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31.07.2018 Julia Nemesheimer Julia Nemesheimer
1. Trierer Nacht der Spielleute

Feuer statt Blutmond

​​Am vergangenen Freitag beherrschte vor allem das bevorstehende astronomische Schauspiel das Interesse vieler Menschen. Im Amphitheater lauschten knapp 2000 Leute aber in erster Linie den Klängen dreier Mittelalter-Bands, die das vorletzte Konzert der diesjährigen Open-Air Konzerte bildeten. hunderttausend.de war mit dabei. 

 
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​​Nachdem die ersten beiden Tage recht gemütlich verlaufen waren - das Sitzkonzert von Chris de Burgh und der sanfte Folk-Pop von Amy MacDonald - sollte der dritte Tag ganz im Zeichen des Mittelalterrocks stehen. Drei Bands standen auf dem Plan und das Publikum war bereits frühzeitig aus Trier und Umgebung angereist, um den drei deutschsprachigen Gruppen bei glühender Sommerhitze zu lauschen. Gemäß der musikalischen Richtung war man teils auch gekleidet. Mittelalterliche Gewänder sah man also nicht nur bei den Abgesandten des nahen und an vergangenem Freitag gestarteten Mittelaltermarktes im Palastgarten, sondern auch bei den Gästen des Konzerts. Trinkhörner wurden in die Höhe gestreckt und im überwiegend dunkel gekleideten Publikum fielen die wenigen Personen, die mit ihren weißen Klamotten und Hipster-Bärten ein wenig verirrt wirkten, doch deutlich auf. ​

Nichtsdestotrotz waren die meisten wegen der Musik gekommen und die wurde zunächst von Feuerschwanz geliefert. Im August erscheint das neueste Album der Band, das mit dem Titel "Methämmer" schon einen Großteil der Thematik zusammenfasst, den man im textlichen Repertoire der Band finden kann. Vorwiegend geht es um Alkohol, den Konsum selbigen, Frauen und schlüpfrige Anspielungen, die direkter kaum sein könnten. Dass sich "des Hauptmanns geiler Haufen" insbesondere als Parodieband sieht und "Mittelalter Folk Comedy" macht, ändert jedenfalls nichts an der guten Laune, die hier verbreitet wird. Denn tatsächlich hüpfen die angereisten Fans zu Songs wie Schubsetanz, Hoch die Hörner oder Blöde Frage, Saufgelage im sommerlichen Amphitheater umher und lassen sich von den Herren und Damen der Band animieren. Die Aufmachung selbst unterstreicht schon die Selbstironie - hautenge Leder-Imitat-Leggings, diverse Teile von Rüstzeug und knappe Röckchen mit Katzenöhrchen bei einem Teil der weiblichen Besetzung. Für das Konzert im Amphitheater funktioniert Feuerschwanz hervorragend. Live mit genügend Flüssigkeitsversorgung, bestenfalls mit alkoholischen Inhaltsstoffen, lassen sich Textzeilen wie "Werter Pöbel, wertes Gesocks aus dem Arsche zieht euch den Stock" doch frohen Mutes und mit zwei lachenden Augen mitsingen. 

​Nach einer halben Stunde Pause zum Auffüllen der Trinkhörner geht es danach weiter mit Versengold. ​Die Gruppe aus Norddeutschland hat in den letzten Jahren einige Besetzungswechsel mitgemacht und tritt zumindest optisch eher wild zusammengewürfelt auf. Vom "Mittelalter"-Aspekt erzählen hier nur noch die keltischen Tattoos von Sänger und Frontmann Malte Hoyer (mit dem wir im Vorfeld bereits ges​prochen hatten​). In den Texten, insbesondere der älteren Songs, ist natürlich auch noch davon zu hören, doch man merkt deutlich, dass Versengold sich inzwischen mehr als deutschsprachige Folk-Band sieht. Noch immer kommen Trinklieder hervorragend an, doch zwischendurch fühlte man sich ein wenig in die Schlagerparade entführt. Nicht, dass die Fans das merklich übel nahmen, doch der stilistische Bruch zwischen Feuerschwanz und Versengold, zwischen den Klängen der Nyckelharpa und den Texten macht sich doch bemerkbar. ​​

Zum Hauptact wurde es bereits dunkel, der Blutmond versteckte sich hinter Wolken und es war noch immer ziemlich heiß. In den ersten Reihen sollte es alsbald noch etwas heißer werden, denn Saltatio Mortis setzten dem nicht sichtbaren Himmelsspektakel Feuerfontänen entgegen. Die Band, deren Name zu deutsch mit Totentanz übersetzt wird, tritt einheitlich auf, auch wenn das Hauptaugenmerk auf dem Sänger Alea der Bescheidene aka Jörg Roth liegt. Insbesondere die neueren Songs schlagen mehr in die Rockschiene als im Mittelalter verortet zu sein. Etwa Große Träume vom kommenden Album Brot und Spiele hört sich nicht nur textlich sehr nach aktuelleren Liedern der Toten Hosen an. Doch bei den restlichen Stücken kommt die achtköpfige Besetzung voll zum Einsatz - Marktsackpfeife, Schalmei, verschiedene Whistles, Drehleier und Dudelsack erklingen in der nächtlichen Kulisse des Amphitheaters und sind auch noch außerhalb der historischen Mauern zu vernehmen. Bis kurz vor 23 Uhr spielen Saltatio Mortis im Schein ihrer Pyroshow für das begeisterte Publikum, nicht wenige dürften danach noch zum Tavernenabend des Mittelaltermarktes weitergezogen sein. ​​​

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