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03.05.2017 Vincenzo Sarnelli Vincenzo Sarnelli
Spaceman Spiff in der Luke

Rückwärts ist keine Richtung

​Am gestrigen Dienstag, den 02. Mai 2017, besuchte Spaceman Spiff, alias Hannes Wittmer, die Luke Trier. Der Singer/Songwriter begeisterte vor vollem Haus mit nachdenklichen Texten und lockeren Zwischenansagen, bei der er sich unter anderem als "Todesengel" des Trierer Nachtlebens offenbarte.

 
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​Hannes Wittmers Musik zu hören ist nicht immer leicht. Und das liegt sicher nicht daran, dass sie nicht gut wäre. Ganz im Gegenteil. Wittmer alias Spaceman Spiff versteht es mit Worten mal kryptisch, mal direkt eine Gefühlswelt zu offenbaren, die einerseits zwar individuell und persönlich ist und andererseits doch schon oft von vielen gefühlt wurde. Wittmer steht damit auch absolut im Kontrast zu so vielen Künstlern, die Dinge mit den gleichen Worten, wie der vorletzte vorher, auch das gleiche beschreiben. In einem Video des Formats TV Noir auf YouTube macht der Spaceman als Ansage einen Witz: "Das nächste Lied ist mega traurig. Die anderen waren alle so fröhlich, habt ihr ja vielleicht gemerkt". Und er muss selbst lachen.

Eröffnet wird der Abend zunächst von "Slow Leaves". Das Projekt des kanadischen Singer-Songwriters Grant Davidson ist zum ersten Mal in Deutschland unterwegs. Mit ruhigem zurückhaltenden aber trotzdem eingängigem Singer-Songwriter-Americana Sound fügt sich Davidsen gut in das Gesamtkonstrukt des Abends ein. Auch wenn der Grundtenor merklich positiver klingt als der eines Spaceman Spiff-Songs. 

Die Schwermut, die nämlich in vielen dieser Songs mitschwingt, ist manchmal gar nicht so einfach zu greifen. Es ist dabei jedoch eine wohlige Erkenntnis, dass so viele Menschen das Gefühl teilen. Es wird nicht getanzt auf dem Konzert in der Luke, aber dafür sind sehr viele Augen geschlossen, um andere Sinne spüren zu lassen von was der Würzburger dort auf der Bühne singt. Es geht um Trennung, darum, dass man sich selbst in seinem Leben nicht wieder findet. Um Unentschlossenheit, Schmerz und darum, dass man sich oft selbst im Weg steht. 

"Du kamst für den Strand/unter den Füßen/ und gingst mit Sand in den Schuhen", singt er zum Beispiel in "Wände". Oder "ich bin mir sicher wann/ ich bin mir sicher wo/ ich bin mir sicher wie/ ich weiß nur nicht ob/ oder vielleicht doch/ und dann wieder nichts" in "Irgendwo ist immer woanders". Und "denn woanders ist auch immer/ nur ein weiteres hier/ und immer viel zu viel die andern/immer viel zu wenig wir" in "Vorwärts ist keine Richtung" von der aktuellsten Platte "Endlich Nichts". 

Interessant ist das gespaltene Verhältnis dann, wenn man Wittmer zwischen seinen Liedern auf der Bühne erlebt. Gelöst erzählt er da von seinen bisherigen Konzerterlebnissen in Trier, die alle in Locations statt gefunden haben, die danach alle (aber nicht wegen ihm) zumachen mussten. Oder er scherzt, dass Clara Jochum, die ihn am Cello begleitet, mal als "Praktikantin" bei ihm angefangen hat und die Zeit bei ihm als "Praxissemester" beim Musikstudium galt. Wittmer ist ein Künstler, der sich nicht hinter seiner Kryptik und seiner Melancholie versteckt. Es ist dieses Bild von einem Mann, der seinem Publikum die Hand hin hält und aus dem Loch wieder raus hilft, in das er sie grade erst musikalisch und textlich hineingestoßen hat. Das Publikum bei Spaceman Spiff-Konzerten ist oft ziemlich still. Verglichen mit den Auftritten anderer Künstler, bei denen im Saal nicht selten so laut gesprochen wird, dass man Probleme bekommt die Musik zu hören, wenn man hinten steht. Doch die Musik von Spaceman Spiff fängt ein, macht betroffen und schickt die Gedanken auf eine Reise. Durch Licht und Dunkelheit. Durch das eigene Selbst und vieles was damit zusammen hängt. 

Als sich aus dem Publikum das Lied "Schnee" gewünscht wird, eben jenes Lied, was auch im anfangs erwähnten TV Noir Video angekündigt wurde, da kann der Spaceman nur schmunzeln. Denn: "Ein Freund hat mir mal über das Lied gesagt, dass es mein persönliches Angels ist". Die Lacher des Publikums sind ihm gewiss. Und zugleich Ausdruck des Zwiespalts, zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, den ein Spaceman Spiff Konzert mit sich bringt. 

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