Mit der Wehmut ist das so eine Sache. Zumindest wenn man sich theoretisch eher zu den "jungen Erwachsenen" zählt. "Spar die Wehmut für das Alter", singen Jupiter Jones ja grundsätzlich nicht zu Unrecht. Doch was hat man noch, wenn man Ende der 80, Anfang der 90er geboren wird und stramm auf die 30 zu geht?
Nun grundsätzlich hat man Abende wie diesen: The Ataris waren in Koblenz im Circus Maximus zu Gast. The Ataris waren eben die Pop-Punker, die in den 2000er damals, während die Kollegen von Sum 41 oder Blink 182 davon sangen wie viele Frauen sie hatten und wie oft, eher davon sangen, dass sie die eine eben nicht gekriegt haben. The Ataris waren zumindest zu Beginn ihrer Karriere weit mehr als das, was die "Generation American Pie" musikalisch zu Stande gebracht hat. Und während man selbst noch in Gedanken mit dem roten Becher in der Hand auf einer College-Party steht, singt Ataris-Sänger Kris Roe lieber: "I guess I'm giving up on love/ 'cause it really kind of sucks", auf der 2000 erschienen Platte "End is forever".
The Ataris wechselten 2002 auf ein Major-Label und hatten im darauffolgenden Jahr mit dem Album "So Long, Astoria" ihren bis dato größten Erfolg. Klar wird es spätestens, wenn einem bewusst wird, dass das Album die Punk-Cover-Version "The Boys of Summer", der im Orginal von Don Henley stammt, enthält. Wir alle kennen die Melodie und sind im besten Falle dazu zur nächsten Disco gefahren, haben uns die Hacken wund getanzt und uns vorgestellt, wir befinden uns in Kalifornien und fahren mit einem dieser blauen Jeeps, mit Überrollbügel, wo hinten immer noch zwei Jungs saßen, natürlich nicht angeschnallt, in den Sonnenuntergang.
Und so ist es auch eben jener Song, der an diesem Abend für die größte Publikumsresonanz sorgt. Dabei enthält die Setlist ausgewählte Stücke, wie das Jawbreaker-Cover "Boxcar" oder das herzzerreißende "The Hero Dies In This One". Auch als Roe Solo auf der Bühne und sich mit dem Hinweis: "Ich hab das seit fünf Jahren nicht gespielt, nicht mal privat", am Song "Bad Case of Broken Heart" probiert, kommt wieder dieses Gefühl zutage: Wehmut. Wehmut darüber, dass auch die Band, die da oben steht, mittlerweile alt geworden ist. Die letzten College Parties sind wohl schon einige Jahre her. Die Punk-Rock-Shows werden mehr zu einem Nostalgie-Abend. Und so mag es kaum verwundern, wenn die Songs auch heute etwas weniger krachen und die Outros auch mal etwas länger gezogen werden, um die fehlende Ausdauer mit längeren Lufthol-Phasen zu überdecken. Nichts kann darüber hinwegtäuschen, dass alle nun älter geworden sind. Auf und vor der Bühne. Das ändert aber nichts daran, dass alleine die Gedanken und Gefühle - die Wehmut - auch mal in vollen Zügen genossen werden darf.