Wer hat Angst vor Virginia Woolf? ist ja ein recht bekanntes Stück, das insbesondere auch durch die Verfilmung 1966 große Bekanntheit erlangte. Würdet ihr den Inhalt bitte trotzdem kurz nochmal zusammenfassen?
Anika Bárdos: Es geht um zwei Paare, entsprechend sind tatsächlich nur vier Personen an dem Stück beteiligt. Einmal das Ehepaar George und Martha, die beide zwischen 40 und 50 Jahre alt und schon lange verheiratet sind. Sie kommen spät abends von einer Party nach Hause, die im College stattgefunden hat. Der Vater von Martha ist dort Direktor, während George „nur“ als Dozent an dieser Uni arbeitet. Beide haben einen satten Ehekrieg, der auf eine perfide Art die Ehe auch am Leben hält. An diesem Abend haben beide schon tief ins Glas geschaut und es stellt sich heraus, dass noch Gäste kommen, die ebenfalls bei der Party waren. Dabei handelt es sich um ein jüngeres Paar. Im Haus von George und Martha werden die beiden dann Zeuge des Ehekrieges, der sich aber recht schnell ausweitet und auch vor ihnen nicht Halt macht. Das erfahrenere Ehepaar spielt Spielchen, in welche die Gäste involviert werden, wobei das in Demütigungen ausartet, die teilweise fast bis ans Körperliche gehen und es wird insgesamt sehr deftig. Am Ende ist dann nichts mehr so wie vorher, weil alle bis an den Rand ihrer Existenz getrieben wurden.
Das Stück wurde ja schon oft aufgeführt, warum sollte man sich jetzt eure Inszenierung ansehen, was macht die so besonders?
Kathrin Mädler: Generell sei im Vorfeld zu sagen, dass das Stück ja nichts an seiner Aktualität verloren hat. Genau genommen ist es zeitlos, da es um existentielle menschliche Fragen geht. Wie führen wir unsere Beziehung? Mit wem teilen wir unser Leben? Was erhoffen wir uns davon? Wie finden wir uns selbst in so einer Beziehung wieder? Und der noch existentiellere Themenbereich ist wohl: Was wollen wir generell von unserem Leben? Welche Wünsche und Sehnsüchte haben wir, mit denen wir starten und wo finden wir uns irgendwann wieder? Ist es irgendwann zu spät, Lebenspläne umzusetzen? Und diese Fragen machen das Stück eben so spannend, dass man es auch immer wieder sehen kann. Abgesehen davon ist es natürlich phantastisch geschrieben.
Außerdem haben wir vier hervorragende Schauspieler, die sich jetzt neu mit diesen Rollen beschäftigt haben und sie interpretieren. Damit gibt es nochmal neue Geschlechterkonflikte, die hier betrachtet werden. Oftmals wird das Stück in der Kulisse eines Wohnzimmers gespielt, nachdem es sich ja quasi um ein Kammerspiel in Echtzeit handelt. Wir dagegen haben uns entschieden, das Ganze in einen formaleren Rahmen zu fügen. Bei uns spielt es in einem großen Bild, womit dennoch eine reale Situation zu Stande kommt. Mit dieser Bühne wollten wir nochmal ein Zeichen dafür finden, wie die Zustände und die innere Welt der Figuren geschaffen sind. Wir haben versucht ein Bild zu finden für die große Sehnsucht, die alle Rollen in sich tragen, für die Melancholie auf Grund der verpassten Chancen. Und daher spielt es in einem großen, recht dramatischen Raum.
War es für Sie problematisch, sich dem Stoff zu widmen, nachdem man das Stück ja schon häufig gesehen hat?
Anika Bárdos: Besonders der alles überstrahlende Film ist da natürlich präsent, wobei ich das Stück selbst bisher gar nicht so oft gesehen habe. Zu Beginn befürchtete ich ein bisschen, dass ich das nicht aus dem Kopf bekomme. Aber es ging dann recht schnell, denn geschuldet der individuellen Schauspieler wird es ja erneut zu einem ganz neuen Stück. Bei einer so intensiven Beschäftigung mit dem Stoff werden wieder andere Aspekte aufgedeckt, die man beim einmaligen Sehen gar nicht so erfassen kann. Es ist so interessant, wie diese Figuren jeweils angelegt werden, denn es kommt ja immer etwas Neues und Anderes heraus, abhängig von dem Umfeld, der Zeit und den Schauspielern. Das ist bei jedem Stück so und macht Theater dann spannend.
Mit Berit Menze und Thomas Limpinsel haben Sie zwei Schauspieler auf der Bühne, die im Gegensatz zu Niklas Maienschein und Marie Scharf nicht zum hiesigen Ensemble gehören. Wie kam es dazu?
Kathrin Mädler: Berit Menze und Thomas Limpinsel kennen sich ja schon, stehen aber bei unserem Stück das erste Mal gemeinsam auf der Bühne. Dadurch, dass beide Alexander May und Caroline Stolz gut kennen, kam das Engagement zustande. Gerade bei diesem Stück ist es sehr wichtig und auch schwierig, wie man die Figuren besetzt. Wie Anika schon beschrieb, empfand auch ich es als sehr angenehm, mit diesen vier Schauspielern an dem Stück zu arbeiten über sechs Wochen hinweg. Denn gerade bei Wer hat Angst vor Virginia Woolf? kommt es sehr stark auf die Darsteller an und sich die Entwicklung während der Proben anzusehen, hat sehr viel Freude bereitet.
Für welches Publikum würden Sie das Stück empfehlen?
Anika Bárdos: Das ist ziemlich breit gefächert. Man benötigt keine Vorkenntnisse und wird rasch mitgenommen. Entsprechend würde ich sagen, dass man das Stück jedem empfehlen kann, der sich darauf einlassen will. Für kleinere Kinder ist es jetzt eher nicht geeignet, aber für Jugendliche dürfte das schon interessant sein. Mich persönlich hätte das als Schüler durchaus interessiert, schließlich kann man da auch einiges über sich selbst lernen, wie man es nicht machen sollte etwa. Daneben, wie bereits erwähnt, ist Wer hat Angst vor Virginia Woolf? wirklich sehr gut geschrieben und vermutlich leben sehr viele Beziehungsdramen heutzutage von dieser Vorarbeit.
Am kommenden Sonntag ist Premiere. Wie ist es denn für Sie als Regisseurin beziehungsweise Dramaturgin, das Stück dann erstmals vor Publikum aufzuführen?
Kathrin Mädler: Das Lampenfieber bleibt natürlich immer vorhanden (lachen beide). Eine Premiere ist immer wahnsinnig aufregend. Gerade bei diesem Stück steht und fällt alles mit den Schauspielern. Es hängt alles daran, wie sie ihre Figur zu fassen kriegen und durch den Abend führen, denn es ist ein sehr emotionales Gespinst. Daher kommt es auch immer auf die Form des jeweiligen Vorstellungstages an, denn das verändert ja auch nochmal das Gesamtgefüge und macht jeden Abend zu einem neuen Erlebnis. Wenn dann noch Publikum hinzukommt, wird es natürlich nochmal anders.
Dann schon mal ToiToiToi für die kommende Premiere und vielen Dank für das Gespräch.
Termine:
- 29. April 2018 - 18 Uhr (Premiere)
- 12. Mai 2018 - 19:30 Uhr
- 22. Mai 2018 - 19:30 Uhr
- 25. Mai 2018 - 19:30 Uhr
- 13. Juni 2018 - 19:30
- 14. Juni 2018 - 10 Uhr
- 19. Juni 2018 - 19:30 Uhr
- 24. Juni 2018 - 16 Uhr
- 27. Juni 2018 - 19:30 Uhr
Tickets gibt es online oder an der Theaterkasse.
Foto: Simon Hegenberg