Reviews
28.06.2016 hunderttausend.de Vincenzo Sarnelli
Das Southside Festival 2016

Und plötzlich war es schwarz

​Nein, der Sommer 2016 ist kein Festivalsommer. Nachdem es bereits bei Rock am Ring 2016 zu Verletzten und einem Abbruch gekommen ist, sind auch die Zwillingsfestivals Southside und Hurricane von schwierigen Wetterbedingungen getroffen worden. Das Southside Festival in Neuhausen ob Eck musste sogar abgesagt werden. hunderttausend.de war dabei, als es kräftig stürmte.

 
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​Normalerweise sind Konzertberichte eine schöne Sache. Nicht selten geht diesem ein tolles Live-Erlebnis mit vielen zufriedenen Besuchern voraus. Grade im Sommer mit den vielen Open-Airs macht es besonders viel Spaß darüber zu schreiben. Leider wird dieser Bericht kein normales, freudiges Review. 

Das Southside Festival in Neuhausen ob Eck wurde am Samstag, den 25. Juni 2016 nach einem heftigen Unwetter abgesagt. Nachdem das Festival von einem Sturm getroffen worden war, waren die Schäden auf dem Gelände und den Zeltplätzen zu groß, um eine Fortführung in gewohnter Qualität und in absoluter Sicherheit zu gewährleisten. Neben den Schäden, die die Winde von bis zu 100 km/h und die Hagelkörner angerichtet haben, waren auch weitere Unwetter vorhergesagt, sodass der Veranstalter fkp Scorpio sich zur Absage gezwungen sah. Was blieb ist eine ziemliche Leere, war doch die Vorfreude unter den Besuchern, aber auch bei den Veranstaltern besonders groß. 

Der Freitag begann eigentlich unter besten Vorraussetzungen. Statt Regenschirme waren es eher Sonnenbrände, die in der Menge zu sehen waren. Die Veranstalter hatten im Vorhinein das Gelände regensicher gemacht, waren doch die Wochen zuvor ebenfalls sehr nass gewesen, sodass Teile des Geländes ziemlich matschig waren. Es wurde aber ganze Arbeit geleistet. Das Gelände war mit Schotter und Platten perfekt präpariert. Das Thermometer zeigte 34 Grad und die Sonne brannte. Die ersten Bands betraten die Bühne und alles war vorbereitet für ein perfektes Wochenende. 

Doch über allem schwebte die Gewissheit, dass das Wetter nicht halten würde, was der Vormittag versprochen hatte. So ließ der Veranstalter bereits am morgen über seine App und das festivaleigene Radio Camp FM verlauten, dass man bitte die Schlüssel zum eigenen Auto jederzeit griffbereit haben solle und alle die, die mit der Bahn angereist sind, entweder in bereit gestellte Shuttlebusse und Notunterkünfte gehen sollen. Irgendwie konnte man das ob des tollen Wetters nicht ganz ernst nehmen. Das es dann so schlimm werden würde, wie geschehen, damit konnte niemand rechnen. 

Anti Flag hatten nach einem krachenden und tollen Konzert grade die Green Stage verlassen, da setzte der Regen ein. Dicke Regentropfen prasselten auf die Festivalbesucher, die sich aber eher über die Abkühlung freuten, da weiterhin hohe Temperaturen für eine aufgeheizte Stimmung sorgten. Der Regen wurde langsam immer stärker und der Himmel begann sich zuzuziehen, als der Veranstalter die Notbremse zog. Gegen 20:15 Uhr lies der Veranstalter über die Lautsprecher und alle weiteren Kanäle verkünden, dass das Festival aufgrund der Wetterlage unterbrochen würde. Alle Besucher wurden ins Auto geschickt. Diese schienen sich, sicher auch geprägt durch die Bilder, die seit Rock am Ring durch die Medien gingen, darauf einzulassen. Als das Gewitter losbrach, waren viele bereits in eigenen Autos oder beim Zeltnachbar im Auto mit unter gekommen. Viele suchten in den bereit gestellten Shuttlebussen Schutz. Der Veranstalter war vorbereitet. Rund eine Stunde dauerte das Gewitter. Der Himmel wurde wieder heller und viele rechneten damit, dass das Festival weiter gehen würde. Auf den Presseparkplätzen wurden wieder die Grills befeuert und die Musik lauter gedreht. Von ein bisschen schlechtem Wetter wollte sich keiner mürbe machen. Doch die Unwetterwarnung seitens des Veranstalters blieb bestehen beziehungsweise wurde verlängert. Mehr noch: Die Botschaften klangen ernster denn je. Beim Radiosender Camp FM wurden alle inständig darum gebeten, weiter in den Autos zu bleiben "Da kommt noch was auf uns zu". Und genau so sollte es kommen.

Eine riesige schwarze Wolke bahnte sich aus Richtung Neuhausen ob Eck seinen Weg über das Gelände. Was dann danach losbrach, war ein Sturm der beunruhigenden Sorte. Viele Zelte und Pavillons hielten dem Wind, dem Hagel und dem starken Regen nicht stand. Campingtische und Grills flogen durch die Luft. Die Lage war prekär. Der Bürgermeister von Neuhausen ob Eck würde das Unwetter später in der Pressemitteilung als das Schlimmste aller Zeiten beschreiben. Rund zwei Stunden trieb das Wetter sein Unwesen. Der Veranstalter sagte den Rest des Programms am Freitag ab und verlängerte die Unwetterwarnung weiter bis in die frühen Morgenstunden. 

Eine unruhige Nacht und wenig Schlaf später war es dann traurige Gewissheit, nachdem es unter den Presseleuten schon die Runde gemacht hatte: Absage des Southside-Festivals. In der Pressemitteilung hieß es dazu: " Nach einer Bestandsaufnahme des Veranstaltungsgeländes und dessen Infrastruktur hat sich ergeben, dass die Sicherheit und Ordnung für eine Fortsetzung des Festivals nicht mehr gewährleistet werden kann." Darüber hinaus wurde auch auf die Verletzten eingegangen. Insgesamt sind 82 Menschen verletzt worden. 57 konnten direkt auf dem Gelände behandelt werden, 25 Personen mussten leichtverletzt ins Krankenhaus und fünf davon stationär bleiben. Die Stimmung, die am Morgen auf den Zeltplätzen herrschte, hat Kollege Thomas Peter von festivalisten.de hier sehr gut zusammen gefasst. 

Der Sommer 2016 ist eine Zäsur für die Festivallandschaft in Deutschland. Die beiden Big Player MLK (Rock am Ring) und FKP Scorpio (Hurricane & Southside) wurden vom Wetter stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Probleme dauern bis heute an. Doch dieser Artikel soll keine Zusammenfassung der Dinge sein, die jetzt vielleicht folgen mögen. Ob Ansprüche auf Schadensersatz bestehen, müssen nun Juristen und jeder mit sich selbst klären. Am Ende steht fest, dass FKP Scorpio einen unfassbar guten Job gemacht hat. Dank der frühzeitigen und eindringlichen Warnung über alle möglichen Kanäle und einem guten Krisenmanagement konnten schlimmere Dinge verhindert werden. Bedauerlich natürlich, dass Menschen verletzt worden sind, ob der Heftigkeit des Unwetters ist es ein Wunder, dass niemand ernsthaft und lebensbedrohend zu Schaden gekommen ist. Dies ist dem Veranstalter zu verdanken, der auch während des Unwetters immer bemüht war auf Fragen, sei es via Twitter, auf Facebook oder per Telefon, zu antworten. Klar ist, dass diese Situation eine extreme war. Auch dort sind viele Dinge nicht perfekt gelaufen. Im Endeffekt muss man dennoch den Hut ziehen vor einer Organisation, die bewirkt hat, dass es zu keinen schlimmen Personenschäden gekommen ist. hunderttausend.de sagt Danke dafür. 

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