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17.10.2016 Vincenzo Sarnelli Vincenzo Sarnelli
SSIO in der Garage Saarbrücken

Letzter Halt Saarbrücken

Wo Gangster-Rapper drauf steht, ist manchmal eben auch ein selbstironischer, humorvoller Rapper mit ner ganzen Menge Flow drin. SSIO begeisterte am gestrigen Sonntag, dem 16. Oktober 2016, 650 Leute in der Garage Saarbrücken. hunderttausend.de war mit der Kamera dabei. 

 
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​Das Bühnenbild, welches an das Artwork des letzten Albums von SSIO "0,9" engelehnt ist, sieht ein bisschen aus, als sei es der 90er Zeichentrickserie "Roccos Modernes Leben" entlehnt. Und thematisch würde das auch irgendwie passen. Sowohl SSIO als auch die Serie zeichnen sich durch mal mehr, mal weniger flachen Witzen und nicht immer kindgerechte Sprache aus. Die Botschaft dahinter sprüht jedoch vor Selbstironie und nicht selten auch einer gewissen Entlarvung der eigenen Klientel. Natürlich muss man sich davor hüten, Dinge in etwas hinein zu interpretieren, bei denen es keinen tieferen Sinn gibt, und diese Momente gibt es bei einem SSIO-Konzert zuhauf, ändert das jedoch grundsätzlich nichts daran, dass man den Bonner Rapper nicht über einen Kamm mit so vielen Standard-Gangster-Rappern scheren darf. 

Das Publikum beim Konzert in Saarbrücken ist wild gemischt, was bei Hip-Hop Konzerten heutzutage aber mehr oder weniger Standard sein dürfte. So sind Suicidal Tendicies Pullis oder Wacken-T-Shirts mittlerweile keine Mode-Sünde im Rap-Game. Die obligatorische Kappe, wahlweise mit einem American Football-Team oder einem "Sorry but I am Fresh"-Spruch auf der Front, darf aber in keinem Fall fehlen. Die Publikumsinteraktion stellt sich insgesamt an diesem Abend eher als schmaler Grat heraus. Zu viele Fettnäpfchen, zu viele Tretminen, in die sowohl Publikum, als auch der Rapper zielgerichtet hinein treten. Leider etwas zu dick aufgetragen ist diese eher gedrungen wirkende Aktion. Als dann eine Stripperin, als Überraschung zum Tourabschluss für SSIO, beginnt sich auf der Bühne zu entblättern, ist die Grenze des Klamauks ordentlich angekratzt. 

All diese Beobachtung soll die musikalische Leistung von SSIO aber freilich nicht schmälern. Das Konzert in Saarbrücken war das Ende einer langen Tour und dennoch wirkte der Bonner weder besonders unmotiviert noch müde. Zwar attestierte er sich eine kleine alkoholische Einschränkung, ob der Tatsache, dass man das Ende der Tour mit dem ein oder anderen Kaltgetränk gefeiert haben dürfte, aber auch das merkt man auf den ersten Blick nicht. SSIO macht Spaß. Vor allem weil er neben dem Standard-DJ auch ein Schlagzeug auf die Bühne stellt und den Beats somit eine fette Live-Note verpasst. Sollte die Erfolgswelle anhalten, kann der Rapper bei der nächsten Tour vielleicht sogar eine komplette Band mitnehmen. Zur Musik würde es passen und den Flow des Rappers sicher nochmal aufwerten. 

Fazit: Nicht jeder, der Nuttööö (allein die Schreibweise deutet doch schon auf eine gewisse Ironie hin) sagt, muss gleich unten durch sein. Und nicht alles was flach ist, muss künstlich hoch gehängt werden. Das Publikum feiert es und es bedient eine gewisse Sehnsucht danach sich selbst und seinen Kopf manchmal zu entspannen ohne gänzlich abzuschalten. SSIO hat in der Garage jedenfalls gezeigt, dass diese Mischung perfekt funktionieren kann. 

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