkelt ist, muss auch die Gitarre mal ruhen. Und dann macht sogar der Albumtitel Sinn. 

Foto zVg: Band

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