hunderttausend.de: Wie kam es zu “The Stiff”?
Kernbach: Die Idee ist bei einer After Show-Party nach dem 1. Tefftival* entstanden. Wir waren auf der Suche nach einer neuen Projektidee, und da wir ja schon etwas betagtere Semester sind, spielte bei unseren Überlegungen natürlich vor allem Musik aus den späten 70ern und 80ern eine Rolle. Warum es dann ausgerechnet die “Spliff Radio Show” wurde, daran kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern. Wahrscheinlich, weil wir die alle durch die Bank toll fanden.
Wer außer Euch ist noch an Bord?
Kernbach: Sänger Ralf Reifenberg, der (wie Wölfie und ich) früher mit Guildo Horn unterwegs war. Anke Beuth, meine Frau. Und das war es schon, oder?
Haupers: Du hast den Chris vergessen!
Kernbach: Oh je, stimmt. Der kommt so selten zur Probe…
Haupers: Dabei hing es hauptsächlich an Chris, dass das Projekt überhaupt funktionieren konnte. Wir haben ja einen Keyboarder gesucht, der in der Lage war uns Spaß daran gehabt hat, die “Radio Show” zu spielen. In Trier sind wir da nicht fündig geworden - und dann hast Du, Kerni, den Mönchengladbacher aufgetrieben!
Zähringer: Wobei der Chris zugesagt hat, weil er die deutschen Sachen von Spliff kannte. Als er die “Radio Show” zum ersten Mal selbst gehört hat, hat er doch ein wenig gestöhnt…
Ist die “Radio Show” denn wirklich so kompliziert?
Kernbach: Ehrlich gesagt fanden die ersten zwei, drei Proben tatsächlich unter dem Vorbehalt statt: Geht das überhaupt? Spliff haben damals auf einem Niveau gewichst, das ist unfassbar. Ich glaube, die konnten das live selbst nicht so spielen. Nach den ersten Proben waren wir dann aber überzeugt, dass wir das ganz gut hinbekommen können. Aber Junge, das war echt viel Arbeit. Viel Arbeit!
Haupers: Es gibt ja keine Noten, da habe ich richtig viel Zeit hinein gesteckt, alle Songs durchzuhören und neu zu arrangieren. Da hat uns natürlich die Erfahrung geholfen, früher hätten wir das nie und nimmer hinbekommen. Das, was Spliff uns hinterlassen hat, lässt sich von der Komplexität durchaus mit Zappa vergleichen, auch wenn es sich überhaupt nicht kompliziert anhört.
Zähringer: Ich habe mir auch stundenlang angehört, was der Spliff-Drummer Herwig Mitteregger damals gespielt hat. Und dann habe ich irgendwann aufgegeben und spiele das jetzt so, wie ich denke. Aus!
Vor Eurer Mini-Tour (am 18.11. in Bonn und am 19.11. in Trier) seid Ihr bislang ja erst zweimal aufgetreten. Bleibt es bei dieser Frequenz?
Kernbach: Lustigerweise ist kürzlich eine Ü50-Booking-Agentur an uns herangetreten, die uns bundesweit an den Start bringen will. Wenn das klappt, könnten es jeweils fünf Konzert im Frühjahr und im Herbst werden. Mehr ist nicht drin, wir haben ja viele Familienväter mit ordentlicher Arbeit im Team.
Wie waren denn die Reaktionen des Publikums - zumal ich davon ausgehe, dass die überwiegende Zahl der Menschen bei Spliff an “Carbonara” denken?
Zähringer: Viele Zuschauer bedanken sich bei uns, weil wir für sie Erinnerungen an damals hervorbringen. Ich selbst habe Spliff mal in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle gesehen - und dabei einen Stock vom Herwig Mitteregger erbeutet. Den hat er beim ersten Refrain von “Herzlichen Glückwunsch” stilecht zerteilt und ins Publikum geworfen. Letztlich kannst Du so ein Projekt nur stemmen, wenn Du selbst Fan von “Spliff” bist - und ich glaube, das merken die Leute.
Kernbach: Die meisten Zuschauer erwarten auch nicht, dass wir hier ein “Best of” spielen. Wir haben das Plakat ja zum Beispiel auch ganz klar am “Radioshow”-Original angelehnt, da wissen Spliff-Fans ziemlich genau, was sie erwartet.
Ihr spielt die “Radio Show” original, sagt aber: “mit Modifikationen”. Mit welchen?
Kernbach: Im Zugabenblock spielen wir z. B. eine Nina Hagen-Nummer und “Deja Vu” und “White Punks on Dope” - auf Englisch. Die Platte war halt nur 60 Minuten lang, da haben wir ein bisschen was ergänzt, um auf Konzertlänge zu kommen.
Haupers: Wir haben auch ein bisschen Krautrock reingemischt, weil wir an bestimmten Stellen improvisieren und das Album nicht immer 1:1 abbilden können. “Producers” z. B. ist auf der Platte eine total strange Nummer mit ganz merkwürdigen Effekten, die wir so gar nicht live auf die Bühne bringen können.
Zähringer: Die größte Modifikation besteht darin, dass wir nicht bekifft auf der Bühne stehen.
Zum guten Schluss: Eure Favoriten vom Album?
Haupers: Ich liebe “Gooroo”, eine richtige Herausforderung für mich als Gitarristen, da braucht man flinke Finger für. Vom Feeling her eine einmalige Nummer. Und den Dauerbrenner “Jet Set Star”, den dürften hier alle auf dem Zettel haben.
Zähringer: Die letzte Nummer, “Rock is a drug” finde ich, sowohl von der Message wie auch vom Song, am geilsten. Fängt smooth an und ist dann so was von in die Fresse, wie es sich eben gehört.
Kernbach: Ich als alter Mainstream-Onkel liebe “Sweet as Radio”, “Deep in the City”, klassische Radio-Format-Nummern, super Hooks. Warum “Deep in the City” kein Hit geworden ist, habe ich nie verstanden. Wenn es sich lohnen würde, würde ich den Song noch einmal neu aufnehmen. Aber es wird sich nicht lohnen.
* Das “Tefftival” findet seit 2012 statt. Das Festival, mit dem dem verstorbenen Trierer Musiker Helmut “Teff” Steffgen gedacht wird, geht 2015 in die vierte Runde. Über das “Tefftival” (23. Dezember 2015, Tuchfabrik) berichtet hunderttausend.de demnächst ausführlich.