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25.09.2021 Jana Ernst Veranstalter
Die Wunderübung

„Eine außerordentlich lebendige Streitkultur.“

​Am Freitag, 17. September 2021, feierten Joya Gosh & Friends die Premiere ihrer Inszenierung von Daniel Glattauers „Die Wunderübung“. hunderttausend.de lässt den Abend Revue passieren.

 
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Foto: Veranstalter

​Die Wunderübung ist eine Komödie aus der Feder des österreichischen Autors Daniel Glattauer​, dem 2006 der Durchbruch mit seinem Roman „Gut Gegen Nordwin​d“ gelang. Für seine Inszenierung wählte das Ensemble Joya Gosh & Friends mit dem Bürgerhaus in Trier Nord ein intimes Setting, das dem Stück doch voll gerecht werden kann. Kurze Wege und ein Spiel auf Augenhöhe bringen Darsteller*innen und Zuschauer*innen noch dichter zusammen - physisch wie auch emotional. Diese Nähe macht es dem Publikum leichter, sich auf die doch sehr private Ausgangssituation einzulassen.

Das Ehepaar Dorek hat sich entschlossen eine Paartherapie zu beginnen – und den Zuschauer*innen wird binnen Sekunden klar, dass dieser Schritt bitter nötig war. Kaum befinden sich Joana (Britta Werksnis) und Valentin (Jan Philipp Keller) in einem Raum, wird die Anspannung zwischen den beiden förmlich greifbar. Während Jan Philipp Keller einen tollpatschigen, gänzlich unkooperativen Valentin gibt, der kein Fettnäpfchen auslässt (vor allem die Wahl der Sitzmöglichkeit im Büro gestaltet sich als Herausforderung), glänzt Britta Werksnis als scharfzüngige, wortgewandte Joana, die zum Stressmanagement überraschend große Mengen verschiedenster Snacks aus ihrer Handtasche zaubert und in Rekordgeschwindigkeit vertilgt. Die beiden Eheleute zeigen, so Paartherapeut Hari Magister a.k.a. Jörg Harald Werron, eine „außerordentlich lebendige Streitkultur“ – ein schöner Euphemismus, den sogar der Therapeut früher oder später aufgeben werden muss.

Die erste Hälfte der Komödie ist von Wortgefechten geprägt, die zwar äußerst unterhaltsam und bemerkenswert pointiert sind, sich aber inhaltlich mit der Zeit leider etwas wiederholen. Hier wäre weniger tatsächlich mehr gewesen. Jörg Harald Werrons Therapeut Magister überzeugt derweil mit großer Bühnenpräsenz und seiner ebenso angenehmen wie eindringlichen Stimme. Dass hier nicht nur langjährige Erfahrung sondern auch Gesangs- und Sprechausbildungen dahinter stecken, ist keine Überraschung. Nichtsdestotrotz beschleicht uns kurz vor der Pause das leise Gefühl, dass die Ausgangslage des streitenden Paars jetzt zu Genüge dargelegt ist. Es wird Zeit für einen neuen Impuls. Und für die titelgebende „Wunderübung“.

Besagter Impuls eröffnet sogleich die zweite Hälfte des Abends: Doch überraschende Wendung hin oder her – dieser turn of events hätte im ersten Teil etwas deutlicher vorbereitet werden dürfen. Von nun an bewegt sich das Therapie-Gespräch in eine nicht mehr ganz so überraschende, wenngleich äußerst unterhaltsame Richtung, die alle Beteiligten in ganz neuen Facetten erstrahlen lässt. Auch das Ende des Stücks dürfte der eine oder die andere schon vorab erraten haben. Dem Genuss des Abends tut das aber keinen großen Abbruch – dafür ist es doch zu amüsant, diese Dynamiken zu beobachten, die sich (in mehr oder minder starker Form) sicherlich in so manche langjährige Partnerschaft eingeschlichen haben.

Die Wunderübung ist eine kurzweilige Komödie voller Wortwitz und destruktiver Dynamiken, die ihren Zuschauer*innen gerne auch mal den Spiegel vorhält. Nur eine Frage bleibt ungeklärt: Warum verkündet Valentins Hemd „We should all be feminists“? Auf einen inhaltlichen Bezug wartete man leider vergeblich. Die Relevanz der Message bleibt davon aber unberührt. ​



Weitere Termine:

  • Freitag, 15. Oktober 2021, 20:00 Uhr
  • Samstag, 16. Oktober 2021, 20:00 Uhr​


Tickets gibt es bei Ticket Regional und unter jgfreunde@gmail.com.​

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