Reviews
11.01.2019 Sina Steiner  
Nektarios Vlachopoulos

"Ein Wunder der Globalisierung."

​​​​Gestern Abend war Nektarios Vlachopoulos in der Tufa zu Gast und teilte seine Reflexionen zu Politik, Religion, Integration und Sex mit dem Publikum. Wie diese Vorstellungen bei den Trierern ankamen, gibt es im hunderttaused.de-Review.

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Seit über zehn Jahren gehören Literaturveranstaltungen zu den Leidenschaften von Nektarios Vlachopoulos​, was ihn letztlich auch dazu bewegte die Sicherheit des Lehrerjobs hinter sich zu lassen und eine Karriere als Kleinkünstler zu verfolgen. Seitdem stellt er sich den kritischen Meinungen der Zuschauer und bemisst ihre Intelligenz daran, wie sehr sie über seine Witze lachen. Es scheint als habe der Slam-Poet seine Berufung gefunden. Das Programm Niemand weiß, wie man mich schreibt begann Nektarios Vlachopoulos mit einer Befragung der Anwesenden zu ihrem Altersschnitt und der Spontanität, die sie letztlich doch noch in seine Show brachten. Denn auf einem Schild an der Tür des Großen Saals der Tufa war zu lesen: „Aus organisatorischen Gründen musste die Veranstaltung in den kleinen Saal gelegt werden.“ Offensichtlich konnte es sich dabei nur um zu wenig verkaufte Karten handeln. Dies machte sich der ehemalige Deutschlehrer jedoch kurzerhand ​zu Eigen und sprach den Elefanten im Raum mit seiner Umfrage direkt an. Nichtsdestotrotz sahen rund 70 Zuschauer sein Bühnenprogramm und waren damit gut unterhalten. Besonders die Gruppe der 50-Plus, die der Künstler durch seine Befragung als solche identifiziert hatte, fanden Gefallen an der Show und verhalfen ihr durch einige schallenden Lachern zu Situationskomik.​ 
 
Spielerisch gelang es Vlachopoulos das Publikum durch den Abend zu führen. Seine etwa fünf-minütigen Texte verband er durch Anekdoten des Lehrerdaseins und Erfahrungen aus seiner Kindheit. Das Titelthema Niemand weiß, wie man mich schreibt zog sich dabei als roter Faden durch das Programm. So ist der gebürtige Baden-Württemberger griechischer Abstammung und wird deshalb Zeit seines Lebens in Deutschland willkommen geheißen. Das gefeierte „Wunder der Globalisierung“ wird durch die nicht enden wollende Integration zum ewigen Baden-Württembergischen Immigranten stigmatisiert. Dass er als Deutscher in seinem Germanistik-Studium einige sprachliche Kniffe gelernt hat, bewies er dann eindringlich in seinen Texten, die intellektuell und pointiert das aktuelle Zeitgeschehen ganz in der Manier eines Slam-Poeten reflektierten. Da durften klassische Texte wie das Vokalgedicht natürlich nicht fehlen. Doch der Gelehrte bewies seinem Publikum, dass das deutsche Bildungssystem scheinbar doch funktioniere, indem er über die Liebeslyrik vom Mittelalter über Barock bis in die Gegenwart sinnierte​. 

Nektarios Vlachopoulos hatte an diesem Abend für jeden aus dem breiten Spektrum des Publikums etwas dabei und machte auf sein neues Soloprogramm im März diesen Jahres gespannt. ​​​



Foto: Marvin Ruppert

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