Interviews
16.04.2016 Vincenzo Sarnelli  
Schreng Schreng und La La im Miss Marple's

Zwei Flachzangen und Rock 'n' Roll

​​Mit "Echtholzstandby" bringen Schreng Schreng und La La, namentlich Love A-Sänger Jörkk Merchenbier und Lasse Paulus, am 22. April 2016 ihre zweite Platte auf den Markt. Am 24. April treten beide im Miss Marple's in Trier auf. Wir sprachen im Vorfeld mit den Beiden über schlechte CD-Kritiken, ihren Song "Ekel & Abscheu" und das Alter von Sänger Jörkk. 
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​hunderttausend.de: ​Lasse und Jörkk, auf Eurer neuen Platte “Echtholzstandby“ gehts los mit der Internationalen in der Kurbel-Spieluhr-Version. "Echtholzstandby" als Soundtrack für den neuen Arbeiterkampf?​ 

Jörkk: Aber nein! Wir wollen ja nicht als der melodische Arm der Linkspartei wahrgenommen werden. Der Song heißt bei uns ja "Punk" – und soll einfach gleich zu Beginn dieses Albums, das musikalisch sicherlich nicht besonders punkig daherkommt, einen Hinweis darauf geben, auf welcher Seite wir stehen beziehungsweise aus welcher Ecke wir kommen. Die Spieluhr stammt übrigens aus dem Souvenir-Shop des Karl Marx Hauses in Trier und war ein Geschenk eines alten Freundes, mit dem ich meine erste Punkband hatte. Ich fand die Idee schön, dass wir auf diese Weise nochmal "zusammen auf einem Album" sind. Und da das ganze Spieluhren-Intro ein wunderbarer Quatsch ist, hatte Lasse natürlich nichts dagegen.
 
In einer Review zur ersten Platte "Berlusconi" von Bianca Hartmann im OX-Fanzine steht drin, dass Ihr manchmal klingt, als seid Ihr "Teil des Unterhaltungsprogramms auf dem hiesigen Mittelaltermarkt". Welchen Anspruch hattet Ihr denn diesmal an Euren Sound?
 
Jörkk: Hahaha… Großartig! Also erst mal rollen sich mir die Zehennägel auf, wenn ich den Terminus "Mittelaltermarkt" lese. So wie damals auch. Ich glaube sogar, Lasse war noch beleidigter als ich, als er das gelesen hat. Ich kenne Bianca schon lange und sie hat als Fan von deutschem Punkrock damals eben beim Ox auch unsere CD in die Hand bekommen, mit der sie aber nichts anfangen konnte. Sie hat sich aber im aktuellen Ox Fanzine diesmal schon etwas moderater geäußert und überhaupt auch unseren ganzen Gestus verstanden. Was die Frage mit dem "Anspruch an den Sound" angeht: Wir haben keinen.
 
Lasse: Beleidigt ist vielleicht etwas hart, da ich mich zwar über gute Kritiken freue, das Ganze aber doch recht sportlich sehe, zumal ich für mein eigenes Musikmagazin ja auch viele Plattenkritiken geschrieben habe und weiß wie es ist, Musik zu beschreiben, die nicht so richtig ins "Beuteschema" passt. Bei Mittelaltermarkt in Zusammenhang mit Musik muss ich aber immer an In Extremo oder Corvus Corax denken. Und damit möchte ich, bei aller Toleranz anderen Musikstilen gegenüber, echt nicht verglichen werden. 
 
Das Cover der Platte, gestaltet von Jules Wenzel, zieren zwei Erdmännchen. Eines mit Axt, das andere mit Koffer. Mal einfach gefragt: Warum?
 
Jörkk: Unser erstes Logo, das Lasses Frau Heike damals gemalt hat, waren zwei Erdmännchen. Einer mit Axt, einer mit Kettensäge. Die Vorgabe damals war, was Niedliches, Harmloses mit etwas Fiesem, Gefährlichem zu verbinden. So wie wir eben: Zwei Flachzangen, die aber gefährliche Rock 'n' Roller spielen.
 
Das neue Logo/Artwork, das wir in die goldenen Hände meiner Tätowiererin Jules Wenzel​ gelegt haben, sollte sich daran orientieren. Die Erdmännchen wurden überarbeitet und übernommen und die Axt steht irgendwie für mich als (selbst-) destruktiven Idioten und die Aktentasche für Lasse, als "den Anwalt", was gleichbedeutend für die verbliebene Restseriösität dieser Band steht.
 
Zum Song "Ekel & Abscheu" habt Ihr zum einen ein wunderbares Statement gegen Hass und Homophobie abgegeben und zum anderen dazu auch noch ein tolles Video gedreht. Der Text ist im Vergleich zu einigen anderen Songs von euch weniger kryptisch, sondern sehr gerade raus und deutlich. War es Euch ein Anliegen, es möglichst im Sinne einer klaren Kante zu formulieren, damit es jeder versteht?
 
Jörkk: Schlichte Antwort: Ja.
 
Lasse: Mir war vor allem das Thema "Homophobie" extrem wichtig. Ich denke nämlich, dass dieses Thema viel zu selten klar und deutlich ausformuliert wird. Es gibt einfach zu viele Plätze auf der Welt, wo Homophobie noch ein echtes Problem darstellt. Und genau wie Fremdenfeindlichkeit ist das etwas, was ich einfach nicht nachvollziehen kann. Soll doch jeder lieben wen er will. 
 
In einem Interview zur "Jagd und Hund" von Love A hat Jörkk mal gesagt, dass in der Band diskutiert wurde, ob sie auch mal eine Ballade schreiben dürfen. Ist Schreng Schreng & La La als "Akustik-Punk" also für die weiche Seite des Jörkk Mechenbier da?
 
Jörkk: Jein. Ich darf ja singen, was ich will – meistens zumindest. Aber Lasse schreibt einfach die balladeskeren Songs… Und ich sage ja auch immer zu meinen Love A Hasis, aber auch zu Lasse: "Whatever you´ll bring – i´ll sing!".
 
Auf Eurer Platte finden sich auch drei Cover-Songs. "Eltern" von dem Trierer All-Time-Favourite Jimi Berlin, "Spraypaint The Walls" von Jörkks ehemaliger Band Cuntsler und "Behind the Garage" von Eric’s Trip. Warum sind es grade diese drei geworden?
 
Jörkk: Beantworte ich mal ganz knapp mit drei Schlagworten: Freundschaft, Respekt, Bewunderung - und gebe für die Ausarbeitung gerne an Lasse ab!
 
Lasse: "Spraypaint The Walls" war für mich irgendwie nie ein Coversong. Jörkk hat ihn damals zusammen mit Gunnar von Cunstler geschrieben und ihn immer mal wieder akustisch auf Konzerten mit ihm zusammen gespielt. Gunnar hatte die Akustik-Band Trashboy, Jörkk Schreng Schreng & La La. Damals haben wir viele Konzerte gemeinsam gespielt, einfach weil wir Freunde waren und Bock darauf hatten. Leider ist dieser unglaublich tolle Mensch vor einigen Jahren verstorben, was "Spraypaint" oder auch "Dein Platz an diesem Tisch ist darunter" auf Konzerten immer zu einer sehr emotionalen Sache werden lässt. Wir vermissen ihn halt sehr.
 
"Behind The Garage" spielen wir gefühlt auch schon seit der dritten Probe. Ich wollte den einfach unbedingt spielen, weil Eric´s Trip für mich einer der größten musikalischen Einflüsse meiner Jugend waren. Wir hatten noch Zeit im Studio, also haben wir ihn eingespielt. Ich mag unsere Version (vor allem die Mundharmonika von Kilian, unserem Produzenten) und bin gespannt, was diese überaus grandiose kanadische Band dazu sagen wird.
 
Um den Rahmen hier nicht zu sprengen... Hör dir den Text von "Eltern" an, dann weißt Du warum zwei Jungs wie wir ihn covern mussten.  
 
Jörkk, Du bist mit Love A ziemlich erfolgreich unterwegs, hast Dich grade an ein Feature auf der neuen Platte von Jupiter Jones gewagt und jetzt kommt die neue Schreng Schreng & La La. Kriegst Du nie genug vom Rockstar-Jetset-Leben?
 
Jörkk: Doch! Hahaha… Um ehrlich zu sein, habe ich sogar ziemlich die Schnauze voll davon! Im Ernst: Ja und nein. Das macht halt alles einen derartig riesigen Spaß, dass man sicher versteht, dass ich nicht davon lassen kann. Ob das angesprochene Feature, also Einblick ins Major-Business, oder ein großes Festival mit einem Co-Headliner Slot für Love A, oder eine richtige Platte mit Label und Promo und Gema und allem Zipp und Zapp mit Schreng Schreng & La La, das ist immer irgendwas Neues, eine neue Erfahrung, wie eine Reise in ein Land, in dem man noch nie war. Das werde ich nie satt haben. Da gibt es noch viel zu viel zu erleben und zu entdecken! Aber manchmal wünsche ich mir tatsächlich einfach mal ein Wochenende mit meinem Mädchen auf der Couch, statt dem ICE Bordrestaurant mit Lasse – oder dem vollgepupsten Bus mit Love A.
 
Nebenbei: Wie hast du die Debatte um die Jungs von Jupiter Jones und ihrem neuen Sound mitbekommen? Und Lasse, wie findest Du, als Fan der alten Alben, das neue?
 
Jörkk: Ich habe das alles mitbekommen und auch direkt an der Quelle gesessen, was Informationen, Befindlichkeiten, Fehler, richtige Entscheidungen, Außenwirkung und so weiter angeht, aber kann, vielleicht auch deswegen, nur sagen: Man muss die neue Platte nicht gut finden, aber man kann es sehr wohl! Extrem mutig und trotzig ist sie allemal – und das finde ich schon einmal sehr bewundernswert. Dann muss ich sagen, dass die Jungs und das ganze Team JJ einfach ganz wundervolle Knallköpfe sind, die ich sehr lieb gewonnen habe und die da ein unfassbar schwieriges Unterfangen halbwegs unbeschadet überlebt haben. Nochmal: Hut ab.
 
Lasse: Schwierig. Für mich als wirklich großer Fan der Band war der Ausstieg von Nicholas gleichbedeutend mit dem Ende der Band. Ich habe auch ehrlich gesagt nicht verstanden, warum die Jungs als Band unter dem selben Namen weiter gemacht haben (also, ich habe das sehr wohl verstanden, denke aber wahrscheinlich zu romantisch für eine solche Entscheidung). Was mich mit der Band in den vergangenen Wochen versöhnt hat, ist die ehrliche Aufarbeitung der Trennung in der Presse und die Kompromisslosigkeit der neuen Platte. Aber gut finden tue ich sie ehrlich gesagt nicht, obwohl sie einige starke Momente hat.
 
Euch beide verbindet ja durchaus einiges. Wie kam es denn zu Schreng Schreng & La La? Also wie habt Ihr Euch kennen und schätzen gelernt?
 
Jörkk: Kennengelernt haben wir uns in der WG von Lasses Frau und meiner Ex-Freundin, schätzen gelernt haben wir uns in den vielen Jahren, die danach kamen. Das alles aufzuzählen oder auseinander zu nehmen und aufzuzeigen, was diese hart geile Freundschaft ausmacht, würde den Rahmen dieses Interviews sprengen.
 
Lasse, Du bist auch noch Gitarrist der Band D.F.T. (kurz für Die Fliegenden Toaster, kein Witz!). 2013 gab es eine Reunion, nachdem Ihr Euch 2008 aufgelöst habt. Ende 2015 gab es eine 7’’-Platte mit neuen Songs. Als alter Fan der Kombo muss ich natürlich die Chance nutzen: Kommt da noch mehr?
 
Lasse: Puuh, das ist eine gute Frage. D.F.T. ist seit mehr als 20 Jahren ein wirklich wichtiger Bestandteil meines Lebens. Aber so richtig ambitionierte Ziele haben wir nicht mehr. Wir sind vier beste Freunde, die sich einmal in der Woche zum Proben treffen und hin und wieder ein Konzert spielen. Klar wollen wir alle mehr, aber das ist auch nicht mehr so einfach, wenn man Kinder hat, ein Haus baut oder einfach einem anstrengenden 9 to 5-Job nachgehen muss. Um es kurz zu machen: Ja, da kommt sicherlich noch mehr. Wir wissen nur nicht genau was und wann.
 
Jörkk, wusstest Du eigentlich, dass, wenn man Dich googelt, der zweite Eintrag „Jörkk Mechenbier Alter“ ist?
 
Jörkk: Nein, wusste ich nicht. Aber da siehst du mal, wie GOOGLE und andere Konzerne gezielt mit unseren schlimmsten Ängsten spielen und hantieren, um uns gefügig zu halten!

Foto zVg: Rookie Records​

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