Von Brücken Live

Kreuzschifffahrer

Am vergangenen Dienstag, den 23. Februar 2016, kehrte Nicholas Müller auf die Bühne in der Saarbrücker Garage zurück. Zuletzt stand er dort mit Jupiter Jones 2012 - jetzt stehen neben seinem "Von Brücken"-Partner Tobi Schmitz noch sechs weitere Musiker mit ihm dort. hunderttausend.de war auf dem Konzert.

 
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Die Halle ist nicht ausverkauft, viele Pärchen sind da, viele Bartträger und wohl ein Großteil des Publikums tätowiert. ​Nicht ganz das durchschnittliche Pop-Publikum, vermutlich viele Leute, die Jupiter Jones noch aus ihrer Anfangszeit kennen, als in Jugendzentren und winzigen Clubs vor wenigen Menschen gespielt wurde. Schon immer haben die Songs und die Stimme von Nicholas Müller fasziniert - eine Paarung, die die Band aus der Eifel letztendlich groß gemacht hat, zu Beginn noch lauter, rockiger, später der Durchbruch mit dem Radioliebling "Still". Der große Knall, den die Trennung des Sängers nach zwölf Jahren mit sich gezogen hat, kam für Außenstehende eher plötzlich. 

Seitdem ist einiges passiert: Müller ist nicht nur mit seiner Angststörung publik gegangen und engagiert sich seitdem für die Deutsche Angst-SelbstHilfe​​​ (DASH), sondern hat nach einiger Zeit wieder mit dem weitergemacht, was er am besten kann: Songs schreiben und diese auf Platte bannen. Den passenden Partner fand er dabei in dem ehemaligen Jupiter Jones-Tour-Keyboarder Tobias Schmitz - das Ergebnis der Zusammenarbeit kann man seit September 2015 auf der Platte "Weit weg von fertig" bewundern. Vierzehn Songs sind so entstanden - und jeder einzelne wurde beim Konzert in Saarbrücken zum Besten gegeben. ​Etwas mehr als zwei Stunden standen die Musiker auf der Bühne - hinzu kam noch Rocky Votolato, der sowohl in der Rolle der Vorband zu begeistern wusste, als auch seinen Part bei "Elephanten" live übernahm und außerdem noch "All of my prophets" von Waxwing, seiner ehemaligen Band, gemeinsam mit Müller intonierte.

Überhaupt schienen die Musiker auf der Bühne ausgesprochen gelöst und gut gelaunt zu sein. "Es ist ein bisschen wie auf einer Kreuzschifffahrt, zwischendurch müssen wir zwar auch mal schwitzen, aber sonst fühlt sich das irgendwie genauso an - oder wie eine Pyjama-Party", so Müller. Wie zu besten Jupiter Jones-Zeiten waren nicht nur die Songs es wert, knapp 30,00 Euro Eintritt bezahlt zu haben - ein Umstand, den Nicholas auf Facebook im Vorfeld der Tour erläuterte - sondern auch die Ansagen zwischen den Songs. Da ist natürlich jede Menge Blödelei mit dabei - quasi Lückenfüllersätze und -dialoge, beispielsweise die Problematik vom sich auflösenden Zahnfleisch - aber auch sehr viel Sympathisches, das da mitschwingt. Und hin und wieder natürlich auch mal was Ernstes - sei es der Aufruf, für die DASH zu spenden oder Aussagen gegen den aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft. 

Von Brücken machen Pop - das ist kein Geheimnis und das sagt die Band auch selbst. Aber es ist ziemlich schöner Pop mit vielen Gänsehautmomenten. Mitzuerleben, dass Nicholas Müller sich seinen Ängsten stellen konnte und wieder auf der Bühne steht - wobei das Bild von ihm mit Gitarre in der Hand, die er für einige Songs abgegeben hat, doch einfach passender wirkt als ohne - und außerdem weiterhin Lieder schreibt, ist sehr viel wert. Ein rundum gelungener Abend mit spielfreudigen Musikern und einem gut gelaunten Nicholas Müller - der übrigens alternativ, falls das mit der Musik mal nicht mehr klappt, sicherlich auch ein hervorragender Hörbuchsprecher wäre. 

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