Interviews
12.02.2019 Janine Köppel  
Horror-Cinema goes Broadway

Nightmare on Paulin Street

​Wer sich im Kino nicht nur gruseln, sondern auch mal nachdenken will, ist diesen Sonntag im Broadway an der richtigen Adresse. Die Studenten Felix und Magnus haben eine Horrorfilm-Reihe auf die Beine gestellt, die es in sich hat. hunderttausend.de hat nachgefragt.

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hunderttausend.de: Wie seid ihr dazu gekommen diese Reihe zu veranstalten?

Felix: Wir haben irgendwann gemerkt, dass es immer weniger wird mit Horror im Kino. Das Cinemaxx hat zwar Mainstream Horror, aber Sachen wie Suspiria laufen weder im Cinemaxx, noch im Broadway. Dann haben wir mit der Disponentin vom Broadway geredet, die wir ein bisschen kennengelernt haben, weil ein Kumpel von mir da arbeitet. Sie hat vorgeschlagen ein monatliches Programm daraus zu machen, eine Art Eventcharakter. So kamen wir dazu diese Filme auszusuchen.

Magnus: Das war jetzt die freundliche Variante (lacht). Die weniger freundliche Variante: ich war sehr frustriert! Ich mag diese Form von Kino. Ich bin immer nach Saarbrücken gefahren, wenn ich irgendeinen Horror-Kram sehen wollte, der etwas „nischiger“ ist. Das kann doch nicht sein! Es gibt doch ein Publikum in Saarbrücken, die Säle sind gut gefüllt und so viel kleiner ist Trier doch gar nicht.

Felix: Wir hatten das schon länger vor, wussten aber nicht in welchem Rahmen es möglich ist. Ich hatte meinen Bachelor-Film im Broadway gezeigt und da war es total voll! Das war ein zwanzigminütiger Horrorfilm. Wenn ich mit meinem kleinen Scheiß schon 150 Leute ins Kino kriege, dann ist es doch möglich, dass so etwas wie Climax die Leute auch anzieht. Mit Mandy haben wir quasi einen Test-Ballon gestartet. Der lief im Zuge eines Filmduells und da waren relativ viele Leute. Climax war auch ein recht guter Start, es war gut gefüllt. Wir versuchen die Trierer ein bisschen dafür zu sensibilisieren, dass sie nicht Conjuring, Annabelle 3 oder sonst was kriegen, sondern etwas, wobei man sich gruseln, aber gleichzeitig auch nachdenken kann.

Was noch zum Beispiel?

Magnus: Es sind keine klassischen Horrorfilme. Ich glaube, der klassischste ist tatsächlich The Texas Chainsaw Massacre, der in den 70er Jahren das Terror-Kino mitbegründet hat. Climax ist ein Psycho-Thriller, Horror, Tanzfilm, … ganz viel gemischt! Das macht ihn speziell: er lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Die ganze Sache läuft zwar unter dem Ober-Aspekt „Horror“ und wir schieben die Sachen auch irgendwie in eine Schublade, aber inhaltlich bewegen wir uns auf einem breiten Feld. Da laufen dann auch ein paar Sachen, die schon etwas älter sind: Under The Skin zum Beispiel ist von 2013. Der hatte in Deutschland keinen Kinostart und wir wollten ihn mal der Öffentlichkeit präsentieren, denn Kino ist ein Ort der Öffentlichkeit. Einen Film mit Leuten in einem Kinosaal zu erleben, ist immer noch etwas Anderes als zuhause vor dem Fernseher etwas anzugucken und zwischendurch aufs Klo zu rennen, Pause zu machen und „oh, da ruft die Mutti an!“. Das Kino ist einfach noch – was die Filmrezeption angeht – der Ort schlechthin. Da kommt nichts dagegen an.

Felix: Climax war auch deshalb ein ganz guter Start, weil es ein sehr unterhaltsamer Film ist und trotzdem irgendwie schockierend. Schön war für mich, dass die Leute danach diskutiert haben. Viele sind rausgekommen und waren in eine Art Schockstarre verfallen. Wenn im Broadway Der Junge muss an die frische Luft läuft, kann parallel auch ein Film laufen, bei dem man danach das Gefühl hat, man müsste duschen gehen. Das gleiche gilt für Suspiria: das ist zufälligerweise wieder ein Tanzfilm, aber auch etwas Besonderes. Es ist etwas, das die Leute potentiell schocken wird, aber auch gefallen kann. Es sind alles Filme, denen auch Nicht-Horror-Fans etwas abgewinnen können. Man muss bloß willig sein sich etwas anzusehen, was eventuell die eigenen Grenzen sprengt. Das war in Trier bisher nicht möglich, aber vielleicht kann man das jetzt mal machen.

Habt ihr damit gerechnet, dass der Saal beim ersten Mal schon voll ist?

Felix: Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass es so voll wird – ich habe es gehofft. Das war schön und ich glaube, das Broadway hat sich auch sehr gefreut. Obwohl die Disponentin uns kennt, war es Überredungsarbeit und sehr schwierig es bei dem Betreiber durchzukriegen.

Magnus: Dass uns die Leute nicht die Bude einrennen, war von vorneherein klar, weil das zu speziell ist. Es ging erst mal nur darum nachzuweisen, dass Interesse an solchen Filmen vorhanden ist, damit in Zukunft vielleicht mal der ein oder andere auch regulär ins Programm kommt. Damit die Leute am Ball bleiben und nicht – vielleicht bin ich da auch die Ausnahme – nach Saarbrücken müssen, oder sich Sachen im Internet ziehen. Es geht ja auch um Support für das Kino und darum, auch andere Sachen als deutsche Komödien und irgendwelche Literaturverfilmungen zu zeigen.

Felix: Die haben auch ihre Berechtigung!

Magnus: Von ganz schwarz bis – von mir aus – hellblau darf alles dabei sein auf der Farbskala. Neben einem Film wie Der Junge muss an die frische Luft kann auch gut ein Suspiria stehen. Da gehen dann unterschiedliche Leute rein, aber genau das macht es interessant: dass an einem Ort in jedem Saal eine andere Zielgruppe ist.

Was unterscheidet die Filme von kommerziellem Horror?

Felix: Es ist ja nicht so, als würden wir kommerziellen Horror scheiße finden. Wir gucken das auch – also ich zumindest. Der Unterschied ist: wenn man wegen Conjuring ins Kino geht, ist es wie in einer Geisterbahn und man lässt sich so fünf, sechs Mal erschrecken. Das beruht darauf, dass es lange still ist, dann laut wird und dann erschreckt man sich. Das kann auch Spaß machen, vor allem mit Freunden oder einem Date. Aber das hier sind keine Filme, zu denen man ein Date mitnimmt. Es sei denn, das Date ist cool. Magnus hat eben auch Terror-Filme erwähnt: es gibt einen Unterschied zwischen Horror- und Terror-Filmen. Viele der Filme fallen auch eher in die letzte Sparte, sind aber auch als Horror zu bezeichnen… es ist ganz schwierig das festzumachen. Das sind dann Filme, die einen nicht nur einmal erschrecken, sondern nachhaltig.

Magnus: Die einem am besten noch in den Knochen stecken, wenn man auf dem Weg nach Hause ist.

Felix: Das ist natürlich ein Gefühl, das nicht jeder von Kino haben will. Man kann sich auch mal schlecht fühlen, wenn man aus so einem Film rausgeht. Man kann traumatisiert sein, oder Übelkeit empfinden… alles Sachen, die möglich sind im Kino! Sachen, die durchaus auch ihre Berechtigung haben und Sachen, die man mit Mainstream-Horror im Normalfall nicht erreichen kann. Viele der Filme sollen den Leuten eine Erfahrung bieten, die man sonst nicht kriegt.


Alle Termine im Überblick:

17.02.: Suspiria

17.03.: Under The Skin

28.04.: The Texas Chainsaw Massacre

19.05.: The Endless

23.06. The Eyes Of My Mother


Foto: Capelight Pictures

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