Stadtgespräch
12.06.2016 Vincenzo Sarnelli Veranstalter
Southside Festival 2016

Hallo Southside 2016!

​Es ist eines der größten Festivals Deutschlands. Das Southside-Festival lockt vom 24. bis zum 26. Juni 2016 rund 60.000 Festivalbesucher nach Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg.  hunderttausend.de wirft einen Blick auf das Line-Up. In einem kommenden Beitrag verraten wir unsere Geheimtipps, nennen die ärgerlichsten Running-Order-Überschneidungen und sagen, wo der geneigte Festival-Besucher auf jeden Fall hin muss.​

 
Image

Neuhausen ob Eck. Ein 4000 Seelen Dorf mitten in Baden-Württemberg wird jedes Jahr Ende Juni zum Mekka für Festivalfans. Das Southside Festival lädt seit 2000 auf das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes der Heeresflieger. In diesem Jahr scheint das Line-Up besonders attraktiv. Das Festival ist seit Wochen ausverkauft und die Fans sind voller Vorfreude. 


Die Headliner:

Die Headliner des Southside 2016 sind Bretter: Mit Rammstein, Mumford & Sons und The Prodigy gelingt den Veranstaltern ein großer Wurf im heiß umkämpften Festival-Headliner-Becken. Beginnen wird am Freitag The Prodigy. Die selbsternannten Meister des Rave sind auch nach mehr als 20 Bandjahren immer noch eine Referenz in Sachen Crossover. Die Mischung aus Punk und Rave mit einer fast schon unnahbaren Attitüden macht sie auf jedem Festival zu einem Highlight. Songs wie Omen oder Smack My Bitch Up sind Garanten für einen durchtanzten Freitag-Abend. 
Etwas gediegener geht es beim Samstags-Headliner, Mumford & Sons, zu. Die Briten eroberten mit ihrem Folk-Rock die Welt. Bis heute sind The Cave, I Will Wait oder Little Lion Man fester Bestandteil vieler Radio-Playlists. Das neue Album Wilder Minds schaffte es in Deutschland auf Platz Zwei der Albumcharts. In den USA und UK gar bis ganz an die Spitze. Mumford & Sons sorgen mit ihrem Folk für eine wohlige Lagerfeuer-Stimmung, ohne die Tanzbarkeit und das Feiern so ganz grundsätzlich zu vernachlässigen. 
Rammstein, als eine der größten Rock-Bands Deutschlands mit internationalem Erfolg gesegnet, sind Sonntags ein krachender Abschluss eines hoffentlich tollen Festivals. Was soll man groß sagen zu den Berlinern, die sich immer musikalisch am Rande der Performance-Kunst bewegen. Auf dem dünnen Eis der politischen und gesellschaftlichen Provokation haben Rammstein einen Weg gefunden mit einem unnachahmlichen Sound feine Kunst und derbste Provokation auf eine gemeinsame Spitze zu treiben. Ein Berg mit zwei Gipfeln. Jedes Live-Konzert ist ein Erlebnis. 


Der Mittelbau:

Ein gutes Festival lebt in der Regel nicht nur davon, dass die Headliner Zugpferde sind. Auch der musikalische Mittelbau will wohl gewählt sein, geht der Blick der Festival-Besucher doch heute kritisch auch in Reihe zwei bis zehn auf dem Veranstaltungsplakat. Durch das Internet, Streaming-Dienst und Social Media ist das Entdecken neuer Bands heutzutage eine Sache von Minuten. Umso wichtiger ist es für Festival-Macher ein ausgewogenes Programm auf die Beine zu stellen. Das Southside verfolgt seit Gründung einen sehr breiten Ansatz. Von Elektro über Hip Hop bis hin zu Punk, Metal und Konsorten ist immer für jeden etwas dabei. Auch in diesem Jahr liest sich das Line-Up genau so: Vielfältig, breit und vor allem großartig. 

Die ersten musikalischen Vorzeichen gibt es schon Donnerstags, wenn auf der White-Stage ab 20 Uhr das Festival-Warm-Up beginnt. Während auf der Landebahn und im Diskozelt Party angesagt sind, heizen mit Marathonmann, Weekend und Maeckes schon die ersten drei Künstler dem Publikum ein.

Der Freitag beginnt am Nachmittag. Mit The Devil Makes Three und VAUU kann man ab 15 Uhr zwischen amerikanischem Bluegrass/Folk und poetischem deutschen Rap, der auch mal gesungen daher kommt, wählen. Weiter geht es unter anderem mit Kvelertak. Die Norweger, die eine furiose Mischung aus Punk, Metal und Hardcore hinbekommen, der vor allem seit der neuesten Platte Nattesferd einen immensen Hype erfährt. 
Weiterhin am Freitag im Programm ist 60ties Indie-Pop mit Balthazar, Deutschrap mit Lance Butters und Reggae-Metal der Herren von Skindred. Je näher es auf den Abend zugeht, um so bekannter die Namen, zumindest ist das eine ungeschriebene Regel eines jeden Festivals. Auf der größten Bühne, der Green Stage, werden mit Anti Flag, Flogging Molly und The Offspring, echte Punk-Heroen den Weg für den Headliner The Prodigy bereiten. Auf der Blue Stage geht es etwas gediegener, aber nicht weniger hypefixiert zu. Tom Odell, Wanda und The Wombats bringen feinsten Indie auf die Bühne. 
Wer auf gute Klänge aus deutschen Landen steht, der ist bei der Red Stage gut aufgehoben. Mit Gloria und Joris sind dort zwei Bands vertreten, die sich vor allem im Jahr 2015 einen Namen gemacht haben. Auf der White Stage, der Bühne für Elektronisches und Extravagantes sticht am Freitag vor allem der Name Fraktus heraus. Die Band, die den Techno erfunden hat. Mit Welcome to the Internet beamen sich die Herren ins nächste Zeitalter. Weiter geht es am Freitag bis spät in die Nacht mit den Herren Deichkind (Blue Stage) oder den Herren Orsons (Red Stage).

Tag Eins ist rum, zwei zu gehen.  Der Samstag beginnt schon früh um 12 Uhr mittags. Also schnell mit Bier die Zähne geputzt und ab aufs Gelände zu Rapper Nazar oder Rock’n Roll von Rebels of the Jukebox. Um 13 Uhr folgen X Ambassadors, die mit Renegades einen der Hits des Jahres 2016 hatten. Danach fällt die Wahl schwer: Rapper Chakuza auf der Blue Stage oder Post-Hardcore mit Van Holzen auf der Red Stage. 
Um 14:15 Uhr wird es am Samstag dann interessant. Mit Haftbefehl betritt ein Künstler die Bühne, der entweder gefeiert oder gehasst wird. Die besonders gutturale Art zu rappen brachte „Hafti“ einen eher zweifelhaften Ruf ein. Doch grade die neuen Tracks zeugen von einem Gespür für die Themen der Straße. Mit Lass die Affen aus’m Zoo gelang Haftbefehl ein großer Wurf, der vor allem in der Rapszene für Aufsehen sorgte. Nicht weniger umstritten geht es mit Trailerpark weiter. Die Boygroup des Rap, bestehend aus Basti, Timi Hendrix, Sudden und Alligatoah, tragen den Namen eines deutschen Hip Hop Labels, welches in Bielefeld gegründet wurde. 2013 veröffentlichte das Label das Album Crackstreet Boys 2. Das Album wurde indiziert. Neun der 13 Tracks wurden von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als jugendgefährdend eingestuft. Könnte also witzig werden. 
Wem das dann doch zu drüber ist, dem seien entweder die Kultpunker von The Subways oder die Newcomer von Zugezogen Maskulin ans Herz gelegt. Ab 18 Uhr folgt dann Bosse auf der großen Green Stage. Mit ihm sprach hunderttausend.de im Vorfeld des Festivals. Das Interview ist hier nachzulesen. Die Blue Stage, die am Samstag ganz im Zeichen des Hip Hop steht, wird um 17:30 Uhr zunächst von den Saarländern von Genetikk bevölkert. Danach folgt Prinz Pi, der Anfang 2016 sein Album Im Westen nix neues veröffentlichte. 
Nach ihm folgen, mit der Hip-Hop-Reihe brechend, die Newcomer AnnenMayKantereit, die zum ersten Mal beim Southside spielen und schon einen Prime-Time Platz auf der Blue Stage ihr Eigen nennen dürfen. Der Abend steht ganz im Zeichen des Indie. Ob Bloc Party und Mumford & Sons auf der Green Stage oder die erwähnten AnnenMayKantereit und Two Door Cinema Club auf der Blue Stage. An der Gitarrenmusik kommt man fast nicht vorbei. Selbst die Red Stage zieht mit den Augustines und Von Brücken mit. Einzig die White Stage hält dagegen und bringt am Abend mit Rampue und Digitalism elektronische Klänge. Den Abschluss dürfen dann die Mannen von K.I.Z. feiern. Ab 00:45 Uhr wird auf der Blue Stage zurück gehasst. Die Berliner sind bekannt für ihre provokanten Texte und werden die Massen sicher dennoch oder grade deshalb begeistern. 

Hallo Sonntag! Der letzte Tag auf dem Southside beginnt mit Erik Cohen, der eigentlich Jack Letten heißt und Sänger von Smoke Blow ist. Alternativ sagen Aberhallo auf der White Stage guten Tag. Schon der großartige Thees Uhlmann stellte die Frage: „ABERHALLO – total bescheuert oder unglaublich cool, dieser Name?“ Gitarrensound wie man ihn sich wünscht mit gerappten Lyrics. (Aber)Hallo 2016! 
Weiter gehts mit diversen guten Namen aus dem Hause Punk-Rock. Schmutzki und Zebrahead versprechen ordentlich gemoshe. Oder aber eben eher künstlerische Crossover Projekte von Rat Boy oder Jack Garrett. Dann wird es wieder schwer. Royal Republic, die Punkrocker aus dem hohen Norden, die Pop-Musikerinnen von Boy oder die New-Metal-Helden aus Bayern Emil Bulls. Auch danach bleiben die Möglichkeiten vielfältig. Ob Rock 'n' Roll Barde Frank Turner, der eigentlich ganz grundsätzlich immer einen Besuch wert ist, ob seiner wunderbaren Musik oder der britischen Trinker-Bar-Musiker-Attitüde - Turner ist einfach großartig. Die Blue Stage wird sich freuen. Oder, wenn man lieber hierzulande nach Punk-Musik sucht, Jennifer Rostock, mit Sängerin Jennifer Weist. Vielleicht doch lieber die Punkrocker aus Flensburg namens Turbostaat? Die mit ihrem Album Abalonia bis auf Platz 15 der deutschen Album-Charts rückten und es somit aus der Nische raus in die Sonne der Bekanntheit schafften? Eine Entwicklung, die man ob der großartigen Musik nur begrüßen kann. 
Die White Stage freut sich auf Half Moon Run und Gestört aber Geil. Grade letztere sind mittlerweile auf jeder Studiparty schon gelaufen. Der erfolgreiche Hit Unter meiner Haut geht einem auch einfach nicht mehr aus dem Kopf. Dass das Duo aber noch mehr als ein One-Hit-Wonder ist, beweisen sie mit der zweiten Single Ich & Du und mit vielem weiteren am Sonntagabend auf der White Stage. Alternativ wären da die Editors und Fritz Kalkbrenner auf der Blue Stage oder, zur Einstimmung auf Rammstein, The Hives und Dropkick Murphys auf der Green Stage zu nennen. Man möge aber auch die Red Stage nicht vergessen, wo Feine Sahne Fischfilet auf die Kacke hauen! Alerta Antifascista! 
Danach folgen mit Boysetsfire absolute Heroen des Post-Hardcore. Um sich dann die Wartezeit auf Rammstein zu verkürzen, könnte man sich Axwell Λ Ingrosso anschauen. Ehemals Teil der legendären Swedish House Mafia, sind die beiden Künstler abseits der typischen Standardform von Beats und Bässen unterwegs. Progressive House nennt sich das dann. Nachdem Rammstein gerockt hat, macht Boys Noize am Sonntag Abend den Deckel drauf. Das war das virtuelle Southside 2016. Bitteschön. Dankeschön.​

Foto: Matthias Rhomberg

Bildgalerie



Karte anzeigen