Interviews
16.01.2019 Jana Ernst  
Roland Jankowsky

Wenn Overbeck (wieder) kommt

​​Roland Jankowksy beehrt am Sonntag, 20.01.2019, die Tuchfabrik mit seinem Besuch. Bekannt ist der Schauspieler vor allem für seine Paraderolle als Kommissar Overbeck in der ZDF-Krimiserie Wilsberg​. Auf was man sich bei seiner Lesung​ freuen darf,  hat er hunderttausend.de im Gespräch verraten.

 
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​​hunderttausend.de: Guten Tag Herr Jankowsky. Die meisten Menschen kennen Sie vermutlich nur als Overbeck aus der Krimi-Serie Wilsberg. Da stellt sich gleich die Frage, wie Sie vom Schauspiel zu den Lesungen kamen.

Roland Jankowsky: Also ich sag's mal so: Am bundesweiten Vorlesetag, den die Stiftung Lesen jeden November zusammen mit der ZEIT veranstaltet, lese ich seit über 16 Jahren an Kölner Grundschulen vor. Das Vorlesen habe ich schon immer gerne gemacht. Vor ungefähr sechs Jahren war es dann so, dass ich eigentlich mit meiner Filmchefin Rita Russek zusammen beim Krimi-Festival in Gießen auftreten sollte. Sie wurde dann kurzfristig krank, sodass ich dort in die Bresche gesprungen bin. Zuschauer und Veranstalter waren begeistert und dann hat sich das ständig ausgebaut. (lacht)

Das ist ja schon ganz schön lange! Laut der Beschreibung Ihrer Trierer Lesung Wenn Overbeck (wieder) kommt lesen Sie „schräg kriminelle Kurzgeschichten.“ Es wird also etwas zu lachen geben?

(lacht) Auf jeden Fall! Das ist die Mischung. Wenn man es böse formulieren möchte, dann ist es so: An einigen Stellen rollt auch mal ein Kopf und das Blut tropft, aber im gleichen Moment biegen sich die Leute auch wieder vor Lachen. Diese Mischung ist ganz wichtig: dass es unverhoffte Wendungen gibt, auch eine Überraschung am Ende. Die Geschichten sind schon kriminell und es wird munter gemordet, aber der Humor darf auf gar keinen Fall zu kurz kommen. Das ist wahrscheinlich auch das Erfolgsrezept.

Das ist bei Wilsberg ja scheinbar auch das Rezept.

Genau. Auch wenn es da nicht ganz so blutig zugeht. Ich denke, dass das Publikum diese Mischung einfach mag. Es kann zwar kriminell sein – oder schräg und abgedreht – aber der Humor darf nie zu kurz kommen.

Ihre Lesungen werden auch als ein „Spiel zwischen Vorleser und Schauspieler“ beschrieben. Wie darf man sich das denn vorstellen?

Es gibt ja Lesungen, bei denen einer vorne sitzt und wirklich nur vorliest. In diesem Sinne trifft es die Bezeichnung „Lesung“ bei mir nicht. Ich lese an einem Abend vier bis fünf unterschiedliche Geschichten, die zwischen 15 und 30 Minuten lang sind. Da schlüpfe ich dann in bis zu zehn verschiedene Rollen, teilweise auch mit verschiedenen Dialekten. Dadurch werden die Geschichten für die Zuschauer greifbar und sehr abwechslungsreich. Damit es nicht nur eine reine, stumpfe Lesung ist und ich auch selbst Spaß daran habe. Das ergibt dann einen regelrechten Ping-Pong-Effekt zwischen mir und dem Publikum. Es ist einfach schön, wenn es beiden Spaß macht. (lacht)

Sie haben von vier bis fünf Kurzgeschichten gesprochen, die Sie pro Abend lesen oder spielen. Die schreiben Sie aber nicht selbst.

Nein. Ich bediene mich verschiedener Anthologien, aus denen ich mir Geschichten aussuche. Die von den ersten Lesereihen werden leider immer seltener aufgelegt. Das ist ein Grund, aus dem ich den Autor und Verleger Ralf Kamp, der selbst auch sehr gute Lesungen macht, den Vorschlag gemacht habe, diese Geschichten nochmal neu aufzulegen. Da meinte er: „Mensch Roland, dann sei doch der Herausgeber und such die besten Geschichten zusammen!“ Das kann ich jetzt auch mit ein bisschen Stolz erwähnen: Mitte Februar wird das Buch erscheinen. „Waffe weg, Over…!“ Das ist mein erstes Buch, allerdings nicht selbst geschrieben. Es enthält quasi die Best-Of-Geschichten aus meinen Lesungen, mit meinen Kommentaren versehen. Das finde ich gerade ziemlich spannend. Ich schreibe aber noch nicht selbst.

Noch nicht? Das ist also in Planung?

Mhh… Ja… Also mir hat mal jemand gesagt: Wer gut vorlesen kann, der hat auch selbst Geschichten im Kopf. Es müsse sich nur noch der Weg zum Papier finden. Aber dieses „nur“ ist eben ein langes Wort. (lacht)

Da darf man ja gespannt sein! Ihre Lesung hier in Trier trägt den Titel Wenn Overbeck (wieder) kommt. Vor zwei Jahren waren Sie schonmal mit Wenn Overbeck kommt in der Stadt. Wie viel Overbeck wird man denn nun zu Gesicht bekommen?

Natürlich gebe ich dem Overbeck Gesicht, aber es ist nicht so, dass ich versuche, diese Filmfigur auf die Bühne zu bringen. Die meisten Leute kennen nun mal meine Rolle. Da wäre es ja doof, sie nicht als Aufhänger zu nutzen. In jeder Rolle schwingt etwas Privates von mir mit, das kann man gar nicht vermeiden. Aber schön ist es immer, wenn ich im Nachhinein angesprochen werde und die Leute sagen: „Also so haben wir Sie ja noch gar nicht gesehen!“ Man wird also auch die ganz anderen Seiten des Schauspielers Roland Jankowsky hören – und sehen.

Sehen Sie es denn grundsätzlich eher als Einschränkung oder als Chance, dass jeder zuerst an Overbeck denkt?

Vor einiger Zeit habe ich mich durchaus mal gefragt, ob ich in dieser Schublade feststecke. Aber andererseits muss man ja auch erstmal in so eine Schublade reinkommen. Ohne diese Rolle hätte ich im letzten Jahr nicht das Zuschauer-Voting für den „Coolsten TV-Kommissar“ gewonnen. Und ohne diese Rolle wären auch meine Lesungen nicht voll, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich kenne auch noch die Zeiten, als ich vor vielen Jahren freies Theater gespielt habe, da haben sich 20-30 Leute im Zuschauerraum verloren. Es ist schön, nach ein paar Jahren zu sehen, dass Wertschätzung auch anders aussehen kann. Diese Rolle, die ich vor einem Millionen-Publikum spiele, ist also auch ein Türöffner für die anderen Seiten, die ich draufhabe.

Sie spielen den Overbeck schon seit ungefähr 20 Jahren, das ist eine lange Zeit. Fast so lang, wie ich lebe.

Oh! (Lacht) Wobei da ja schon eine Entwicklung stattgefunden hat. In den ersten Folgen – die werden glaube ich gar nicht mehr wiederholt – da hatte ich nur drei Sätze. Ich war also eine Neben-Neben-Neben-Rolle. Heute kann ich ja alles machen: Der Overbeck ist sich für nichts zu schade. Das ist immer wieder das Spannende an der Rolle.

Färbt so eine Rolle irgendwann ab, wenn man sie so lange spielt?

Nee, das nicht! Auch weil Overbeck ja wirklich etwas seltsam ist, ein bisschen schräg. Das Schräge hat er wohl mit den kriminellen Kurzgeschichten gemeinsam. Ich hoffe wirklich, dass sich nichts von Overbeck im privaten Roland Jankowsky widerspiegelt.

Dann gibt es jetzt noch zwei Fragen von einem bekennenden Wilsberg-Fan. Erstens: Haben Sie schonmal einen Dienst bei der Polizei mitgemacht?

Nee! Habe ich nicht. Und das wäre für die Abteilung Rollenstudium auch gar nicht angebracht. Das, was wir darstellen, das hat mit Polizeiarbeit nichts zu tun. Die echte Polizeiarbeit sieht ja ganz anders aus. Diese Frage kann ich also klar verneinen – allerdings nicht aus Desinteresse! Vielleicht ergibt es sich ja irgendwann mal. Andererseits will ich mir das auch nicht anmaßen, als eine aus polizeilicher Sicht völlig ungelernte Person. Das könnte für den ein oder anderen auch einen bitteren Beigeschmack haben und die Frage aufwerfen, ob ich die Realität nicht von meiner Rolle trennen kann.

Okay, dann die letzte Frage, mit einem Augenzwinkern gestellt: Warum hat es Overbeck immer auf den armen Ekki abgesehen?

Och, hat er das? Man kann es doch im Umkehrschluss auch so sehen, dass der Ek​​ki sehr gerne mit Wilsberg zusammen in meine Richtung austeilt. Aus meiner Sicht ist das wie ein Ping-Pong-Spiel. Man könnte es auch das Salz in der Suppe nennen.

Vielen Dank für das Gespräch! Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Erfolg bei Ihrer Lesung am 20.01.2019 in der Tuchfabrik. ​​



Foto: BrauerPhotos / O. Walterscheid

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