„Heut Nacht von vier Uhr an magisches Theater – nur für Verrückte –
Eintritt kostet den Verstand. Nicht für jedermann.“ – tönt aus den
Lautsprechern, während die Hauptfigur Harry Haller vor dem fiktiven
Eingang steht. Schon recht früh taucht dieses Schlüsselelement, das
magische Theater, das erste Mal auf und wird auch der Schauplatz des
Finales sein. Dann nämlich, wenn Harry Haller lernt seinen inneren
Konflikt seiner bürgerlichen Seite und dem Steppenwolf mit Hilfe von
Humor zu bewältigen.
Um diesen inneren Kampf zu verdeutlichen,
wird die Hauptfigur von zwei Schauspielern dargestellt, die die beiden
Seiten Harry Hallers verkörpern sollen und sich zeitweise offen
attackieren.
Der 1927 veröffentlichte Roman ist zum Teil
Gesellschaftskritik, zum anderen Teil verarbeitet Hesse seine
persönliche Lebenskrise durch den Protagonisten Harry Haller. Über den
inneren Konflikt des Steppenwolfs, der triebgesteuert alles Bürgerliche
und Ordentliche verachtet und dem Menschen, der sich nach Sicherheit und
Geborgenheit sehnt, verzweifelt er daran sich in der Gesellschaft
einzugliedern.
Der ursprünglich widersprüchlich aufgenommene
Roman erlangte mit dieser Thematik eine Renaissance in der
Hippie-Bewegung der 1960er und 70er Jahre. Viele junge Leute dieser
gegenkulturellen Strömung konnten sich mit Harry Haller identifizieren
und sorgten damit für eine weltweite Wiederentdeckung der Werke Hesses.
Tatsächlich
hat der Steppenwolf bis heute nichts an Strahlkraft verloren, was sich
am diversen Publikum bemerkbar macht, von Jugendlichen bis Rentnern sind
alle Altersgruppen an diesem Abend im Theater vertreten.
Die
Umsetzung des Romans als Bühnenstück ist gut gelungen. Das liegt
zunächst an der Inszenierung, die die Schlüsselstellen rauspickt und
visuell anschaulich darstellt, sowie an den fähigen Schauspielern und
den schicken Kulissen.
Zu manchen Szenen wird begleitende Musik
gespielt. Diese ist fast durchgehend elektronisch produziert und sorgt
für eine moderne Anmutung des Stücks.
Für Fans der
Romanvorlage ist das Theaterstück ein Pflichtbesuch. Hat man das Buch
nicht gelesen, ist die Handlung teilweise schwer verständlich. In dem
Fall empfiehlt es sich früher da zu sein und die Einführung zum Stück
anzuhören, die eine halbe Stunde vor dem Vorführungsbeginn selbst
startet.
Foto: ArtEO Photography