Stadtgespräch
16.06.2020 Jana Ernst  
@unitrierposting bei Instagram

Uni, Memes und… Rassismus-Erfahrungen?

​Die drei Jungs hinter @unitrierposting teilen auf Instagram normalerweise Memes über den Uni-Alltag. Im Licht der aktuellen Black Lives Matter-Proteste nutzen sie ihre Plattform auch, um Rassismus-Erfahrungen ihrer Nutzer an die (Teil-)Öffentlichkeit zu bringen.

 
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​Jonas, Vadim und Jan ​heißen die drei kreativen Köpfe hinter dem Meme-Account @unitrierposting​ bei Instagram. Als letzten Sommer der Trend zu Uni-Meme-Accounts aufkam, so erklären sie, haben sie kurzerhand entschlossen einen eigenen zu eröffnen. Die drei Meme-Bastler lassen sich dabei von bekannten Templates und Situationen aus dem Trierer Studi-Leben inspirieren und treffen dabei nicht selten den Nagel auf den Kopf – das beweisen auch die inzwischen gut 1.000 Abonnenten. Ob kreative Antworten auf so spezielle Themen, wie die Corona-Mails von Uni-Präsident Prof. Jäckel, oder Kommentare zu mal mehr mal weniger geliebten Mensa-Gerichten, wie Alaska-Seelachs-Filet und der Burgenerator: Wer in Trier studiert kann sich garantiert regelmäßig mit den Memes von @unitrierposting identifizieren.

Wie kam es aber nun von Uni-Memes zu Aufmerksamkeit für Rassismus-Erfahrungen? „Ich habe den Blackout-Tuesday auf Instagram mitbekommen und mir überlegt, wie man selbst aktiv werden kann, um auf das Problem aufmerksam zu machen und es auch aktiv anzugehen. Ein Schwarzer Freund von mir aus England hat an diesem Tag gepostet, dass er sich wünschen würde, dass Opfer von Rassismus erzählen, was ihnen schon passiert ist oder wie sie sich fühlen,“ erklärt uns Jan, einer der drei Admins. Und da die drei ohnehin von Zeit zu Zeit Ideen und Meme-Einsendungen aus ihrer Community veröffentlichten, lag es für ihn nahe, dass man nach dem gleichen Prinzip auch Betroffenen von Rassismus eine Plattform bieten könnte. „Wir wollten unsere Reichweite für etwas Wichtiges, etwas Sinnvolles nutzen. Wir können unseren Account letztlich ja so nutzen, wie wir das wollen,“ begründet Jan die Entscheidung. Im Gegensatz zu manch anderen, offiziellen Instagram-Kanälen sei das bei ihnen schließlich etwas unkomplizierter möglich.

In den letzten zwei Wochen haben sich auch schon einige Betroffene mit persönlichen Erfahrungen an Jonas, Vadim und Jan gewandt. Die teilen dann anonymisierte Screenshots der Nachrichten in den Stories von @unitrierposting und sichern die Story-Elemente in einem entsprechenden Highlight, damit sie nicht verloren gehen. Die Geschichten, die dort zu Tage kommen, sind oft erschreckend. Zwei junge Frauen erzählen zum Beispiel, wie sie im Bus von einem Mann beleidigt wurden. Als sie ausstiegen, folgte er ihnen und rief „Mein Opa war auch Nazi, dich schreib ich ganz oben auf meine Liste!“, „Geh zurück in dein Land!“ und „Vergasen sollte man euch!“ Von den umstehenden Passanten habe niemand reagiert. Auch eine andere junge Frau gibt an, im Bus als „Dreckige Ausländerin“ beleidigt worden zu sein. Andere erzählen, wie häufig sie im Gegensatz zu ihren weißen Freund:innen von der Polizei kontrolliert werden, sprechen von offensichtlichen Benachteiligungen im Job oder davon, dass man sich ständig aufgrund eines leichten Akzents über sie lustig macht. Gerade Fälle wie letzteres werden oft als „Kleinigkeiten“ abgetan, dabei richten auch solche permanenten Mikro-Aggressionen ernsthafte Schäden an. Tatsächlich meldeten sich nicht nur Schwarze oder PoC (People of Color, eine Selbstbezeichnung für und von Personen mit nicht-weißer Hautfarbe) mit ihren Erfahrungen, auch von Diskriminierungen und Beleidigungen gegen Russen oder russisch-stämmige Deutsche wurde berichtet. Im Story-Highlight „Eure Geschichten“ im Instagram-Profil @unitrierposting gibt es diese und mehr Erfahrungsberichte nachzulesen.

Teilweise stammen die Einsendungen explizit aus Trier, teilweise wird der Ort nicht näher spezifiziert. Sicher ist aber, dass all diese Erfahrungen nicht nur Geschichten von weit her, aus den USA, Großbritannien oder anderen Ländern sind, sondern, dass sie direkt vor unserer Tür stattfinden. In unserer Stadt und in unserem Land. Es liegt also an jedem/jeder Einzelnen von uns, das eigene Verhalten rassismuskritisch zu hinterfragen und für Betroffenen einzustehen, statt schweigend zuzusehen.

Die Erfahrungsberichte zu lesen, habe auch die Einstellungen von Jonas, Vadim und Jan beeinflusst. Die drei wollen ihr eigenes Verhalten jetzt noch eher hinterfragen und hoffen, dass sie vielleicht auch den/die ein oder andere/n ihrer Abonennt:innen erreichen können. „Man fragt sich ja selbst auch, ob man in irgendeiner Weise zum Problem mit beiträgt – sei es ein unangebrachter Witz oder dass man solche Situationen als Passant miterlebt, aber tatenlos bleibt. Und darum geht es bei dieser Aktion ja auch: Wir wollen etwas aus den Geschichten lernen, um in Zukunft besser zu handeln. Vielleicht bringt diese Aktion ja andere Leute dazu, etwas zu tun – egal, wie viele andere man damit erreicht.“


Foto: Ehimetalor Akhere Unuabona / Unsplash​

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