Hi Malte, freut mich sehr, mit dir sprechen zu können. Soweit ich richtig recherchiert habe, werdet ihr am 27. Juli zum ersten Mal überhaupt in Trier spielen...
Malte: Ich glaub, da liegst du richtig. Bei all den Jahren verliert man zwar ein bisschen den Überblick, aber ich kann mich nicht erinnern, bisher in Trier gewesen zu sein.
Daher würde ich dich bitten, die Band Versengold einmal für diejenigen vorzustellen, die euch noch nicht kennen.
(lacht) Das ist natürlich mit meinem subjektiven Blick immer eine schwierige Aufgabe. Also Versengold gibt es ja schon relativ lange, genau genommen 15 Jahre. Wir haben uns von einer Lagerfeuergruppe zu einer ambitionierten Folk-Rock-Gruppe mit deutschen Texten entwickelt. Mittlerweile haben wir acht CDs veröffentlicht und können auch, gerade in den letzten Jahren, einigen Erfolg für uns verbuchen. Unsere Instrumentierung wird, neben einem klassischen Set, also Bass, Schlagzeug, Gitarre und Gesang, noch durch historische Instrumente wie etwa die Schlüsselfidel, auch Nyckelharpa genannt, ein Hackbrett und vieles mehr ergänzt. Wir experimentieren gerne mit neuen Elementen, das reicht dann von schwingenden Gläsern bis hin zur Konzertina. Was wir im Endeffekt mit auf die Bühne nehmen, ist dann eben eine Frage der Organisation. Zusammengefasst machen wir fröhlichen Folk-Sound, der nach vorne geht, zu dem man sehr gut tanzen und mitsingen kann und viel Spaß macht, wobei wir auch das ein oder andere nachdenkliche Stück dabei haben.
Dass es für euch etwas nachdenklicher wird und ihr euch stilistisch auch etwas von euren Wurzeln entfernt, hat man ja auch teilweise an den Kommentaren zu eurem neuesten Album Funkenflug gemerkt. Da ihr ja aus der LARP (Live Action Role Play, A.d.R.)- und Mittelalter-Szene kommt, hört man ab und an von diesen frühen Fans, dass ihr euch in Richtung Schlager-Folk verändert hättet. Nachdem ich gelesen habe, dass du dir die Bewertungen unter Videos und Platten durchaus zu Gemüte führst, würde mich interessieren, wie du damit umgehst?
Die Kommunikationskultur im Internet ist mir persönlich ja teilweise ein bisschen fremd, das schon mal vorweg. Ich lese die Sachen, das stimmt, und ich erkenne an der Stelle oft nicht nur Gemecker, sondern auch konstruktive Kritik. Die nehme ich und wir als Band dann auch auf und uns zu Herzen. Wir besprechen das, aber es muss sich halt im Rahmen halten. Bei den Hatern kann man ja wirklich nichts mehr machen. Was ich dabei interessant finde, ist die Tatsache, dass es sich bei diesen Personen irgendwie immer um die gleichen 20, 30 Leute handelt. Dementsprechend sehen wir das als winzigen Bruchteil an. Schauen wir uns dagegen die Zahlen bei unseren Tourneen an, dann merken wir, dass unsere Musik eben doch sehr wertgeschätzt wird. In einigen Städten haben sich die Kartenverkäufe verdoppelt bis verdreifacht – insofern können wir ja nicht so viel falsch gemacht zu haben. Aber vor allen Dingen, und darauf kommt es meiner Meinung nach an, machen wir Musik, die uns selbst gefällt. Wir haben 60 bis 70 Konzerte im Jahr und leben zu sechst im Tourbus, daher müssen wir voll dahinter stehen. Sonst könnten und wollten wir das auch nicht tun.
Bezüglich eurer Herkunft, so nenne ich es jetzt mal, das führt ja bei vielen Leuten eher zu Kopfschütteln, wenn sie Menschen sehen, die sich dann fürs Wochenende in ihre Gewandung werfen und in eine eigene Welt abtauchen – sei es jetzt im Mittelalterbereich oder in der LARP-Szene.Wie betrachtest du als „Insider“ diese, für Außenstehende doch recht geschlossen wirkende, Gruppe?
Ich finde nicht, dass diese Szene so geschlossen ist. Vielmehr bietet sie ja wirklich jedem einen Anlaufpunkt und nimmt neue Leute auch offen und tolerant auf. Und „Grüppchenbildung“ findet man tatsächlich überall – sei es jetzt beim Fußballverein, dem Motorradclub oder dem örtlichen Kaninchenzuchtverein. Von der Band bin ich noch der einzige, der aus dieser Ecke kommt, die anderen sind ja erst später dazu gekommen und wir spielen inzwischen viel seltener auf solchen Events. Nichtsdestotrotz ist es immer wieder sehr schön, bei Veranstaltungen wie dem
MPS (Mittelalterlich Phantasie Spectaculum, ein durch Deutschland reisendes Mittelalter Kultur Festival, A.d.R.) oder auch dem Konzertabend in Trier mit anderen Bands der Szene aufzutreten. Ich habe selten ein Genre erlebt, bei dem friedlichere und tolerantere Menschen miteinander feiern, was auch der Grund ist, warum ich die Szene sehr gerne mag.
Vermisst du es denn ein bisschen, das Auftreten auf Mittelaltermärkten beziehungsweise dass diese Gigs nicht mehr im Vordergrund stehen?
Ich vermisse jetzt keine bestimmten Veranstaltungen. Man muss ja auch sehen, dass wir mit Versengold gerade auf einem Weg sind, von dem wir noch nicht so ganz genau wissen, wo er uns denn im Endeffekt hinführt. Natürlich gibt es in der Vergangenheit sehr viele Momente, die ich nicht missen und gerne auch nochmal erleben möchte. Ich mag zum Beispiel kleine Clubkonzerte, intime Auftritte, bei denen man viel intensiver mit dem Publikum kommunizieren kann. Die sind tatsächlich sehr selten geworden und auf sowas blicke ich durchaus wehmütig zurück. Aber wir versuchen diese Kommunikation und auch die persönliche Note dann auf anderem Wege aufrecht zu erhalten – sei es durch Gespräche nach den Auftritten am Merch-Stand oder auch via Social Media. Das Publikum ist eine Art Spiegel der Musik und da merken wir eben bei den Fans eine große Diversität. Das vermisse ich zurückblickend entsprechend. Aber es waren auch harte Zeiten. Dadurch dass ich ja nach meinem Studium immer selbstständig war und man dann oft nur schwer über die Runden kam, muss man dazu sagen, dass ich es jetzt durchaus genieße, auch ein wenig Lohn für all die Mühen zu bekommen.
Das tut sicherlich gut, endlich auch finanziell unabhängiger agieren zu können?
Absolut. Ich will nicht rumheulen. Mit dem Song
Spaß Bei Saite hab ich das auch ein bisschen karikiert. Damals wohnte ich in so einer 15-Quadratmeter-Wohnung, aber das hat mir gereicht. Ich habe es mir schließlich selbst so ausgesucht, ich könnte auch ganz was anderes machen. Durch mein Studium hab ich ein Diplom in der Tasche und könnte auch ganz normal arbeiten. Doch ich möchte lieber mein eigener Herr sein. Nie träumte ich davon mit Versengold mal auf Platz zwei der Charts zu stehen. Aber jetzt ist es so gekommen und ich freu mich sehr darüber.
Vollkommen verständlich, man kann schließlich beruhigter schlafen gehen, wenn man weiß, dass alles langsam in sichereren Bahnen verläuft. Eben meintest du noch, dass ihr auch via Social Media mit euren Fans in Kontakt bleibt. Dabei sind mir vor allen Dingen eure Tourtagebücher in Video-Form aufgefallen...
Ja genau, das ist eine Art der Kommunikation. Wir machen das in erste Linie für die Öffentlichkeit, aber ein bisschen auch für uns selbst (lacht). Denn es ist immer wieder schön,
sich anzuschauen, was man vor ein oder zwei Jahren so getrieben hat. Ich bekomm auch sehr viel Post über meinen eigenen Facebook-Kanal zum Beispiel. In der Regel, wenn ich nicht gerade Urlaub habe wie jetzt die letzten Wochen, bevor es wieder auf Tour und in den Proberaum geht, dann sitze ich da wirklich dahinter und bemühe mich, alles zu beantworten. Unsere Musik ist ja sehr persönlich und das spiegelt sich auch oft in den Nachrichten wider, die ich erhalte. In meinem Rahmen versuche ich dann, entsprechend beizustehen und zu reagieren. Ich merke immer, dass damit auch eine große Verantwortung einher geht und bin sehr berührt, wie sehr unsere Musik die Leute beeinflusst oder ihnen hilft. Natürlich macht es auch Spaß, vor 15.000 Leuten auf dem M’era Luna zu spielen, aber mir selbst bedeutet es viel mehr, Songs zu schreiben und die Reaktionen der Leute zu erfahren, mitzubekommen, wie viel die Musik diesen Menschen gibt.
Funkenflug kam vergangenes Jahr auf den Markt und die Anmerkung, dass ihr auch im Proberaum seid, lässt darauf schließen, dass sich bald ein neues Album ankündigen könnte?
Ich darf ja nicht so viel erzählen, aber wir arbeiten ja immer an neuem Material. Wer uns kennt, der weiß, dass wir üblicherweise in einem Zwei-Jahres-Rhythmus releasen. Wenn wir dann genügend passendes Material zusammen haben und es sich qualitativ für uns richtig anfühlt, dann beginnen wir zu produzieren. Da muss eben alles stimmen, denn wir wollen keine Platte mit B-Seiten veröffentlichen (lacht).
Aber erstmal kommt ihr Ende Juli, genauer am 27., mit Saltatio Mortis und Feuerschwanz nach Trier ins Amphitheater. Freut ihr euch denn schon drauf und wie bereitet ihr euch auf eure Konzerte vor?
Generell freuen wir uns natürlich auf jedes Konzert. Dabei gehen wir immer von Wochenende zu Wochenende. Kommendes habe ich zum Beispiel vier Konzerte auf dem Plan stehen. Dadurch setzen wir uns am Anfang der Woche damit auseinander, schauen, wie lange wir da spielen und welche Songs auf die Setlist kommen. Auf Trier freuen wir uns gerade auch, weil es unser erstes Mal dort sein wird. Das ist immer wieder spannend, eine neue Stadt, eine neue Location zu bespielen und Leute abzuholen, die uns noch nicht live gesehen haben oder auch noch gar nicht kannten.
In euren Videos sieht man hin und wieder auch, dass ihr den Ort, an dem ihr spielt, ein wenig erkunden geht. Bleibt dafür denn genügend Zeit?
Ja, da kommt der Abenteurer in uns allen hervor (lacht). Das haben wir schon immer gemacht, wenn wir die Zeit dafür haben. Wenn wir mit dem Tourbus unterwegs sind, haben wir morgens oft Gelegenheit, einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Das ist uns auch wichtig, das mitzunehmen und ein kleiner Bruchteil davon findet dann auch den Weg in unsere Tourtagebücher. Auch in Trier werden wir sicherlich die Zeit finden, uns ein bisschen umzusehen.
Vielen Dank für das Gespräch. Ich hoffe, ihr habt viel Spaß beim Erkunden von Trier und dem anschließenden Konzert!
Foto: Martin Huch