Interviews
04.10.2018 hunderttausend.de  
Katrin Bauerfeind

Im Kern kein Arschloch sein

​Als bekanntes Gesicht im deutschen Fernsehen tourt Katrin Bauerfeind derzeit mit einem neuen Stand-Up-Programm über die Bühnen Deutschlands​. Dabei erzählt sie die Geschichten und Erkenntnisse aus ihrem Anfang 2018 erschienen Buch. hunderttausend.de hat sich vorab mit der Moderatorin unterhalten. ​​

 
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hunderttausend.de: Du warst bereits ein paar Mal in Trier auf der Bühne zu sehen und kommst Anfang Oktober ins Kasino am Kornmarkt. Kennst du dich hier dann schon ein bisschen aus?

Katrin Bauerfeind: Ach, Trier kenne ich noch von meinem Praktikum bei bigFM, wo ich immer die Temperaturen an der Porta Nigra durchgegeben habe. Ich hab lange in Bonn gelebt und deswegen auch schon Kurzurlaube in Trier gemacht. In Trier gibt´s ja Wein und wo es Wein gibt, ist es ja eigentlich immer schön und wenn nicht kann man sich´s schön saufen. Das hat Trier aber gar nicht nötig. Sie sehen, ich komme also vorbereitet.

Ja richtig, an unserem Weinstand am Hauptmarkt, direkt im Zentrum zwischen Porta Nigra und dem Dom, kann man heimische Weine probieren. Dort ist es tatsächlich zu jeder Tageszeit gut besucht, da geht's schon morgens los.

Wo Leute um 11 Uhr morgens schon Alkohol bestellen, da scheint die Welt noch in Ordnung zu sein.

Ihr Buch Alles kann, Liebe muss: Geschichten aus der Herzregion ist Anfang des Jahres direkt auf Platz 11 in die Bestsellerliste eingestiegen und hat später noch Platz 6 in der Kategorie Paperback Sachbuch erreicht. Worin sehen Sie die Gründe für den Erfolg?

Ich finde, es ist mein bestes Buch bislang. Neulich hat sich Revolverheld kaputt gelacht, als ich mich mit denen darüber unterhalten hab. Die meinten: „Sagt doch jeder über das, was er grade veröffentlich hat! Es ist doch immer das tollste, persönlichste und beste Album oder Buch.“ Ich so: „Nee, ich hab´s vorher noch nicht gesagt! Ich mein´s ernst! Von mir jedenfalls gibt´s eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Da sind wir auch schon beim Thema Selbstliebe, man muss auch mal was Positives über sich selber sagen (lacht).

Ja, es ist häufig das Schwerste sich selbst zu loben und etwas Positives zu sich zu sagen.

Das stimmt. Man will ja nicht gleich arrogant oder eingebildet wirken.

Wie geht man gefühlstechnisch an so eine neue Veröffentlichung ran? Ich habe gelesen, Sie haben sich viel informiert und auch wissenschaftlich dazu recherchiert, natürlich gibt es dann direktes Feedback von dem Verlagslektor und so weiter, doch die Veröffentlichung ist ja noch mal etwas ganz anderes. Sorgt man sich um die Reaktionen der Leser?

Man ist ja sehr lange mit seinem Thema, seinen Buchstaben und mit dem Programm allein und frickelt im stillen Kämmerlein. Man verliert da ein wenig die Distanz, deswegen ist jede Veröffentlichung spannend.
Die Idee das Thema Liebe aufzugreifen, auch für das Stand-Up-Programm, war, dass ich festgestellt habe, dass da draußen gerade relativ viel Hass ist. Hass und Wut gilt immer als ernst, die Liebe sofort als kitschig. Supermärkte behaupten, sie lieben ihre Lebensmittel. Grade in diesen Zeiten kann man die Liebe nicht der Werbung, dem Schlager oder dem Zynismus überlassen.

Du hast auch in einem Interview​ gesagt, dass dich dein Buch verändert hat und dein Fazit sei, dass es mehr Liebe geben sollte. War das die Motivation zu dieser Tour?

Ich finde wir müssen dem Hass da draußen was entgegensetzen. Ich rede an dem Abend über Hassliebe, Nächstenliebe, Heimatliebe, Elternliebe und natürlich auch Paarliebe. Es gibt so viele Facetten, die alle lustig, schön, mal melancholisch, rührend oder schmerzlich sind. Darum geht´s: Dass wir gemeinsam in diesen Gefühlen schwelgen. Lachen für die Liebe und ein bisschen Viagra für´s Herz als Gegengift zur dunklen Lage da draußen. Was war die Frage, habe ich vergessen?

Es ging darum, ob die Motivation zum Stand-Up-Programm aus Ihrer Veränderung durch das Buch entstand.

Ich wollte ursprünglich Pfafferin werden und da liegt das ja nahe, dass man quasi über Themen wie Liebe und Hoffnung predigt. Ich hab´s jetzt nicht bis in die Kirche geschafft, sondern stehe auf einer Bühne und es ist eben lustig geworden. Am Ende geht´s aber schon darum, dass die Leute rausgehen und sagen: „Liebe, toll, da hätte ich gerne mehr davon.“ Vielleicht ruft der ein oder andere danach seine Mutter an oder jemand anderen, den er mag und sagt:“ Hab dich lieb, wollt ich mal loswerden!“ Dann hab ich schon einiges erreicht.

Es geht also um das Aussprechen von Gefühlen, die Kommunikation und die positiven Sachen, die sonst im Alltag verloren gehen, einfach nochmal zu betrachten.

Ja, ich hatte die Situation, dass ich neulich ganz kurz halb semilegal auf dem Bürgersteig geparkt hab, weil ich bei einer Freundin was abholen wollte und hatte direkt einen Zettel an der Scheibe, auf dem stand: „Sie parken faktisch vor einer Einfahrt, beim nächsten Mal Spiegel ab. Arschloch!“ Erst lacht man da drüber. Aber man hat Hass abbekommen und kurze Zeit später stellt man fest, dass man geneigt ist, den auch weiterzugeben, an irgendjemanden, der einem selbst vielleicht blöde kommt. Und dann dachte ich, vielleicht sollten der Typ und ich einfach Zettel dabeihaben, auf denen steht: "Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und Liebe." Wenn das mit Hass funktioniert, klappt das ja vielleicht auch andersrum. Und so retten wir vielleicht nicht die Welt, aber die Stimmung für ein paar Stunden und vielleicht macht das am Ende den Unterschied.

Um das Interview auf dieser schönen Note zu beenden. Was war das schönste Kompliment, dass Ihnen jemand gemacht hat – sowohl privat als auch beruflich?

Am Schönsten ist, wenn jemand kommt und sagt: „Ich hab Ihr Buch gelesen und das hat meine Sicht verändert!“ Gestern hat das jemand nach der Veranstaltung gesagt und deswegen hab ich das noch präsent. Privat find ich schön, wenn man mal wieder fürchterlich ist und man trotzdem gemocht wird. Wenn einem Menschen das Gefühl geben, man hatte zwar schon bessere Tage, aber im Kern ist man kein Arschloch.

Wir drücken für die Tour die Daumen und freuen uns auf den kommenden Abend am Sonntag, den 07.10.2018, im Kasino am Kornmarkt. Weitere Infos zum Auftritt & den Tickets gibt es hier​

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