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06.09.2019 Alex Gouverneur  
Lachen, weinen, schwitzen

Souvenir

​​​​Am 30. September zeigte das Theater Trier bei tropischen Temperaturen die "Phantasie über das Leben der Florence Foster Jenkins" und hinterließ ein Publikum, das sich nicht so recht einig sein wollte.

 
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​Licht an, Auftritt Cosme McMoon. Der Pianist und langjähriger Begleiter von Florence Foster Jenkins führt in einen Abend, der mit großen Erwartungen Seitens des Publikums einher geht. Die Sängerin, und vor allem der Ruf der „entsetzlichen Qualität ihrer Stimme“ wird voll Spannung erwartet. 

McMoon erzählt, wie er als junger und erfolgloser Musiker einen Verwandten von Frau Jenkins trifft, der ihn auf den Job als ihr Pianist aufmerksam macht und dabei von ihrem „einzigartigen Organ“ spricht. Eingeweihte Zuschauer amüsieren sich bereits in diesen ersten Minuten des Stücks von Stephen Temperley. 

Vorhang auf, Auftritt F. F. Jenkins. Ein kurzer Dialog und Frau Jenkins gibt eine Kostprobe von Verdi zum Besten. Trotz eingehender Vorbereitung geht diese unweigerlich durch Mark und Bein. Eine Gefühlsachterbahn aus Schmerz, Betroffenheit und Freude macht sich breit. Was Barbara Ullmann als Jenkins hier gelingt, ist das beeindruckende Profil einer Frau, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren eigenen Weg im Namen der Kunst geht und - so absurd ihre Person oft wirkt - nicht vollends ins Lächerliche driftet. 

Jan Walter, in seiner Rolle als Pianist und langjähriger Begleiter, überzeugt nicht nur durch sein Können am Klavier, sondern zeichnet in seiner Rolle ein facettenreiches Bild seiner Arbeitgeberin. Er hinterfragt durchaus kritisch seine anfängliche Skepsis, wodurch auch die Zuschauer ihre Reaktionen hinterfragen und sich zum Teil ertappt fühlen. 

Als Foster Jenkins ihren Auftritt in der Carnegie Hall samt exzentrischer Kostüme zum Besten gibt, ist der Höhepunkt auch im großen Saal erreicht. Was folgt ist betretenes Schweigen, und dieses hat nichts mit der Bühnenleistung zu tun. Souvenir in seiner Inszenierung von Ulf Dietrich verzichtet auf aufwendige Bühnenbilder und ein großes Ensemble. Diese Konzentration auf das wesentliche ermöglicht es auch, sich mit den Fragen die unweigerlich im Raum stehen zu beschäftigen. Wer sagt denn was richtig und falsch ist? Wir wurden zumindest mit einer Vielzahl von Fragen über gut und schlecht, unserem eigenen Umgang mit Talent und unserem Verhalten als Beobachter konfrontiert, der noch immer nachschallt. In einer Zeit, in der Social-Media Follower wichtiger zu sein scheinen als "Talent" und jede Meinung ungefiltert preisgegeben wird, ist zumindest die Thematik aktueller denn je.


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Foto: Marco Piecuch

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