Reviews
30.05.2015 Julia Nemesheimer Veranstalter
Bühne 1 "Play Loud"

Von Nähe und Verlust

​​Das studentische Kooperationsprojekt mit dem Theater Trier feierte am 23. Mai 2015 seine Premiere im mittlerweile siebten Jahr. Ausgesucht hat man sich das Stück "Play Loud" von Falk Richter. hunderttausend.de war dabei und hat sich nach dem Interview mit Regisseur Michael Gubenko ein Bild vom Endprodukt gemacht.

 
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Was die Mitwirkenden auf und hinter der Bühne auf die Beine gestellt haben und die gute Umsetzung lassen sich kaum leugnen. Zwar findet man auch hier Höhen und Tiefen, aber einem kurzweiligen Abend, der sich gleichzeitig tiefer im Gedächtnis festsetzt, steht dies nicht im Wege:

Das Bühnenbild ist spartanisch – im Hintergrund und doch mitten im Geschehen befinden sich die drei Musiker mit Schlagzeug, Bass und Gitarre sowie Synthie eingerahmt in zwei Boxen aus Projektionsfolie. Angeordnet sind sie leicht schräg zueinander, sodass in der Mitte Platz für einen altmodischen Röhrenfernseher, Aktenordner und einen Videorekorder bleibt. Daneben sind lediglich jeweils zwei schwarze Stühle und orangerote Telefone mit Wählscheibe zu sehen. Nur wenige weitere Utensilien befinden sich in einem schlichten Aktenkoffer, der gelegentlich genutzt wird. Sie, gekleidet in ein rosa Top und einen Petticoat, und Er, mit Hemd, Krawatte, Weste und Hose - mehr braucht es nicht. Im Laufe des Stückes werden die Hüllen fallen und mit ihnen ihre Contenance.

Liest man sich das Original-Drehbuch von Falk Richter durch, so sind dafür eigentlich vier Schauspieler vorgesehen. Viele Szenen unterscheiden sich von denen, die Michael Gubenko inszeniert hat, oder sie kommen gar nicht erst vor.

Ein Stück über Beziehungen. Das Zwischenmenschliche – Liebe und deren Aus. Die beiden Protagonisten, Till Thurner und Lea Walde, führen teils verzweifelte Monologe, grübeln über die Anfänge und die Enden, halten Dialoge via Telefon und verlieren sich in einer impulsiven Rauferei.

Zu deutlich wird das Verpassen, Suchen, Scheitern und Finden, wenn die Schauspieler unter dem Crescendo des Schlagzeuges in vielen Versuchen aufeinander zurennen.

Auf Theatertexte.de findet man folgende Zusammenfassung des Werkes:"Ein Stück wie ein Soundtrack über die Liebe und ihr Scheitern. Die Tracklist ist variabel, aber die Band spielt immer den richtigen Song. Auch wenn die Störgeräusche nicht zu überhören sind. Egal wie lange wir darüber reden: Den perfekten Tag gibt es nicht, so lange Nähe etwas Abstraktes bleibt.
[...] Ernsthaft und trotzdem voller Humor erzählt er [Falk Richter] von Männern und Frauen, Kindern und ihren Eltern, Paaren und Familien. Eine spielerische Untersuchung der Gefühlswelten zu Beginn des 21. Jahrhunderts"

Tatsächlich trifft dies auch auf die Fassung der bühne1 zu, auch wenn es vielleicht in sich geschlossener gewesen wäre, hätte man sich mehr auf die ursprüngliche Variante eingelassen. Denn es kommt zu Längen, die zu den oben genannten Tiefen führen. Beispielsweise wenn Lea Walde darüber monologisiert, dass sie ihr Fremdgehen bereut und sich nun ändert – so wirkt es zu gestellt, zu übertrieben, um sich damit tatsächlich identifizieren zu können. Und eben dies sollte eigentlich der Fall sein. Wie im hunderttausend.de-Interview mit Michael Gubenko angesprochen, sei es das Ziel, beim Zuschauer Parallelen zu wecken, sodass jeder die für sich passenden Szenen gesondert betrachten kann.

Überhaupt erscheint Till Thurners Spiel glaubhafter, ernsthafter und ausgereifter, während Walde mit zu viel Unterton, der sich überschlagenden Stimme und ständigen Stimmungswechseln den Kern eines klischeehaften Frauenbildes trifft, dabei aber leider zwischendurch ins Nervtötende abdriftet, sodass man sich möglichst rasch Thurner zurückwünscht.

Abschrecken lassen sollte man sich davon dennoch nicht – dieses Stück ist subjektiv zu betrachten und schafft dies über weite Strecken auch, denn es regt zum Nachdenken an, über die aktuelle Beziehung, verflossene Liebe und warum das heute eigentlich alles so verdammt kompliziert geworden ist.


Weitere Termine: 07. 06. 2015 | 18:00 - 14. 06. 2015 | 18:00 -27. 06. 2015 | 20:00 - 12. 07. 2015 | 18:00

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