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04.03.2020 Jana Ernst Jana Ernst
Felix Lobrecht im Doppelpack

„Die Flüchtlinge haben meine Oma gegessen.“

​​​„Politisch korrekt“ ist längst zum Kampfbegriff geworden. Für Felix Lobrecht ist er aber nichts weiteres als eine Grenze, die er mit Freuden übertritt. hunderttausend.de hat sich sein Programm Hype am vergangenen Sonntag angeschaut.  

 
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​Mit Gemischtes Hack betreibt Felix Lobrecht, so erklärt er selbst, den zur Zeit erfolgreichsten deutschsprachigen Podcast. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass der Comedian in ganz Deutschland vor ausverkauften Hallen steht – in Trier sogar an gleich zwei Abenden. Als Unterstützung hat er sich seinen Kollegen Kawus Kalantar eingepackt, der die Show eröffnet und dabei schamlos und durchaus unterhaltsam über das Sozial- und Paarungsverhalten von Männern und Frauen sinniert. Mehr von Kawus gibt es in seinem Podcast Chips und Kaviar zu hören, den er gemeinsam mit seinem guten Freund Daniel Wolfson hostet. Das ist auch auf den Flyern nachzulesen, die auf allen Stühlen in der Europahalle liegen. Die habe er selbst dort ausgelegt, stellt Kawus Kalanatar klar. Nur falls sich jemand über den Stand seiner Karriere wundert.

Und dann, endlich, darf die ausverkaufte Europahalle Felix Lobrecht begrüßen, der erstmal versucht sich unbeliebt zu machen. Trier mit Saarbrücken zu vergleichen, ist schließlich gefährliches Terrain. Und „gefährliches Terrain“ scheint auch der rote Faden zu sein, an dem Lobrecht sich durch den Abend hangelt. Just nachdem der Autorin das Lachen einmal sehr unangenehm im Halse stecken blieb, erklärt der Comedian seinem Publikum: „Ihr dürft hier über alles Lachen! Die deutsche Witzepolizei – bestehend aus Xavier Naidoo und Kollegah – hatte keine Bedenken.“ Ein denkbar kleiner Trost.

Nur um das klar zu stellen: Felix Lobrechts Pointen sind sehr wohl durchdacht und treffen mehr als einmal den Nagel auf den Kopf. Freunde derber Witze und tiefschwarzen Humors kommen hier voll auf ihre Kosten. Lobrecht, so scheint es, betrachtet eingehend die Grenzen der politischen Korrektheit, platziert sich vorsichtig auf dem Drahtseil, nur um dann einen großen Schritt direkt über den Abgrund zu machen. Und dann hängt er dort in der Luft und man fragt sich, wie lange er schweben kann zwischen dem Aggressionspotential ungenutzter Behindertenparkplätze und Sport-Nadine, die sich abends auf MDMA „von einem Schwarzen f****n“ lässt.

Ich möchten es mir an dieser Stelle nicht anmaßen, darüber zu urteilen, was Humor und Satire dürfen und was nicht. Vor allem, wenn man ein Zitat, so wie oben geschehen, aus dem Kontext reißt. Ich möchte außerdem keinesfalls behaupten, Felix Lobrecht sei​ rassistisch und misogyn. Nur könnte man vielleicht etwas sorgloser Lachen, wenn die Protagonisten der Pointen seltener Frauen, Menschen mit Behinderungen, Migrant*innen ​und Schwarze wären, und dafür öfter diejenigen, die die meisten Privilegien genießen.

​Die Veranstaltung wurde organisiert von Popp Concerts.

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