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28.11.2016 Julia Nemesheimer  
Carolin Kebekus

Ernsthaftigkeit zwischen den Zeilen

​Am vergangenen Samstag, den 26. November 2016, trat Carolin Kebekus vor einer ausverkauften Arena Trier auf. Rund zwei Stunden Stand-up Comedy bestritt die Kölnerin souverän und mit vielen Lachern auf ihrer Seite. 

 
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​Comedy ist vielfach noch immer Männerdomäne. In Interviews wird Kebekus noch immer gefragt, wie das denn so sei, als Frau auf die Bühne zu gehen, als wäre dies ganz große Zauberei. Sie selbst kann bei solchen Fragen nicht ernst bleiben - zum Glück. Stattdessen beweist sie, wie auch in ihrer Show "Pussy Terror - Jetzt erst Recht", Schlagfertigkeit und Redegewandtheit verbunden mit sitzenden Pointen. Gute zwei Stunden lang unterhält sie die restlos ausverkaufte Arena und schafft dabei den Spagat zwischen präpubertären Pups- und Kotzgeschichten und ernsthaften, feministischen, politischen Themen. Dabei springt sie vom Kölner Karneval, dem "Silvester Sexmob" und dem Novum, dass "Nein" seit diesem Sommer auch bei Frauen gerichtlich als "Nein" anerkannt wird, zu ihrem Bierkonsum und der eigentlich ausgesprochen praktischen eigenen Biogasanlage, angetrieben durch weibliche Blähungen. Anschließend kann sich jung wie alt über amüsante Beobachtungen zum Generationgap freuen, heutzutage geht man mit Mutti eher in die Disco, hört Schlager. Früher, als die Parties noch im Abriss endeten, hat man als Teenie die Erzeuger gehasst und zur Weißglut getrieben. Heute versucht man dies, wie schon oftmals gehört, mit volkstümlicher Musik, schließlich sind die Eltern jetzt selbst eher cool und hip, tätowiert und gehen auf Rock- und Metalkonzerte. Bis zur Pause gehts dann um Atheismus und Tod, auch hier schwingt, wie bei allem, das Ernsthafte unterschwellig mit. Die großen Lacher sind eben immer noch mit Kotzgeschichten und Mutter-Tochter-Pornos zu holen. 

Nach der Pause geht das Programm nahtlos weiter. Die Kölnerin lässt auch das immer wieder bemühte Thema Internet nicht außen vor, wundert sich über so manchen YouTube-Trends und ärgert sich über die Verfügbarkeit, die Katastrophengeilheit und die allgemein voranschreitende Gehirnverkrüppelung, die Abstumpfung. Als shitstorm-erprobte Userin sind ihr aber noch immer "Cracknutten in der Timeline lieber als diese AfD-Orks". Abschließend bekommen noch die neuesten Ernährungstrends ihren Senf weg, die Medienmaschinerie und ihre Beeinflussung, insbesondere der Frauen und deren daraus resultierendes Selbstbild, das viel zu oft tiefstapelnd daher kommt, weswegen man sich auch kaum wundert, dass "Deutschland als Entwicklungsland in Europa hinterherhinkt" - mit einem geschlechterspezifischen Lohngefälle von ganzen 22 Prozent. Kebekus fordert hier - und für die Lacher kurz darauf auch im Hinblick auf die unterschiedliche Aufklärung - "Mädels mit ein bisschen mehr Eiern zu erziehn". 

Mit all dem liegt sie richtig, doch allzu oft gehen diese wichtigen Aussagen ein wenig unter. Nichtsdestotrotz war es ein kurzweiliger Abend, auch wenn einige Passagen allgemein schon fast überstrapaziert sind. Der Erfolg gibt Carolin Kebekus jedoch glücklicherweise die Bestätigung, die Klappe eben nicht zu halten und so die präpubertär kichernden Comedykonsumenten weiterhin mit wichtigen Themen zu füttern. 

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