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10.09.2022 hunderttausend.de Privat
Norbert Sudhoff und Thomas Brach

Trierer bauen E-Buggy für Brasilien

​​Zwei Berufsschullehrer sind nach Brasilien geflogen, um den Prototypen eines elektrisierten Strand-Buggys zu konzipieren.

 
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​Norbert Sudhoff und Thomas Brach hätten niemals gedacht, dass sie einmal nach Brasilien eingeladen werden, um einen Elektro-Strand-Buggy zu bauen. Die beiden sind Berufsschullehrer im Kfz-Bereich der Berufsbildenden Schule für Gestaltung und Technik in Trier. 2020 hatten ihre Berufsschüler die Idee, einen Verbrenner in ein E-Auto umzubauen. Betreut von Sudhoff und Brach wandelten 24 Schüler schließlich in zwei Jahren in ihrer Freizeit einen Audi A2 in einen Elektrowagen um.

Im Frühjahr 2021 besuchte Matthias Fuchs, ein Vertreter des Europa- und Innovationscentre (EIC) der HWK und IHK Trier, die Berufsschule. Er wurde dabei auf das Projekt mit dem Audi A2 aufmerksam und sah darin Potenzial für die laufende Bildungspartnerschaft mit dem Senai („Serviço Nacional de Aprendizagem Industrial“) in Natal, Brasilien. Der Hintergrund ist, dass das EIC seit 2015 ein vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über die Sequa gGmbH in Bonn gefördertes Projekt der IHK Trier und der HWK Trier mit den brasilianischen Industrie- und Arbeitgeberverbänden steuert. Herr Fuchs präsentierte seine Einblicke dem Senai und baute engeren Kontakt mit den Lehrern auf.

„Die Brasilianer waren sehr interessiert an dem Elektroprojekt“, erinnert sich Sudhoff. In Brasilien gibt es viele Strand-Buggys, deren Dünenfahrten eine Touristenattraktion sind. 1976 wurde die Firma Selvagem in Parnamirim an der Ostküste Brasiliens von Volkswagen do Brasil als Automobilhersteller anerkannt und begann damit, Buggys aus VW-Käfer-Teilen zu produzieren. Zwar wurde in Deutschland schon zwei Jahre später die Käfer-Produktion gestoppt, doch in Brasilien wurde er noch bis 1996 gebaut und in Mexiko sogar bis 2003. Daher erhielt man auch noch lange Teile für diese Motoren. Doch mittlerweile, fast 20 Jahre später, sind alle Reserven aufgebraucht. Der Kult-Buggy stand vor dem Aus, ebenso die Zukunftsperspektive der Fabrik Selvagem.

Rund 400 Buggys pro Jahr wurden von 70 Mitarbeitern produziert. Jetzt gibt es nur noch zehn Mitarbeiter, die vor allem Wartungsarbeiten machen. Sie bekommen immer noch jeden Tag Aufträge, aber es gibt keine Teile mehr – vor allem keine Motoren –, um neue Fahrzeuge zu bauen. Durch das vorgestellte Projekt zum Umbau auf ein E-Auto, sah das Unternehmen eine neue Chance unabhängig vom Teilemangel zu werden. Die Brasilianer fragten Sudhoff und Brach, ob sie helfen könnten, einen Prototypen für einen Elektro-Buggy zu bauen – mit brasilianischen Komponenten. Die Lehrer sagten zu.​

Im Herbst 2021 begannen sie damit, Mitarbeiter der Selvagem und dem Senai online zu schulen.  Alle zwei Wochen gaben sie Kurse über Themen wie Batterie-Managementsysteme, Spannungswandlung, Ladetechnik und Sicherheit. „Man muss wissen, wie Komponenten zusammengeschaltet werden“, sagt Sudhoff. „Dann haben wir geschaut, was wir alles brauchen, darunter einen Controller für Spannungsumwandlung, ein Ladegerät, Kabel und einen Notausschalter. Aber auch, wie groß der Motor und die Batterie sein müssen.“ Die Brasilianer begannen, die Teile zu besorgen. Norbert Sudhoff und Thomas Brach flogen im Juli eine Woche nach Brasilien, um zu helfen, den Prototypen zu bauen. Leider waren nicht alle Teile rechtzeitig gekommen, so dass die beiden Ende August noch mal nach Südamerika fliegen werden, um das Projekt zu beenden – und um die Mechaniker zu schulen, damit sie die E-Buggys selber bauen können. Zudem halten die Lehrer Vorträge auf einem Umwelt-Symposium. Es gibt schon 40 Vorbestellungen für E-Buggys. Die Fabrik hat wieder eine Perspektive. Bald dürften die ersten E-Buggys an Brasiliens Stränden fahren.




Foto: privat

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