Stadtgespräch
26.04.2016 Vincenzo Sarnelli Veranstalter
Philharmonie Luxemburg stellt neue Spielzeit vor

Gut aufgestellt und breit gefächert

Auf einer Pressekonferenz hat die Philharmonie Luxemburg heute die neue Spielzeit 2016/2017 vorgestellt. Neben den vielen musikalischen Highlights kann das Orchestre Philharmonique Luxembourg mit innovativen Ideen und Vorhaben aufwarten. Die Besucherzahlen sind hoch wie nie und Chef-Dirigent Gustavo Gimeno fühlt sich heimisch. Eine Erfolgsgeschichte mit Fortsetzung. 

 
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Stephan Gehmacher hat derzeit gut lachen. Der Director General der Philharmonie Luxemburg kann auf eine erfolgreiche Spielzeit 2015/2016 im imposanten Bau auf dem Luxemburger Kirchberg zurückblicken. Viel Lob von allen Seiten, zum Beispiel vom Staatssekretär des Kulturministeriums Luxemburg, Guy Arendt, der "glücklicher mit der Philharmonie nicht sein könnte". Die Besucherzahlen sind hoch wie nie und kratzen an der 200.000er-Marke, ein nicht geringer Teil, etwa 15 Prozent, kommt aus Deutschland zu den hochkulturellen Veranstaltungen. Relativ viele dürften davon mit dem Shuttle Bus aus Trier starten, der die Veranstaltungen in der Philharmonie Luxemburg anfährt und gut frequentiert ist. Aber nicht nur die Zahlen stimmen die Macher zufrieden. Die Bandbreite der Veranstaltungen ist groß, das Interesse und die Neugierde beim Publikum spürbar vorhanden und auch in der Nachwuchsförderung hat sich die Philharmonie gut aufgestellt. 

Ein Garant des Erfolges ist sicher Gustavo Gimeno, Chefdirigent des Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL). Die erste Spielzeit des Grand Maestro ist gleichzeitig die erfolgreichste der Philharmonie und somit eng mit dem Mann verknüpft, der das OPL auf eine neue Stufe gehoben hat. Gimeno selbst fühlt sich heimisch im Großherzogtum, wenn es auch mit dem Luxemburgisch noch etwas hapert. Er lässt sich lediglich ein verschmitztes "Moien" an die versammelte Runde entlocken, nur um dann zum Kerngeschäft, der Musik, zurück zu kehren. Gimeno geht es laut eigenen Angaben in der neuen Spielzeit 2016/2017 um ein breiteres Repertoire. Neben Mahler, Bruckner, Schumann, Debussy, Ravel, Berg, Verdi, Haydn, Mozart, Beethoven, Sibelius, Schostakowitsch, Britten, Messiaen, Strawinsky und vielen weiteren wird es in dieser Zeit auch einiges aus dem 20. und 21. Jahrhundert zu sehen und vor allem zu hören geben. Langgaard oder Lindberg seinen da als Beispiel genannt. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, werden insgesamt neun Aufführungen in der Spielzeit vertont und mit dem Klassiklabel Pentaton Records zum Nachhören auf den Markt gebracht. 

Das OPL lebt also in dieser Spielzeit auf musikalisch großem Fuß und wird darüber hinaus mit diversen musikalischen Partnern zusammenarbeiten. Zum Beispiel den Artists in Residence, die für mehrere Produktionen im Hause der Philharmonie verbleiben werden. Außerdem Valery Gergiev, von 2007 an Chefdirigent des London Symphony Orchestra, der insgesamt fünf Konzerte dirigieren wird. Oder Violinistin Janine Jansen, die in der neuen Saison in verschiedensten Formaten am Hause zu sehen sein wird. Jansen wirkte bereits mit den renommiertesten Orchestern der Welt zusammen, seien es die Berliner Philharmoniker oder die New York Philharmonic. 

Die Philharmonie setzt darüber hinaus auf diverse hochwertige Gastspiele von berühmten Orchestern wie den Wiener Philharmonikern, den Müchener Philharmonikern oder dem Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks, die geleitet werden von Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Mariss Jansons oder Gustavo Dudamel. Auch bei den Solisten sind einige bekannte Namen dabei: ob Anne Sophie Mutter, Daniil Trifonov, dem Shootingstar am Klavier, oder Denis Matsuev, einem der bedeutendsten russischen Pianisten, der vor allem für seine Interpretation der Werke von Rachmaninow bekannt ist. 

Neben den klassischen Tönen engagiert sich die Philharmonie vor allem im Bereich Jazz und Weltmusik und wagt darüber hinaus auch noch filmische Engagements und Experimente. Mit Chick Corea, Wayne Sorter, Branford Marsalis, Kurt Elling und Kenny Baron besuchen die Stars der amerikanischen Jazz-Szene Luxemburg. Der berühmte Theater- und Filmschauspieler John Malkovich wird in der Philharmonie das Stück "Call Me God" zum besten geben, in dem es im weitesten Sinne um Diktatoren und die Frage geht, wie solche Menschen an die Macht kommen und warum man sie gewähren lässt. Das OPL wiederum wird den Film "2001: A Space Odyssey" von Stanley Kubrick live in Szene setzen und, nach dem Grammy für die Zusammenarbeit mit Sängerin Angélique Kidjo, wieder genreübergreifende Projekte angehen. Diesmal mit Bassist Avishai Cohen und Sängerin Dianne Reeves. 

In der Philharmonie wird es weiterhin drei neue Serien geben. Während das OPL in der "L’heure de Pinte" kurze einstündige Konzerte gibt, geht es in der "Soirées de musique de chambre" und im "Jazz Club" wesentlich intimer zu. Im Kammermusiksaal werden großartige Solisten und spannende zeitgenössische Jazz-Musiker sich aus nächster Nähe zeigen. 

Auch im Bereich der Festivals ist die Philharmonie gut aufgestellt. Zu den bereits bekannten "rainy days", welche im November 2016 stattfinden und in diesem Jahr unter dem Motto "into the wild", sowohl im musikalischen Leitmotiv als auch in der Wahl der Veranstaltungsorte, durchaus robust und außergewöhnlich daherkommen, wird es ein neues Festival mit dem Namen "atlântico" geben, welches die Musik portugiesischsprachiger Länder in den Mittelpunkt stellt. Sei es der angolanische Sänger Waldemar Bastos, der portugiesische Fado-Star Antonio Zambujo oder die kapverdische Sängerin Mayra Andrade, es geht um die Verbindung einer Kulturgemeinschaft, deren musikalische Vielfalt beim Festival zu hören ist. 

Über das breit gefächerte Repertoire und den hochkarätigen Gastinterpreten hinaus engagieren sich das OPL und die Philharmonie Luxemburg sehr im Bereich der Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche. Ob Schul-, Kinder und Familienkonzerte, Workshops oder andere Aktionen, das OPL und die Philharmonie wollen mit ihrer Arbeit eng an der Bevölkerung bleiben und Musik für das Alter "sechs bis 106 Jahre" machen. Dabei geht es aber nicht nur darum, Publikum zu binden, sondern auch neue Talente zu entdecken. In diversen Formaten versucht die Philharmonie professionelle Musiker und Amateure, die nicht beruflich Musik machen, zusammen zu bringen und so neue musikalische Erlebnisse für beide Seiten zu schaffen. Pascal Sticklies, Senior Manager for Education, geht es dabei nicht um bloße Vermittlung, sondern viel mehr um Erfahrung und Erlebnis. Das Vorhaben stellt eine große Herausforderung dar. Luxemburg ist klein, die Dichte an Musikern nicht groß und dennoch ist es die Mühe wert, ist die Nachwuchs- und Talentförderung in diesem Bereich doch ein "wichtiger Baustein im Konzept der Philharmonie", wie Stephan Gehmacher zum Schluss betont. 

Ein Programm, welches zufriedenstellender nicht sein könnte und mit einigen Überraschungen und einer spannenden Bandbreite aufwartet. Qualität, die auch außerhalb Luxemburgs geschätzt wird. Das OPL selbst wird einige Gastspiele an berühmten Häusern Europas haben. So zum Beispiel in Wien, aber auch in Valencia, der Heimat von Gustavo Gimeno. "Ein besonders emotionaler Moment" werde es sein, kurz bevor er die Heimatbühne betreten wird, sagt der Chef-Dirigent. Oh ja, die Philharmonie Luxemburg bringt Hochkultur in die Region. Die 200.000 Besucher sollten in der kommenden Spielzeit zu knacken sein. 

Foto: Raphael Rippinger​

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