hunderttausend.de: Hey Sam, Ich habe in einen Artikel über euch gelesen, dass eure Musik ein bisschen so ist, als würden sich Jimi Hendrix und The Black Keys auf eine Jam Session treffen. Magst du diese Beschreibung?
Sam Getz: (lacht). Ja, das klingt auf jeden Fall gut für mich. Zu seiner Zeit war Jimi Hendrix absolut innovativ. Er hat den Blues genommen und in anderen Kontexte gesteckt. Und das ist, glaub ich, ähnlich zu dem, was wir machen. Wir spielen Blues in einer modernisierten Version. In unserer Version.
Heutzutage sind Namen wie Jimi Hendrix oder Otis Redding gar nicht mehr präsent. Geht ihre Musik verloren?
Verloren würde ich nicht sagen, es gibt schon Bands, die immer wieder auch an die Musik der alten Zeiten erinnern. Zum Beispiel Leon Bridges, der diese Musik hier in den Staaten grade wieder etwas aufleben lässt. Ich glaube, es gibt schon Leute, die davon beeinflusst werden. Aber ich denke auch, dass die Produktionen sich heutzutage maximal von dem unterscheiden, wie es früher gemacht wurde. Man brauchte einfach die besten Musiker, damit es gut klingt. Egal ob Live oder im Studio. Heute haben wir Computer und Programme für sowas. Das ist nicht unbedingt schlecht, weil Musik dadurch deutlich zugänglicher gemacht worden ist. Künstler, die sonst nicht die Möglichkeit bekommen hätten, können heute einfacher Leute auf sich aufmerksam machen. Wir sind heute einfach sehr weit weg von dieser alten Art und Weise Musik zu machen.
Ihr kommt aus Cleveland, Ohio. Und ich glaube, das einzige was viele über die Stadt wissen ist, dass Lebron James da bei den Cavaliers Basketball spielt. Ich finde es spannend, weil ich den Eindruck habe, dass eure Musik trotzdem irgendwie so klingt, als käme sie aus den großen Metropolen dieser Welt. Sehr urban eben. Wie wichtig ist euch eure Herkunft für eure Musik?
Ich glaube schon, dass sich die Orte, in denen wir aufgewachsen sind, auch in unserem künstlerischen Schaffen widerspiegeln. Cleveland ist ziemlich cool. Es ist nicht total klein, aber auch nicht total groß. Man muss halt ziemlich hart arbeiten, damit man es von dort weg schafft. Es gab hier viel Stahl-Industrie und sowas. Hier wurde in Fabriken gearbeitet und man hat sich die Hände schmutzig gemacht. Und ich glaube, diese Arbeits-Mentalität hat auf unseren Sound abgefärbt. Es ist ein bisschen rauer und härter. Und es hat diese Attitüde. Wir sind recht tough würde ich sagen. Wir sind nicht an einem Ort aufgewachsen, wo die großen Studios nur auf uns gewartet haben. Wir mussten unseren Weg finden und hart arbeiten. Das hat alles dem Sound geholfen.
Eure Single "Legendary" ist ein großer Hit in Europa. Wie fühlt sich das so an, bekannt zu sein in Übersee?
(lacht) Es ist total aufregend. Vor allem zu wissen, dass die Leute in Europa unsere Musik hören. Wir kommen ja jetzt in ein paar Wochen auf Tour. Wenn wir da sind und unsere Musik den Leuten präsentieren können, das wird schon außergewöhnlich. So lange man hier in den USA ist, fühlt man das aber noch nicht so stark. Ich will also in erster Linie vorbei kommen und live spielen.
Der Song kombiniert raue Blues-Parts mit einer ganzen Menge Soul, vor allem in deiner Stimme. Es ist grade genug Pop um massentauglich zu sein, hat aber auch eine große Rock 'n' Roll-Attitüde. Wie war das für euch, als der Song fertig war? Habt ihr gespürt, dass der Song ein großer Wurf sein könnte?
Danke erstmal für die netten Worte. Ich hatte den Refrain relativ lange im Kopf und hab ihn die ganze Zeit vor mich hergesungen. Und ich habe gemerkt, dass ich ihn wirklich mag und ich hatte auch den Eindruck, dass der Song ziemlich catchy ist. Aber ich habe nicht gewusst, wie stark er sein konnte, bis wir ihn als Band vor ein paar Leuten gespielt haben. Wir haben ein Konzert gespielt für eine Video-Aufnahme. Es waren nur ausgewählte Leute eingeladen. Während dem Soundcheck haben wir den Song gespielt und nachdem der letzte Ton verklungen war, wussten wir, dass wir das Video zu dem Song machen wollten. Wir hatten eigentlich einen anderen Song dafür im Kopf. Aber jeder, der drum herumstand, hatte das gleiche Gefühl. Alle hatten irgendwie ein Leuchten in den Augen und waren ziemlich bewegt. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass der Song irgendwas besonderes inne hat.
Was bedeutete das denn für euch, wenn ihr singt: „It’s about to be legendary“? Was bedeutet für euch denn „legendär“ zu sein?
Für mich hat es ein paar Bedeutungen. Eine zum Beispiel könnte die wörtliche sein, die Legendenfigur eben. Menschen wie Lebron James zum Beispiel, die irgendwas außergewöhnliches erreichen. Ich mag es aber, wenn ich Texte schreibe, dass die sowohl eine wörtliche, aber auch eine versteckte Bedeutung haben. Wir ermutigen die Leute mit diesem Song, das zu tun, was sie lieben und sich nicht davon abbringen zu lassen. Nicht aufgeben. Nicht nachlassen, nur weil man vielleicht auf ein Hindernis gestoßen ist. Oder weil es Leute gibt, die das, was man macht, nicht gut finden. Es soll also eine Erinnerung daran sein, dass man selbst darüber entscheidet, ob man einen Unterschied machen kann, denn genau darum geht es. Wir wollen das in der Musik erreichen, andere vielleicht im Sport oder in der Wissenschaft.
Ich hab im Zuge der Recherche versucht, herauszufinden wann denn euer Album kommt. Und das war gar nicht so einfach. Deshalb frag ich das einfach: Wann können wir denn eure neue Platte erwarten?
Ja, ich weiß. Ich kann es auch nicht erwarten, dass es fertig wird. Wir haben schon ziemliche viele Songs zusammen, überlegen aber derzeit, ob es Sinn macht erstmal eine EP raus zu bringen. Die Musik dafür haben wir auf jeden Fall zusammen. Und jetzt stehen Sachen wie Artworks und Pressungen an und all das. Es wird also bald etwas kommen. Ich hoffe, dass die Leute das freuen wird.
Ihr steht kurz vor eurer großen Europa-Tournee und spielt in großen Städten wie Paris oder Amsterdam. Wie bereitet ihr euch vor auf so eine lange Zeit weg von zuhause?
Jeder hat natürlich noch Sachen zu tun und einzupacken. Wie man das eben so macht, wenn man längere Zeit nicht zuhause ist. Wir proben natürlich zwischendurch, damit die Songs live gut funktionieren. Persönlich werde ich die Zeit vor allem mit meinen Kindern nutzen. Ich will versuchen, die Sehnsuchtsgefühle zu minimieren (lacht). Und dann gibts halt auch noch die physische Seite. Ich geh ins Fitness-Studio, damit ich in Form für die Bühnenperformance bin (lacht).
Ihr spielt in der Rockhal in Esch sûr Alzette. Vorher und nachher spielt ihr auf großen Festivals, zum Beispiel Rock am Ring. Da liegt die Frage nahe, was ihr denn mehr mögt. Festival Shows mit einer Menschenmenge bis zum Horizont oder intime Club Shows?
Ich bin notorisch schlecht darin, mich zwischen Sachen entscheiden zu müssen oder Favoriten zu haben (lacht). Und man muss auch sagen, dass das schon zwei unterschiedliche Sachen sind. Jede davon hat ihre Herausforderungen und Vorteile. Bei einem Festival kann man vor vielen neuen Leuten spielen. Leute, für die jede Note, die wir spielen, neu ist. Das ist etwas sehr großes, finde ich. Man kann auf der Bühne auch mal Dinge ein bisschen anders spielen und keinem wird das groß auffallen. Diese Freiheit mag ich sehr. Aber auch die Herausforderungen sind groß. Man hat meistens nicht viel Zeit und muss sein Equipment schnell auf die Bühne und wieder runter kriegen und auch für den Soundcheck kann man sich nicht besonders viel Zeit nehmen in der Regel. Wir nennen das „Throw and Go“. Das ist in einem Club wesentlich entspannter. Man hat etwas mehr Kontrolle über solche Dinge, auch über den Sound zum Beispiel. Die Dinge sind dort auch wesentlich intimer. Man hat deutlich mehr Kontakt zu den Leuten vor der Bühne und auch das mag ich wirklich sehr.
Wir freuen uns auf jeden Fall auf eure Club-Show in der Rockhal in Esch sûr Alzette. Vielen Dank für das angenehme Gespräch!