Interviews
02.01.2019 Janine Köppel  
Stereo Horizon

"Wie eine gute Pizza!"

​​​Am 5. Januar 2019 ist es endlich soweit: Stereo Horizon stehen das erste Mal live auf der Bühne. Gemeinsam mit fünf weiteren Bands lassen es Sven, Thorsten und Christoph bei Der Bunker Bebt im ExHaus richtig krachen. h​underttausend.de durfte die drei vorab kennenlernen.

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hunderttausend.de: Ihr seid ja alle drei nicht neu auf der Bühne, aber neu in dieser Konstellation: wie ist das Gefühl vor dem allerersten Auftritt?

Sven: Angespannt! Jetzt, wo wir mal vor ein paar Leuten spielen... Ich weiß ja noch gar nicht, wie gut das funktioniert, wenn wir das erste Mal live spielen. Aber klar, freut man sich darauf die Sachen mal live zu präsentieren!

Christoph: Ich habe eigentlich keine Sorgen, dass es nicht funktioniert (lacht). Wir sind alle routiniert und haben schon viel gespielt. Klar, es ist für uns als Band der erste Live-Auftritt, aber wir spielen jetzt auch schon seit einigen Monaten zusammen. Wir haben es ja anders gemacht, als viele Bands. Wir haben nicht angefangen zu proben und dann nach fünf Monaten irgendwo gespielt, sondern wir haben das CD-Projekt vorgezogen. Und eben weil wir die CD produziert haben, haben wir das Zeug so oft gespielt, dass es jetzt funktioniert.

Sven: Ich finde, gerade so ein erster Auftritt ist schon etwas Besonderes. Etwas, wo man sich davor vielleicht ein bisschen mehr Gedanken darüber macht, ob denn alles klappt.

Thorsten: Sven und ich spielen ja schon ungefähr zehn Jahre zusammen und Christoph hat sich ja auch wunderbar eingefügt. Das hat von Anfang an gefuppt!

Christoph: Worauf ich gespannt bin, ist, wie die beiden auf der Bühne reagieren. Wenn die jetzt völlig durchdrehen und ich hinten sitze und völlig konzentriert bin… keine Ahnung!

Sven: Thorsten ist schon ne Drecksau, wenn er sich bewegt!

Wie sind eure Songs entstanden, wer macht was?

Christoph: Als wir uns das erste Mal getroffen haben, haben wir nur so rumgejammt. Dann haben wir überlegt, in welche Richtung die Musik gehen soll, was für ein Genre. Wir haben alle schon verschiedene Genre gespielt und dann war die Frage, ob es vielleicht etwas gibt, das wir in der Form noch nicht gespielt haben. Sven und Thorsten haben direkt gesagt, dass sie noch einige Songs in der Schublade haben, die wir spielen können. Und der erste Song, den wir angefangen haben zu spielen und zu proben, hat es auch ins Set geschafft und ist auf der CD.

Welcher Song ist das?

Christoph: Perfect Lie.

Sven: Den spielen wir immer noch sehr gerne!

Christoph: Ansonsten haben wir einfach nach und nach geschaut, was es in der Ideenkiste noch so gibt. Die Songs wurden in erster Linie von Sven, aber auch von Thorsten geschrieben. Aber auch die klingen ganz anders, als sie vielleicht vorher erdacht waren. Wir haben zu dritt neue Rhythmen gefunden, oder die Tonart gewechselt, … wir haben einfach mit diesen Ideen gespielt. Während dem Spielen kamen aber auch Songs neu dazu, zum Beispiel Lipgloss. Wir haben gespielt, eine Richtung gefunden, waren inspiriert und haben uns etwas Neues überlegt.

Thorsten: Das ist ja auch ein gutes Zeichen dafür, dass es funktioniert! Sowohl alte Song-Ideen an unsere Spielart anzupassen, als auch komplett neue Sachen zu entwickeln.

Christoph: Wenn wir jetzt das erste Mal live spielen, ist die Setliste sozusagen aus diesen Komponenten zusammengewürfelt und trotzdem ist es ein schönes Gesamt-Ding geworden, das zusammenpasst. Es ist nicht einmal Tomaten und einmal Käse, sondern es passt alles zusammen.

Sven: Wie eine gute Pizza!  

Hat beim Entstehungsprozess des Albums etwas zu Diskussionen geführt?

Christoph: Eigentlich nur der Name. Die Band tut sich schon etwas schwer damit, Namen zu finden.

Sven: Der Albumtitel war eigentlich schnell da, nachdem der Bandname da war. Der war so ein bisschen der Krampf... Aber wir wollen nicht weiter darauf eingehen (lacht).

Thorsten: Beim Album Mono Is A Lonely Place haben wir geschaut, was all die verschiedenen Songs inhaltlich zusammenhält. So sind wir dann auf den CD-Titel gekommen. Denn bei allen Songs geht es irgendwie um Einsamkeit.

Ihr seid ja nun alle keine 19 mehr…

Sven: Vor allem der Thorsten!

…was ist da der Vor- oder Nachteil?

Thorsten: Man weiß, wo man hinwill. Es ist nicht dieses ständige Suchen, sondern jeder hat schon irgendwie eine Vorstellung. Man muss nur sehen, dass diese Vorstellungen unter einen Hut gepackt werden können.

Christoph: Was man vielleicht merkt, ist, dass wir von Anfang an gesagt haben, dass wir nicht vor uns hindümpeln wollen. Wir wollen etwas erreichen, uns regelmäßig treffen und regelmäßig proben. Dass zehn Monate nachdem wir angefangen haben zu spielen tatsächlich schon ein fertiges Album da ist, war noch schneller, als wir selbst gedacht haben. Das andere ist, dass wir verschiedene Erfahrungen aus anderen Bands mitbringen, sowohl musikalisch, als auch was das Zusammenspiel angeht. Das merkt man auch: Thorsten hört viel Funk und ich habe vorher ganz viel Jazz gespielt. Man geht anders an die Songs heran, wenn man einen anderen Background hat. Und im Gegenzug: je jünger man ist, desto festgefahrener ist man vielleicht auf die Musikrichtung, die man spielt.

Also nur Vorteile?

Thorsten: Das Alter bringt natürlich auch Nachteile mit sich…

Sven: Thorsten wird schneller müde, verträgt nicht mehr so viel…

Thorsten: Die Familie nimmt viel Zeit in Anspruch.

Sven: Hätten wir uns mit 19 getroffen, hätten wir vielleicht gesagt „Lass uns was richtig Großes daraus machen!“ Ich will natürlich erfolgreich mit den Sachen sein, aber wir müssten jetzt nicht die Mega-Band werden.

Christoph (lacht): Das werden wir so oder so!

Wenn ihr jedem Bandmitglied Stereotype zuordnen müsstet, wie würdet ihr euch beschreiben?

Christoph: Thorsten ist „Der Analytiker“.

Thorsten: Ja, durchaus. Analytiker im Hinblick darauf, dass beim Songwriting zum Beispiel gezielt nach ungeraden Takten gesucht wird.

Sven: Christoph ist „Der Disziplinierte“, der uns auch vorangetrieben hat.

Thorsten: Das hat mir auch von Anfang an super gut gefallen! Er kam hier hin und hat direkt losgelegt. Es wird nicht lange rumgeschwafelt, sondern gearbeitet.

Christoph: Als wir zum Beispiel die CD gemacht haben, habe ich gesagt, dass wir unbedingt zehn Songs haben müssen. Es hätte davor eventuell auch bei acht oder neun schon gereicht… aber ich habe gesagt „nee, zehn brauchen wir auf jeden Fall!“. Ich gehe da eher rational vor. Wobei ich nicht nach den ungeraden Takten suche, sondern ich bin eher auf der Dynamik-Suche. Wo kriegt der Song eine Varianz? Wo kann man noch etwas zurücknehmen? Wo kann man mit dem Tempo spielen? Und Sven ist „Der Leidenschaftliche“. Der, der am meisten in den Songs drinhängt und die meisten Songs geschrieben hat. Entweder hat er den Text mitgebracht, oder hat ihn zu einem instrumentalen Song dazu gebastelt. Deshalb steckt da inhaltlich auch am meisten Leidenschaft drin.

Sven: Und ich bin eine Diva… hat Thorsten gesagt!

Christoph: Genau, er ist unser „Zimperlinschen“!

Würdet ihr für die Musik eure Jobs an den Nagel hängen?

Christoph: Ich würde es machen (lacht)! Ich wollte damals eigentlich Musik studieren und nur Musik machen. Ich habe mich dann aber für die sichere Bank und einen „richtigen Job“ entschieden. Wenn uns aber irgendjemand entdecken würde und wir erfolgreich wären, dann würde ich das zwar nicht ewig machen, aber ich würde mir vielleicht mal ein Jahr Auszeit nehmen und mich da völlig reinwerfen.

Thorsten: Also ich könnte das gar nicht. Ich bin beruflich und familiär so eingebunden, dass das für mich eigentlich nicht mehr funktioniert. Das ist dann vielleicht doch der Nachteil: ab einem gewissen Alter sind die Verpflichtungen dann doch so angewachsen, dass man sich keine Auszeit mehr gönnen kann.

Sven: Ich würde der ganzen Sache wahrscheinlich gar nicht trauen. Ich wäre mittlerweile viel zu vorsichtig, um sowas zu machen. Ich habe zwar keine familiären Verpflichtungen, aber ich habe andere Verpflichtungen. Das Geld muss fließen. Bei Musik will ich das aber gar nicht, denn das mache ich nicht für das Geld. Ich weiß nicht, ob ich meinen Job zu diesem Zeitpunkt an den Nagel hängen würde - früher wahrscheinlich eher als heute.

Thorsten: Ja, früher definitiv!

Wenn man mal über euer Album schaut, fallen Titel wie Ham und Lipgloss ins Auge. Wie bringt man das unter einen Hut?

Sven: Ich habe angefangen tiefergehende Texte zu schreiben, als ich mit Thorsten angefangen habe Musik zu machen. Vorher war das alles nur so Pop- und Emo-Zeugs. Dadurch bin ich auf die Schiene gekommen, dass ich versuche auch etwas kritischer zu werden. Lipgloss handelt von einer Frau, die schon etwas älter ist. Früher war sie schön, aber jetzt kann sie damit keinen Blumentopf mehr gewinnen. Sie hat vorher nichts auf die Reihe bekommen, außer ihrer Schönheit und hat sich damit irgendwie durchgemogelt. Jetzt funktioniert das nicht mehr und sie wünscht sich ihre Jugend zurück. Das ist in Zeiten von Social Media ja auch ein ganz großes Thema, wo sich jeder gut präsentieren will.

Thorsten: Und Ham ist ja letztendlich auch gesellschaftskritisch. Ich war einige Jahre aktiv bei den Evolutionären Humanisten Trier. Da ging es beispielsweise um Grundrechte für Menschenaffen. Und Ham ist einer der ersten Schimpansen, der erfolgreich in den Weltraum geflogen ist.

Worauf kann man sich bei euch freuen, was habt ihr noch geplant?

Christoph: Es wäre einfach geil, wenn wir nicht nur den einen Auftritt im ExHaus hätten, sondern zukünftig noch mehr spielen würden. Jetzt freuen wir uns erst mal darauf, unsere Songs nach außen zu tragen. Wir wollen das, was wir erzeugt haben, gerne mit anderen Leuten teilen. Ansonsten – die Disziplin ruft! – wollen wir direkt weitermachen und an neuen Ideen basteln. Der aktuelle Plan ist ein Konzeptalbum. Wir haben diese erste Scheibe mit Songs produziert, die aus Schubladen kamen und schon ganz viele Jahre gereift sind. Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem wir uns musikalisch gut kennen und an etwas komplett Neuem arbeiten können. Das soll dann nicht random zusammengewürfelt sein, sondern inhaltlich und musikalisch einer bestimmten Idee folgen. Nach der suchen wir gerade noch.

 

Foto: Katarina Macziejek

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