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11.06.2019 Janine Köppel Marco Piecuch
Theater Trier

"Gott der Allmächtige hat seinen Becher verbummelt"

​Die Premiere der wohl schrägsten Inszenierung dieser Spielzeit wurde mit jeder Menge Szenenapplaus und Standing Ovations belohnt. hunderttausend.de hat sich Monty Python's Spamalot angesehen und redet nicht lange drum herum: hingehen, anschauen, lachen.

 
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​Das Theater selbst schreibt über die Inszenierung unter Regisseur François Camus: „ein Musical, liebevoll zusammengeklaut aus dem Monty Python Film Die Ritter der Kokosnuss“ und wer diese Vorlage kennt, kann schon skeptisch werden. Die berühmte Komikertruppe und deren erster Film haben eine ganz eigene Art von Humor und eine Marke entwickelt, deren Nachahmung im ersten Moment eher riskant erscheint. Wie bringt man das Ganze nun angemessen auf die Bühne im Quadrathof des bischöflichen Priesterseminars? Die Premiere des Stücks am letzten Sonntag gab darauf eine eindeutige Antwort: mit einem fantastischen Ensemble. Der Trierer Besetzung war die Begeisterung für die Inszenierung ausnahmslos anzusehen und die Interpretation jeder Rolle war weit weg von einer billigen Kopie.

Das Herzstück des Musicals bildeten die Ritter Sir Robin (Martin Geisen), Sir Lancelot (Benjamin Schardt), Sir Dennis Galahad (Dimetrio-Giovanni Rupp) und Sir Bedevere (Klaus-Michael Nix) um König Artus (Gideon Rapp) und seinen treuen Helfer Patsy (Michael Hiller). Die mehr oder minder tapfere Truppe hat von Gott höchstpersönlich auf schönstem Trierer Dialekt den Auftrag bekommen, den heiligen Gral zu finden. Oder auch mit den Worten Sir Robins: „Gott der Allmächtige hat seinen Becher verbummelt“. Keine einfache Aufgabe, denn Artus wird generell nicht ernst genommen, Lancelot ist von seinem Coming-Out abgelenkt, Robin hat sowieso vor allem Angst, Dennis macht sich um seine Haarpracht Sorgen und Bedevere pupst sich ununterbrochen ins Tütü.

Glücklicherweise werden sie von der Fee aus dem See (Barbara Ullmann Stephanie Theiß) unterstützt, die mit viel Pathos und einem Hauch Verzweiflung ihren Drang nach Aufmerksamkeit und Bühnenpräsenz besingt. Der Song Wann geht's hier wieder mal um mich? ist nur ein Beispiel dafür, wie das Stück das Musical-Genre selbst und seine Eigenarten zum Thema macht und mit mehr als nur einem Augenzwinkern betrachtet. Mit einer traurigen Menge Flitter, jedoch umso mehr Inbrunst schmettern die Fee und Dennis den Titel Das Lied, das jetzt erklingt: die Sorte Song, die ans Herz geht und – laut Liedtext – in jedem Musical vorkommt. Mit der neuen Aufgabe für Artus und Co. ein Broadway Musical zu schreiben wird das Genre ansich dann endgültig zum Thema der Inszenierung. So verwundert es auch nicht, dass sich Figuren unter anderem aus Phantom der Oper und Grease zu der Ritterrunde auf die Bühne gesellen.

Abgesehen vom Schwerpunkt auf der Musical-Parodie hatte das Stück jedoch auch sämtliche Highlights von Die Ritter der Kokosnuss zu bieten, von denen sich auch strenge Filmfans begeistern lassen konnten: Der-noch-nicht-tote-Fred oder auch Prinz Herbert (beide gespielt von Robin Jentys), der in rosa Plüsch und Glitzer das Herz von Sir Lancelot erweichen konnte, der faszinierend wehrhafte Schwarze Ritter (Dimetrio-Giovanni Rupp), sowie die Ritter vom Ni und das blutrünstige weiße Kaninchen. Optisch lässt sich die Inszenierung wohl am ehesten mit „angenehmer Reizüberflutung“ beschreiben: die Kostüme waren einer Broadway-Darbietung angemessen mit viel Glitzer ausgestattet und zur illusionistischen Darstellung von Tim dem Zauberer ​(Paul Hess) wurde offensichtlich tief in die Special-Effect-Kiste gegriffen.

Spamalot schaffte mühelos den Spagat zwischen Flachwitz, Stereotype, Provokation, In-die-Fresse-Humor und der Kritik an der kommerziellen und schablonenartigen Einheits-Musical-Branche. Das Stück ist herrlich skurril, dank der starken Performance des ganzen Ensembles kippt es jedoch nicht ins Lächerliche. Man muss als Zuschauer kein Musical-Fan oder –Verächter sein, die Filmvorlage zu kennen ist von Vorteil, jedoch kein Muss und auch in Geschichte erfordert es keine Kenntnisse – man muss eigentlich einfach nur gerne lachen.


Wer sich jetzt angesprochen fühlt, muss schnell sein, denn das Stück wird nur noch bis zum 20. Juni aufgeführt!

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