Interviews
25.10.2015 Vincenzo Sarnelli Veranstalter
Björn Beton von Fettes Brot im Interview

Unterhaltung und Haltung

​​​Es ist 1996... Nein. Es ist 2015 und Fettes Brot sind wieder Teenager. Welche vom Mars. So genau heißt nämlich ihr neues Album "Teenager vom Mars" mit dem sie derzeit auf Tour sind und am 11. November in Luxemburg in der Rockhal S​tation machen. Wir sprachen mit Björn Beton (im Bild links) über pubertäre Marsianer und warum es auch in Zeiten wie diesen Okay ist, richtig Party zu machen.  

hi8EYH_nhS0
Video

Hallo Björn Beton von Fettes Brot, lieber mit nem Haufen kreischender Teenager auf ein Justin Bieber Konzert oder wie Matt Damon im Film "Der Marsianer" ganz alleine für ein Jahr auf dem Mars leben?

Björn Beton: Auf jeden Fall auf das Konzert. Ich hab den Film noch nicht gesehen. Aber ich stelle mir ein Jahr alleine auf dem Mars ganz schön langweilig vor. Da geh ich lieber Abends auf ein Konzert. Ich kann auch einen Abend lang so Musik, die jetzt nicht ganz mein Herz erwärmt, ertragen. Sowas kann ja auch ganz interessant sein. Ich halte das auf jeden Fall aus.

Frauen, die mit ihren Laser-Brüsten Handys zerschießen… Die "Teenager vom Mars" stecken im Video zur gleichnamigen Single wohl volle Kanone in der Pubertät…

Wir haben in diesem Video versucht ein klassisches 80er Jahre B-Movie-Horror-Adventure in Amerika nachzustellen. Und da hast du wohl recht. Die im Film sind schwer pubertär unterwegs.

Auf eurem Album steckt ihr in den Schuhen von Teenagern vom Mars. Wie oft ertappt ihr euch aber in der Realität dabei, dass ihr so denkt: "Die Jugend von heute….?"

(überlegt). Ach, also natürlich denkt man das hin und wieder mal. Bestimmte Muster wiederholen sich halt. Wenn man das aber weiß, dann ist das gar nicht mehr so schlimm. Oft denke ich aber auch "Diese Erwachsenen schon wieder". Warum sind die so festgefahren und warum stellen die so komische Regeln auf. Warum glauben die, dass eine Gesellschaft genau so funktionieren muss. Oftmals ertappe ich also dabei, dass ich eher die Erwachsenen altmodisch finde.

Das ist ja auch ein bisschen eine Kernbotschaft eures Albums. Insgesamt wirkt "Teenager vom Mars" von den Lyrics her oft nachdenklich, reflektiert im Blick auf unsere Gesellschaft. Im Gegensatz dazu ist die Musik manchmal ziemlich konträr Partymäßig. Nur mein Eindruck oder gewollt?

Ich glaube, es war von uns schon immer ein Ziel, Unterhaltung und Haltung zu verknüpfen. Wir glauben daran, dass die Leute das auch so verstehen. Und wenn man dann auf der Tanzfläche steht und laut den Text mitschreit, dass man die Botschaften der Songs trotzdem wahrnimmt. Wir finden nicht so toll, dass ernste Inhalte immer auch ernst vermittelt werden müssen. Man kann auch auf unterhaltsamere Art und Weise, ohne erhobenen Zeigefinger, jemandem etwas sagen. Ich glaube auch nicht, dass man damit irgendwelche Leute schlauer macht. Ich glaube eher, dass die Leute, ähnliche Gedanken haben und dann denken: "Super gesagt. So sehe ich das auch. Geil, dass das mal jemand so ausgesprochen hat."

Du sagst, es war immer euer Ziel, Haltung und Unterhaltung zu verknüpfen. Überrascht euch dann, dass das jetzt beim neuen Album in besonderer Weise immer wieder aufgegriffen wird, gerade in Interviews und so?

Wir haben mit unseren Platten immer schon Themen angesprochen, die uns beschäftigt haben. Aber diesmal ist es halt auch den Umständen in unserer Gesellschaft geschuldet, dass wir auf der Platte das Thema Fremdenfeindlichkeit und Rechtsrock angesprochen haben. Das ist sehr sehr aktuell und groß. Das erkennen die Leute einfach eher, als die Themen, die wir früher behandelt haben. Wobei ich auch davor warnen will, dieses Alben als so ein besonders verkopftes oder politisches Album zu sehen. Da​​s ist auch da drin, aber es ist nach wie vor auch ein gut gelauntes Album. Wir glauben daran, dass man so was verknüpfen kann.

Euer Song "Das letzte Lied auf der Party" ist eine Hymne an die Unbekümmertheit. Ist das ein Problem, dass man ob der vielen Nachrichten, die täglich auf einen einprasseln, gar nicht richtig unbekümmert sein dürfen?

Ich glaube, dass ist Quatsch. Man kann das schon und wir sind es alle auch. Es gibt viele Momente, in denen wir uns leidenschaftlich freuen, uns lieben, uns in die Arme fallen. Ein Hoch auf unsere Freundschaft, auf das, was uns verbindet, auf die Musik, die uns berührt und uns zusammen bringt. Es ist, wie wir im Lied sagen "Auch wenn die Welt um mich herum scheinbar zu Grunde geht, fühle ich mich seltsamerweise trotzdem okay". Und so Momente gibt es dann auch. Diese muss man dann zelebrieren, wissentlich der Tatsache, dass ich morgen aufwache, wieder nüchtern bin und mich die Wirklichkeit wieder einholt. Dann kann man sich wieder damit beschäftigen. Es geht darum, das Leben zu zelebrieren, obwohl man das alles weiß. Das man sich trotzdem befreit und sagt: "Der Moment gehört jetzt mir oder uns". Das ist manchmal ja auch einfach gut.

Passend zu diesen guten Momenten: Hat man es als Band so richtig geschafft, wenn die Fans des magischen FC St. Pauli einen eigenen Song zu einem Fangesang umdichten?

Auf jeden Fall! Wenn das im Stadion gesungen wird, kann ich mich meiner Freude nicht erwehren. Wie ein kleines Kind. Ich bin wahnsinnig stolz dadrauf. Außerdem gewinnen wir dann immer, wenn wir das singen (lacht).

Dann sollten die das aber jedes mal singen…

Ja, sag ich ja. Ich versuche, es jedes mal wieder anzuzetteln (lacht).

 Zum Abschluss: Da wir ja keinen Schlager hören sollen, wie ihr uns mit dem Song „Alle hör'n jetzt Schlager" klar gemacht habt, gebt uns mal nen Musiktipp…

Ungelogen sind wir im Moment alle ganz heiß auf das Fatoni Album. Und wir haben jetzt ein paar Songs vom Album schon gehört und es gibt das ein oder andere Video schon zu sehen. Das alles macht richtig Lust auf mehr. Das, was ich gehört habe,​ ist echt geil.

Vielen Dank für das Gespräch und wir freuen uns auf das Konzert in Luxemburg. ​

Bildgalerie



Karte anzeigen