Interviews
23.09.2014 hunderttausend.de Veranstalter
Radar

Von Liebe, Tod und (gescheiterter) Kommunikation

​​​​​Mit "Radar" gastiert am 30. September 2014 und 1. Oktober 2014 ein Schauspiel mit ungewöhnlichem Thema im großen Saal der Tuchfabrik: Es handelt von den Versuchen eines Mannes, nach dem Selbstmord seiner Frau Kontakt zum Jenseits aufzunehmen. Neben der in Trier bestens bekannten Schauspielerin Martina Roth können auch andere Mitglieder des Ensembles Trier-Erfahrungen vorweisen. Fünf​ Fragen an Regisseur Immanuel Bartz.

 
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​hunderttausend.de: "Radar" erzählt von einem Liebespaar, das nach dem Selbstmord der Frau versucht, miteinander in Kontakt zu treten. Ein ungewöhnlicher Stoff für das Debüt eines jungen Autors. Wie kam Sebastian Ulbrich auf dieses Thema?​

Immanuel Bartz: Nach seinem Studienabschluss in Psychologie war er von der Idee beseelt, ein Theaterstück zu verfassen. Besonders fasziniert hat ihn die Obsession, mit der manche Menschen Ideen verfolgen, die andere Personen nicht nachvollziehen können. Zu dieser Zeit besuchte er eine Ausstellung in Frankfurt am Main, die sich mit der Tonbandstimmenforschung beschäftigte. Daraus ist im Stück die Figur des technikbegeisterten Dr. Markwart entstanden, der über alte Radiogeräte und Kassettenrekorder versucht, Kontakt zu den Toten herzustellen. Als weiterer Erzählstrang kam dann die Geschichte über einen jungen Mann namens Robin hinzu, der ein letztes Mal mit seiner toten Frau Sueva sprechen möchte.

Ist es dem Ensemble schwer gefallen, einen Zugang zu dieser Thematik zu finden?

Das Thema hat uns fasziniert und wir haben uns in der Vorbereitung intensiv dam​it beschäftigt. In den 60er- und 70er-Jahren gab es einen regelrechten Boom, als sich viele Menschen mit den sogenannten Tonbandstimmenphänomenen beschäftigt haben. Und es gibt bis heute Menschen, die nach Tonbandstimmen von Verstorbenen forschen, auch in der Region Trier. Tatsächlich geht es in unserem Stück aber nur vordergründig um die technischen Möglichkeiten, mit dem Jenseits Kontakt aufzunehmen: Es gibt einen Punkt, an dem klar wird, dass die Kommunikation zwischen Diesseits und Jenseits nicht funktionieren kann, weil sie schon nicht mehr funktionierte, als Sueva noch lebte. Dieses fehlende Verständnis im täglichen zwischenmenschlichen Umgang ist dann ja wieder ein Thema, das sehr nah an unserer heutigen Lebenswirklichkeit ist.

Stichwort Trier: In dem Ensemble sind einige Leute mit Trierer Vergangenheit, trotzdem finden die Proben in Düsseldorf statt. Wie kommt's?

Sogar ein Großteil unseres Teams hat in Trier gelebt: Teilweise haben wir uns schon vor Jahren kennengelernt in studentischen Kultur-Projekten wie Aug.E.n.Wald oder dem Karussell. Die Schauspielerin Martina Roth kenne ich durch meine eigene Studienzeit in Trier schon länger. Viele der Künstler, die als junge Menschen in Trier angefangen haben, leben heute verteilt in ganz Europa. Ich bin nach meinem Studium nach Köln gezogen und habe mit dem FFT Düsseldorf und der TUFA Trier zwei Kooperationspartner gefunden, die das Projekt von Anfang an unterstützt haben. Dadurch haben wir in Düsseldorf produziert und kommen für die Premiere nach Trier bevor wir nach Köln und Düsseldorf weiterziehen.

Sie haben nach Ihrer Studienzeit in Trier als Regieassistent am Theater an der Ruhr in Mülheim gearbeitet. „Radar“ ist Ihr erstes eigenes Regie-Projekt. Warum dieses Stück?

Es ist meine erste alleinige Regiearbeit. Mit Sebastian Bolitz habe ich 2011 in Trier bereits "Ein Hungerkünstler" nach der Erzählung von Franz Kafka inszeniert. Während der Jahre als Regieassistent am Theater an der Ruhr habe ich sehr viele Erfahrungen gemacht. Als mit der Zeit der Drang immer größer wurde, mit diesem erworbenen Regiehandwerk wieder etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, habe ich sofort daran gedacht, dass es da ja noch dieses spannende Stück gibt, das auf seine Uraufführung wartet. Ich hatte vor neun Jahren erlebt, wie Radar entstanden ist. Seit damals begleitet mich Radar und ich wollte es unbedingt auf die Bühne bringen.

Der Stoff wurde erstmals für die Bühne bearbeitet. Gab es dabei auch Überraschendes oder Unerwartetes?

Als Ensemble hat uns fasziniert, wie viele Ebenen dieses Stück besitzt: Es gibt die Geschichte einer gescheiterten Liebe, die virtuos gezeichnete Figur des Technik-Freaks, diese unvorstellbare Dimension des Totenreichs. Als Regisseur habe ich versucht, diese Vielschichtigkeit auch in der Inszenierung abzubilden. Auch die Sound-Ebene erzählt eine ganz eigene Geschichte davon, welchen Überforderungen und welchem Lärm wir uns jeden Tag aussetzen, ohne es uns bewusst zu machen.

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