Interviews
16.07.2015 Nemesheimer/Sarnelli  
Interview Nico Mono

Traum von Amsterdam

​​​Der Trierer Singer-Songwriter Nico Mono hat neues Material am Start und einige Veränderungen in der Tasche. hunderttausend.de hat sich mit ihm im kuscheligen Biergarten des Café Chrome getroffen und vor seinem Auftritt beim MiezKiez am 19. Juli 2015 über Amsterdam, Helden und das Leben gesprochen. 

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​hunderttausend.de: Steigen wir gleich ein mit der Frage: Bist du Captain Risiko?

​Nico Mono: Das Ding ist in jedem Fall autobiographisch - Ihr kennt das ja, morgens noch fünfmal auf die Snooze-Taste drücken und die Hausarbeit erst in der Nacht vor der Abgabe fertig schreiben. Ich hab meine Bachelor-Arbeit zum Beispiel grade so zum Postschluss abgegeben, ich bin also in der Hinsicht vielleicht ein​ Captain Risiko.

Beziehst du das eher auf alltägliche Sachen oder mehr auf außergewöhnliches? Was wäre denn das Risikoreichste, was du je gemacht hast?

Ich bin jetzt nicht so der Extremsportler, leider. Aber mein ganzes Leben ist ein Risiko, denn ich investiere sehr viel Zeit in die Musik - und die Szene ist ja schon risikoreich. Aber in Captain Risiko geht es auch darum, gerettet zu werden. Manchmal denkt man ja, man bekommt das schon selbst hin, aber am Ende schafft man es doch nur mit der Hilfe von Freunden. Wenn das jetzt ein Comic wäre, dann wäre Captain Risiko ein Superheld so wie Darkwing Duck, der immer die Welt rettet, der aber eigentlich gar nichts alleine kann, sondern immer nur mit Unterstützung zum Ziel kommt. 

Du sagst ja immer, dass deine Songs sehr autobiographisch sind. Liegt das daran, dass die Sachen dich so berühren, dass das eine Art Therapie für dich ist, oder ist es automatisch, dass du einfach was siehst und darüber dann schreibst?

Das muss nicht autobiographisch sein. Das kann auch anderen Menschen passiert sein und mich eben stark berührt haben. Als ich 17 war hat mir zum Beispiel ein guter Kumpel ein Gedicht geschrieben als er Liebeskummer hatte. Ich hab daraus einen Song gebastelt, der dann zum Beliebtesten in meinem Freundeskreis wurde. Manchmal muss man zwar noch was drum rum basteln, damit ein rundes Bild rauskommt, aber der Kern ist immer etwas, das mich persönlich beschäftigt. 

Wie muss man sich das Songwriting bei dir vorstellen?

Eigentlich sehr intuitiv. Ich hab auch viele verschiedene Wege ranzugehen. Manchmal sitz ich grade an der Produktion und bastele an ein paar Beats. Oder ich sitze mit der Akustik-Gitarre irgendwo. Manchmal kommts aber auch einfach so, während ich was ganz anderes mache - beim Joggen oder Einkaufen. Das ist dann immer komisch, weil ich mich dann in eine Ecke stelle und in mein Handy reinsumme, damit ich die Idee nicht vergesse. Es ist auch komplett unterschiedlich, manchmal ist der Text erst da, dann wieder die Musik. 

Musst du manchmal auch Abstand nehmen von deiner Musik?

Ja, definitiv. Als ich im vergangenen Jahr eine zwölftägige Akustik-Deutschlandtour hatte, musste ich danach echt Pause machen. Ich hatte kurz zuvor meine Bachelor-Arbeit abgegeben und musste währenddessen noch eine Hausarbeit fertig stellen. Außerdem haben wir es mit dem Alkohol vielleicht ein bisschen übertrieben​​. Ich war nach den neun Konzerten in den knapp zwei Wochen wirklich wie ausgebrannt. Aber nach dem Down ging es auch wieder aufwärts und da hab ich gemerkt, dass die Musik mich mein Leben lang nicht mehr loslassen wird. 

Hast du, gerade auch für so stressige Zeiten, einen Lieblingsort in Trier, an dem du gut entspannen kannst?

Generell bin ich gern an der Mosel. Ich finds auch ein bisschen schade, dass dort in letzter Zeit so wenig stattfindet. 

Stichwort Mosel - Am vergangenen Freitag hast du beim Zurlaubener Heimatfest deinen Song "Amsterdam" mit dem zugehörigen Video dem Publikum präsentiert. Was hat es mit dem Song auf sich, was ist die Geschichte dahinter?

Amsterdam handelt von Alltagsflucht, vom Frei-Sein, vom Glücksgefühl der Spontanität - denn ich glaube, viele Leute fühlen sich im Alltag oft gefangen. Amsterdam hab ich gewählt, weil ich nach meinem Zivildienst dort einen Zwischenhalt auf der Reise nach New York gemacht habe. Manchmal ist das Schönste ja das Ungeplante, frei nach dem Motto "Der Weg ist das Ziel". Und daher hatte ich die Idee, dass ich jemandem ein Ticket nach New York schenke, aber derjenige bleibt in Amsterdam hängen und hat dort eine richtig gute Zeit, weil er auch nicht mehr seinen Zielen folgt, die ihn unter Druck und Stress setzen. 

Gehts auch so ein bisschen um Drogen? Du singst ja: "Du bist hängen geblieben auf nem Trip".

Naja, man kann ja auch einen Rausch von Sport oder so haben, das müssen ja nicht unbedingt Drogen sein. Aber da kann sich jeder gerne selbst was bei denken.

Apropos "Der Weg ist das Ziel": Wie lauten denn deine musikalischen Ziele? Und würdest du sagen, dass das Sprichwort auch auf die Musikkarriere zutrifft? Würdest du also lieber den langen Weg gehen oder den schnellen Ruhm haben?

Also ich war noch nie bei einer Castingshow oder so, ich denke, das zeigt schon, dass der schnelle Ruhm für mich nicht an erster Stelle steht. Ich spiele gerne viel live. Wir hatten zum Beispiel mal eine Weihnachtsmarkt-Tour, bei der wir auf der Straße bei Temperaturen unter Null Grad gespielt haben. Das direkte Feedback und die Leute zu sehen, das war echt prägend. In solchen Momenten ist ganz sicher der Weg das Ziel. Und manchmal ist ja auch das Ziel wirklich erschreckend und überhaupt nicht damit übereinstimmend, was man sich die ganze Zeit über vorgestellt hat. 

Was ist denn dein Ziel, dass du gerne erreichen möchtest?

Der Traum ist natürlich, dass ich irgendwann einfach nichts mehr außer der Musik machen muss, um mein Leben zu finanzieren. 

Schaust du denn gerne mal musikalisch über den Tellerrand?

Ja, schon. Ich mach für mich privat auch schon mal andere Musik. Aber das ist noch nicht so ausgereift, dass ich das veröffentlichen möchte. Ich bin auch in dem, was ich höre recht offen. Zwar wenig Metal oder Charts, aber sonst lass ich mich gerne überraschen, grade bei Spotify-Künstlerradios geht das wirklich gut. 

Würdest du eigentlich für die Musik alles auf eine Karte setzen oder hast du lieber noch einen Trumpf in der Hinterhand? Du studierst ja auch noch nebenbei.

Ich bin schon Realist. Wenn sich die Möglichkeit bietet, würde ich schon alles auf eine Karte setzen. Aber im Moment würde es nicht funktionieren. Der Kompromiss, den ich gerade habe, ist schon ziemlich in Ordnung für mich. Mein Studium bereichert mich ja auch auf vielfältige Weise. Vielleicht kann ich ja auch irgendwann mal meine Woche splitten, dass ich teils arbeite und den Rest der Woche Musik mache. Zwischendurch bin ich ja auch journalistisch tätig, da kann man eventuell mal was verbinden. 

Bist du denn ein sehr rastloser Mensch? Gerade bei kreativen Menschen hat man ja den Eindruck, dass sie viele Bereiche abdecken.

Ja, ich hasse es, mich zu langweilen. Ich gehe immer schnell, ich brauche immer einen Plan und muss immer was zu tun haben. Die verschiedenen Dinge, die ich tue, ergänzen sich ja auch gegenseitig. Das raubt mir insofern also keine Energie, denn ich mache alles gerne. 

Dein Debütalbum "Designerleben" hast du ja in Eigenregie in deinem WG-Zimmer aufgenommen, jetzt bist du bei einem Label - was hat sich denn geändert?

Dank Daniel Bukowski bin ich in das kleine Label Pick-A-Back reingerutscht und die unterstützen mich dann auch bei der Promotion. Aber ich genieße da ziemliche Freiheiten, wir haben da mehr eine freundschaftliche Basis und wir besprechen vor allen Dingen die Termine miteinander. Das Label war sicher ein guter Schritt, weil wir so viel mehr gemeinsam schaffen können. Es nimmt mir halt recht viel Last von den Schultern, weil ich mich auch mal mit den Leuten beraten kann.  

Gibt es schon Infos zur ​neuen EP?

Also genaue Daten gibt es dazu noch nicht, aber ich schätze mal, in etwa zwei Monaten wird das veröffentlicht werden. Außerdem wird es einen elektronischen Remix von Amsterdam geben. Wer der Künstler dahinter sein wird, verrate ich aber noch nicht​. 

Man darf also gespannt sein, was Nico Mono noch aus dem Hut zaubern wird - live kann man ihn am kommenden Wochenende sowohl beim Designmarkt Moselschätze am Samstag, als auch beim MiezKiez im Mergener Hof am Sonntag​ erleben. 

Foto: Sebastian Klipp

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