Interviews
06.11.2016 Vincenzo Sarnelli Simon Engelbert/PHOTOGROOVE
Von Brücken in Prüm beim Eifel hilft e.V.

Für jeden ein Zuhause

​Am Freitag, den 28. Oktober 2016 veranstaltete Eifel hilft e.V. ein Benefizkonzert in Prüm. Mit von der Partie sind neben den Bands Elastiq und RoxxBusters auch Von Brücken. Wir sprachen mit Nicholas Müller und Tobias Schmitz über den guten Zweck, den Verein Eifel hilft und noch so viel mehr, dass wir aus den Interviews zwei Teile gemacht haben. Teil Zwei: Tobias Schmitz.  

 
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hunderttausend.de: Tobias, Die Entstehungsgeschichte von "Eifel hilft e.V." ist schon eine besondere. Es gab diesen Anschlag von jungen Leuten auf ein Flüchtlingsheim bei dir um die Ecke. Erzähl uns mal von deiner Gefühlswelt, als du davon gehört hast. 

Tobias Schmitz: Es ist eine Mischung aus einer Menge Wut und sicher auch Resignation aufgrund des Zustands der Welt. Dass es ausgerechnet noch junge Leute waren, die so ein verzerrtes Weltbild haben, dass man sich fragt, was aus denen werden soll, wenn die mal älter sind, hat noch sein übriges dazu getan. Es wirkt so, als würde die Gesellschaft  insgesamt und die Menschen, die in ihr leben, immer egoistischer werden. Das enttäuscht und macht wütend. Und die Wut hat in dem Moment absolut überwogen. Es gibt mittlerweile vieles, grade auf Facebook, was man einfach nicht mehr so stehen lassen kann. Ich bin da zwar sehr aktiv, aber man merkt schnell, dass man damit auch nichts besser macht. Unter Umständen heizt man den Konflikt nur noch an und spaltet noch mehr. Für mich war also der Ausweg, was positives zu machen und damit zu punkten. Die positive Sicht der Dinge anschieben, anstatt Gegenreden zu halten.
 
Wie waren denn die Reaktionen darauf. Mit welchen Dingen wurdet ihr konfrontiert?
 
Ich hab das Gefühl, wenn man in der Region in der Öffentlichkeit steht, dass die Leute sich nicht wirklich trauen ihre Bedenken zu äußern. Deshalb habe ich mir dann gedacht: Wenn wir als Künstler hingehen und uns engagieren, dann überzeugt das vielleicht noch mal ein paar Leute mehr, als wenn wir in unseren privaten Kreisen bleiben. Wir haben super viele positive Rückmeldung bekommen. Viele Leute melden sich und fragen, was man machen kann. Ich bin schon fast überfordert damit. Da könnte man schon einen Full-Time-Job draus machen. Aber das ist ja eine superschöne Sache. Viele Leute sind von selbst los gegangen, haben Dinge veranstaltet und die Erlöse an uns gespendet. Aber es gibt sicher nicht nur noch Hurra-Rufe. Man hört immer wieder von Leuten, dass man doch auch mal die andere Sichtweise sehen soll. Es gibt also auch Gegenreaktionen. Aber ich hab trotzdem kein Problem damit, mit meinen Namen für diese Sache zu stehen.
 
Deine erste Reaktion in deiner Wut war ja den Hubert vom Venn anzurufen. Warum?
 
Ich weiß, dass der Hubert um die Zeit noch wach ist. Es war nämlich recht spät (lacht). Hubert vom Venn engagiert sich schon seit Jahren gegen rechte Tendenzen in der Eifel. Nicholas hat von ihm mal einen Preis überreicht bekommen für sein Engagement gegen Rechts. Hubert ist auch nochmal eine andere Generation und ein anderer Bereich von Kunst als Kabarettist und Journalist. Er ist also auch ein guter Übersetzer für die Dinge, die man als Musiker noch sehr idealistisch sieht. Er war also die beste Wahl.
 
Der Verein heißt "Eifel hilft e.V.". Es geht nicht nur um Hilfe für Flüchtlinge…
 
Genau. Wir wollen den Verein ja auf Jahre hinaus aufbauen. Und es kann keiner wirklich sagen, ob die Flüchtlingskrise weiterhin jedes Jahr so ein akutes Thema ist. Teilweise ist in den Flüchtlingsunterkünften weniger Auslastung als noch zu Beginn der Thematik. Das kann sich natürlich jederzeit wieder ändern. Aber es war uns grundsätzlich schon wichtig, dass etwas allgemeiner zu fassen. Wir helfen Menschen, weil man sonst auch wieder eine Trennung aufmacht zwischen denen und anderen. Es geht darum den Leuten zu helfen, denen es am schlechtesten geht. Und es geht auch darum, dass man hier in der ländlichen Region, die manchmal etwas anfälliger wirkt für rechte Umtriebe, dem etwas entgegen setzt. Obwohl die AfD hier im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland gar nicht so gut abschneidet. „Nur“ bei 10-12 Prozent. Natürlich bedenklich genug. Es war also eine Mischung aus diesen Sachen. Wir wollten verhindern, dass man das Leid der Menschen gegeneinander ausspielt, deshalb sind unsere Ziele allgemeiner gehalten.
 
Die Eifel ist ja quasi eure Heimat. Das Wort ist ja ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist es was schönes, wenn man eine hat. Aber andererseits hat das irgendwie auch was negativ konnotiertes…

Ja, das stimmt. Nicholas und Ich haben ja bei einem Wettbewerb in der Jury gesessen „Westeifelschau sucht den Superstar“ und das Thema war auch „Heimat“. Wir hatten uns da vorher schon auch mit auseinander gesetzt, weil wir beide so ein bisschen ein Problem mit diesem Begriff haben. Aber ich finde einfach, auch wenn es abgedroschen klingt, Home is where your heart is. Heimat ist dann nicht mehr schlimm, wenn sie keinen exklusiven Anspruch hat. Wenn es Fremde nicht ausschließt. Wenn man sich super wohl fühlt, da wo man Zuhause ist und sich über jeden freut, der sich auch super wohl fühlt. Wie schön wäre es, wenn die Leute, die aus ihrem Land fliehen mussten und dort eine Heimat hatten, sich dann für eine gewisse Zeit oder sogar dauerhaft auch hier Zuhause fühlen. Das wäre ein gutes Zeichen für diese Gesellschaft.
 
Ein perfektes Schlusswort. Vielen Dank Tobias, für das Gespräch. 

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