Interviews
25.11.2018 Janine Köppel  
Leoniden

"Immer tausend Prozent, sonst lohnt sich das nicht"

​​​Die fünf Energiebündel der Leoniden sind mit ihrem zweitem Album Again auf großer Tour. Bevor sie am Mittwoch, 28. November 2018 bei den Rotondes in Luxemburg gastieren, hatte Sänger Jakob noch Zeit für einen Plausch mit hunderttausend.de.​

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hunderttausend.de: Diverse ausverkaufte Konzerte, 1LIVE Krone Nominierung als Beste Newcomer, Auftritte bei Pro 7 und ZDF, ... Auf Facebook liest man heraus, dass ihr das alles selber kaum fassen könnt. Überrollt es euch gerade?

Jakob: Tatsächlich ist Überrollen so ungefähr das beste Wort, um es zu beschreiben. Nur, dass Überrollen irgendwie nicht so angenehm konnotiert ist. Das ist schon krass, was gerade passiert. Solche Sachen wie die 1LIVE Krone, Late Night Berlin oder Morgenmagazin sind alles immer so krass surreale Sahnehäubchen von dem, was wir tun. Aber das, was uns wirklich umhaut und uns Schwierigkeiten bereitet zu realisieren, ist wie viele Leute auf unsere Konzerte kommen, unsere Lieder mitsingen und mit uns feiern. Das ist tatsächlich etwas, wobei ich mit meinem Kopf gerade nicht so richtig hinterherkomme. Tatsächlich ist Luxemburg das letzte Konzert, das nicht ausverkauft ist. Alle anderen Konzerte sind ausverkauft. Das ist einfach nur krass. Das ist wirklich das Schönste auf der ganzen Welt. Das schönste Abenteuer, das wir bisher erleben durften und ein riesiges Privileg. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist und wir arbeiten sehr hart an unserer Band. Natürlich fühlt es sich einfach auch gut an, wenn so etwas passiert. Aber, dass es diese Ausmaße hat, hätten wir nicht gedacht.

Träumt ihr auch schon vom ganz großen internationalen Erfolg? Würdet ihr das überhaupt wollen?

Ich weiß, dass wir aufhören werden, wenn es sich nicht mehr richtig anfühlt. Ich glaube nicht, dass wir irgendwie Angst davor haben zu groß zu werden. Soweit denken wir einfach gar nicht. Wenn wir aber auf der anderen Seite einfach Mal in Frankreich, Portugal, Italien, Dänemark oder sonst wo in Skandinavien spielen könnten – das wäre einfach cool! Da würden wir uns tierisch freuen. Aber, dass wir auf den Tag warten, an dem wir gefeierte Superstars und Globetrotter sind… darüber nachzudenken fühlt sich albern an.

Aber ihr hättet Bock auf mehr?

Na klar! Wer hat das nicht? Jeder Mensch, der sich auf eine Bühne stellt, hat sicher das Bedürfnis, dass man ihm dabei zuhört. Es ist ja auch immer eine Besonderheit, dass man mit Leuten, die man eigentlich privat gar nicht kennt, so schöne Abende verbringt. Das reicht uns auf jeden Fall schon um so glücklich zu sein, wie wir sein könnten. Wir sind ja alle Mitte-Ende 20 und lassen uns nicht an der Nase herum führen von solchen Hype-Gefühlen und sind da eher bodenständig. Aber jetzt ist ein Moment, an dem wir uns manchmal anrempeln müssen und sagen „Ey, glaubst du eigentlich wirklich was hier gerade passiert?“ und wir eigentlich alle sagen „Nee!“.

Hat sich bei der Herangehensweise an das zweite Album im Vergleich zum Ersten etwas verändert? Hattet ihr größere Erwartungen oder Druck?

Das Album heißt Again, auch um klar zu machen, dass wir die Philosophie des ersten Albums einfach beibehalten und uns nicht künstlich neu erfinden. Unser Anspruch an uns selber ist sowieso immer, dass sich alle unsere Songs voneinander unterscheiden. Alle mit einer gewissen Besonderheit oder einem Alleinstellungsmerkmal. Mit einer besonderen Idee, die nur in dem Song vorkommt. Und somit erfinden wir uns von Song zu Song eigentlich immer neu. Wir standen nicht vor der Entscheidung, ob wir wieder ein Indie-Album, oder ein Jazz-Album machen, um uns neu zu erfinden. Sondern wir haben einfach genau so weiter gemacht. Und Druck haben wir uns selber gemacht. Wir haben gesagt „Wenn uns das Album nicht besser gefällt als das Erste, dann bringen wir es nicht raus. Wir kämpfen so lange darum, bis es uns besser gefällt.“ Was dann auch geklappt und viel Arbeit gekostet hat.

In vorherigen Interviews habt ihr erzählt, dass ihr musikalisch alles als Gruppe entscheiden möchtet und deshalb sehr viel streitet. Gibt es da typische Rollenverteilungen, wie einen Hitzkopf, oder einen Schlichter?

(lacht) Nee, wir sind alle krasse Hitzköpfe! Sehr leidenschaftlich, Musikliebhaber und Pseudo-Politiker in unserer Art zu diskutieren. Das ist schon krass und total paradox, dass man über Musik so diskutieren kann. Und dass man argumentieren kann, was gut und was schlecht ist. So funktioniert Musik ja eigentlich nicht. Eigentlich spürt man, ob man etwas mag, oder nicht. Aber wir leben dieses Paradox bis ins Pervers-Perfektionistische und dann werden wir auch vom Rest unseres Umfelds dafür ausgelacht.

So lange ihr euch am Ende immer wieder lieb habt…

Ja, immer! Ich glaube, das ist ein Indiz für Freundschaft, wenn man so streiten kann.

Erst wart ihr "nur" Freunde, dann quasi Kollegen, musstet wichtige Entscheidungen treffen, tragt Verantwortung, ... Was hat das mit eurer Freundschaft gemacht?

Viele Leute, die selber in Bands spielen, werden irgendwann auch erzählen, dass es vergleichbar ist mit einer Beziehung. Man ist in einer innigen freundschaftlichen Beziehung. Aber, was eine Band noch mit sich bringt und eine Beziehung nicht: dass man gleichzeitig auch eine Art Firma ist. Das muss man einfach lernen. Und wenn man sich irgendwann gut genug kennt, kann man so miteinander umgehen. Und wir haben ja auch ein gemeinsames Ziel: immer in maximalem Tempo zu arbeiten und eine kleine Stufe weiterkommen. Das verbindet uns total. So kann man sich auch morgens anpampen, weil keiner gefrühstückt hat und weiß mittags, dass aber alles in Ordnung ist. Es gibt diesen Moment, wenn eine Freundschaft über die Schwelle kippt, an der man sich das erste Mal kritisiert und das erste Mal denkt „Oh fuck, du bist doch nicht der perfekte Mensch, mit dem ich mich niemals streiten und immer nur harmonisch auf einer Welle surfen werde.“ Ich glaube diesen Moment macht jede Freundschaft irgendwann durch und wenn sie das aushält, ist es eine richtig Gute. Und den Moment haben wir in allen Kombinationen auf jeden Fall durch (lacht).

Für alle, die euch nicht kennen: Was hat man von den Leoniden auf der Bühne zu erwarten?

Wir sind eine Band, die sich abseits der anderthalb Stunden auf der Bühne echt krass in jedem Detail den Arsch aufreißt. Wir haben unsere eigenen Lichttechniker und Tontechniker dabei und einen Haufen Kisten im Anhänger, die dafür sorgen, dass es eine fantastische Lichtshow und einen super guten Sound gibt. Wir machen stundenlang Soundcheck, bauen alles selber auf, kontrollieren jedes Kabel drei bis fünf Mal. Wir machen alles größtenteils selber, was den ganzen Tag kostet. Und die anderthalb Stunden auf der Bühne sind dann der Moment, in dem man den Kopf wirklich frei macht und sich auf das konzentriert, was man am meisten liebt. Was, wenn man es zeitlich sieht, nur ein Nebeneffekt ist von dem, was man tut. Es ist der Moment, in dem wir aufgehen und meistens flippen wir komplett aus, springen wie wild durch die Gegend und können nicht mehr aufhören zu grinsen, wenn die Leute mitsingen. Wir sind eine Band, die sehr viel Spaß auf der Bühne hat und es überhaupt nicht schamvoll sieht. Wir begreifen es total als unsere Stärke, dass wir unseren Spaß zeigen. Immer tausend Prozent, sonst lohnt sich das nicht.


Wer die Leoniden mal ausflippen, springen und grinsen sehen will:

28.11.2018 um 20:00 Uhr in den Rotondes Luxemburg

07.02.2019 um 20:00 Uhr in der Garage Saarbrücken


Foto: Maxilian König

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