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15.04.2017 Philipp Lenz  
Steppenwolf

Nur für Verrückte

​Hermann Hesses Kultroman Der Steppenwolf wurde in einer Zusammenarbeit des Theater Trier und den Théâtres de la Ville de Luxembourg als Bühnenstück inszeniert. hunderttausend.de war bei der Aufführung am 05. März 2017 dabei. Heute ist das Stück ein letztes Mal in Trier zu sehen.

 
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„Heut Nacht von vier Uhr an magisches Theater – nur für Verrückte – Eintritt kostet den Verstand. Nicht für jedermann.“ – tönt aus den Lautsprechern, während die Hauptfigur Harry Haller vor dem fiktiven Eingang steht. Schon recht früh taucht dieses Schlüsselelement, das magische Theater, das erste Mal auf und wird auch der Schauplatz des Finales sein. Dann nämlich, wenn Harry Haller lernt seinen inneren Konflikt seiner bürgerlichen Seite und dem Steppenwolf mit Hilfe von Humor zu bewältigen.

Um diesen inneren Kampf zu verdeutlichen, wird die Hauptfigur von zwei Schauspielern dargestellt, die die beiden Seiten Harry Hallers verkörpern sollen und sich zeitweise offen attackieren.

Der 1927 veröffentlichte Roman ist zum Teil Gesellschaftskritik, zum anderen Teil verarbeitet Hesse seine persönliche Lebenskrise durch den Protagonisten Harry Haller. Über den inneren Konflikt des Steppenwolfs, der triebgesteuert alles Bürgerliche und Ordentliche verachtet und dem Menschen, der sich nach Sicherheit und Geborgenheit sehnt, verzweifelt er daran sich in der Gesellschaft einzugliedern.

Der ursprünglich widersprüchlich aufgenommene Roman erlangte mit dieser Thematik eine Renaissance in der Hippie-Bewegung der 1960er und 70er Jahre. Viele junge Leute dieser gegenkulturellen Strömung konnten sich mit Harry Haller identifizieren und sorgten damit für eine weltweite Wiederentdeckung der Werke Hesses.

Tatsächlich hat der Steppenwolf bis heute nichts an Strahlkraft verloren, was sich am diversen Publikum bemerkbar macht, von Jugendlichen bis Rentnern sind alle Altersgruppen an diesem Abend im Theater vertreten.

Die Umsetzung des Romans als Bühnenstück ist gut gelungen. Das liegt zunächst an der Inszenierung, die die Schlüsselstellen rauspickt und visuell anschaulich darstellt, sowie an den fähigen Schauspielern und den schicken Kulissen.

Zu manchen Szenen wird begleitende Musik gespielt. Diese ist fast durchgehend elektronisch produziert und sorgt für eine moderne Anmutung des Stücks.

Für Fans der Romanvorlage ist das Theaterstück ein Pflichtbesuch. Hat man das Buch nicht gelesen, ist die Handlung teilweise schwer verständlich. In dem Fall empfiehlt es sich früher da zu sein und die Einführung zum Stück anzuhören, die eine halbe Stunde vor dem Vorführungsbeginn selbst startet.

Foto: ArtEO Photography

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