hunderttausend.de: Ich hoffe Ihrer Tochter geht es wieder besser (Auf Grund einer Erkrankung ihres Kindes musste das Interview ein wenig verschoben werden A.d.R.)! Großen Respekt
übrigens von meiner Seite, dass Ihre Familie an erster Stelle steht.
Aber ist es denn schwierig alles unter einen Hut zu bringen?
Maite Kelly: Nein,
überhaupt nicht. Ich bin selbstständig und meine eigene Chefin. Daher
kann ich meinen Rhythmus selbst bestimmt. Ich habe etwa die Regel, dass
ich nur drei Tage lang von zu Hause weg bin. Die ganze Kreativarbeit
mache ich von daheim aus. Um auch mit dem ganzen Team immer
zusammenarbeiten zu können, haben wir uns jetzt ein größeres Haus
angeschafft. Außerhalb bin ich also tatsächlich nur für TV-Shows,
Konzerte und Promo-Termine. Ich war noch nie so lange daheim wie in den
vergangenen drei Jahren und das fühlt sich sehr gut an.
Ihr
neues Album Sieben Leben für Dich ist sehr gefühlvoll und behandelt in
vielen Songs Liebe und zeigt teilweise auch erotische Züge. Wie
entstehen bei Ihnen die Lieder? Also wie viel Maite Kelly steckt darin?
Ich
bin ja eine der Schlagerkünstlerinnen, die selber schreibt. Neben
meinen eigenen Songs texte ich auch Lieder für Kollegen wie Semino
Rossi, Roland Kaiser, Michelle oder Maria Voscania’s Ich seh nur dich
hab ich ebenfalls mitgeschrieben. Meine Sachen entspringen meiner
eigenen Inspiration, zumeist habe ich eine Art Slogan, wo dann auch die
Autorin bei mir wieder durchkommt. In der Regel ist zuerst der Text da
und anschließend die passende Melodie. Da ich meine Platte auch selbst
produziere – das heißt, ich arbeite zwar mit einer Plattenfirma
zusammen, mache eine Bandübergabe und liefere damit schon das Produkt –
kann ich für mich steuern mit welchen Partnern und Autoren ich bei
welchem Lied zusammenarbeiten möchte. Über die Jahre habe ich mir eine
Handvoll sehr guter Leute angesammelt, mit denen ich die einzelnen Songs
richtig ausarbeiten kann. Dabei gibt es aber auch Lieder,
beispielsweise Touché moi, die ich komplett alleine geschrieben habe,
weil es für mich auch schwierig war, ein solch erotisches Thema mit
jemand anderem zu bearbeiten. Bei anderen Songs, etwa Die Liebe ist
größer als das Leben für meinen Papa, da musste ich mit jemandem von
außen dran arbeiten, weil der Schreibprozess so emotional war. Jetzt
schon arbeite ich am Material für das nächste Album und sammele Ideen
und Lieder, denn ich halte es für Unsinn alles in Schreibcamps auf
einmal zu produzieren. Für mich benötigt es auch keine hundert
Songschreiber, um einen Hit zu generieren. Ich glaube, man kann nur mit
Menschen, die man liebt und wertschätzt, Musik machen. Wenn da zwei oder
mehr Top-Leute zusammensitzen, dann spornt man sich gegenseitig auch an
noch besser zu werden. Ich bin sehr froh darüber mit den besten Leuten
der Schlagerszene zusammenzuarbeiten. Nur so kann man auch den besten
Schlager des Jahrzehnts abliefern. Und all das funktioniert nur mit
echten Gefühlen, die man nicht künstlich herstellen kann. Ich hab noch
nie so ehrlich und intim geschrieben wie jetzt im Moment.
Es
klingt auch wirklich so, als würden Sie wirklich lieben, was Sie tun
und mit allem Herzblut dahinterstehen. Heutzutage ist das ja nicht oft
so.
Ich habe halt wieder zurück zu meinen Wurzeln
gefunden. Wir Kellys waren eine Folk-Pop-Band. Und guter Schlager – und
in jedem Genre und jeder Kunst gibt es gute und schlechte Produkte -
besteht immer aus Urmelodien. In meiner Kindheit habe ich durch meinen
Vater so viel Kultur erleben dürfen und Folklore aus ganz Europa
erfahren. Man nehme etwa Sieben Leben für dich, das besteht zum Beispiel
aus einer venezianischen Melodie, die nur am Piano gespielt
wirklich dramatisch klingt. Und für mich ist der Schlager eine Hommage
an die Folklore, die inzwischen eingebettet ist in moderne Sprache und
moderne Beats. Diese Urmelodien, die hier verwendet werden, dieser
Pathos, das spricht die Menschen an und berührt sie. Und jetzt ist es
einfach so, dass ich mit dem Wissen, das ich während meiner Pop-Karriere
sammeln durfte, über den Schlager zurück zur Folklore kehren kann.
Jetzt als erwachsene Frau traue ich mich wohl mehr die Liebe zu Disco
und Beat, aber auch zur Folklore zusammenführen kann. Da das letzte
Album so gut ankam, darf ich mich beim nächsten auch weiter ausleben und
noch ein wenig mehr experimentieren.
Früher haben Sie
auch in Musicals mitgespielt, etwa Hairspray mit Uwe Ochsenknecht.
Würden Sie gerne wieder zurück auf diese Bühne? Oder füllt Sie der
Schlager soweit aus, dass Sie Ihre Musicalkarriere als Schritt Ihrer
Entwicklung abgehakt haben?
In Amerika zum Beispiel ist
es ja so, dass Künstler irgendwie alles machen. Und ich sehe es ähnlich,
ich würde das nicht als abgeschlossen betrachten. Als Schreiber hat man
verschiedene Wege offen und ob man das mit Tanz, Schauspiel oder Musik
ausdrückt, es läuft alles darauf hinaus, die Liebe durch Wörter,
Melodien und auch Drama ins Herz der Menschen zu leiten. Jeder kennt
das, da gab es irgendwann mal Filme oder Bücher, die einen so
wachgerüttelt haben. Und Kunst, Schönheit und Poesie ist auch eine
großartige Waffe gegen Diktatur und all die Krisen der Welt. Man kann
einen singenden Vogel nicht davon abhalten zu singen. Man muss sich
immer daran erinnern wie schön es ist zu leben. Man braucht auch nicht
viel um ein würdevolles Leben zu genießen. Und mit Kunst und gerade
Musik kann man wirklich viel bewegen.
Daneben gibt es ja
auch einige Kindersongs und die Bilderbücher um die Hummel Bommel von
Ihnen, die übrigens wirklich schön sind. Wenn Sie an solchen Sachen
arbeiten, dienen Ihnen Ihre Töchter auch als Ratgeber oder Kritiker?
Nee,
gar nicht (lacht). Sie wissen, dass ich schreibe, aber es ist eher so
wie in dem Sprichwort „Ein guter Schuhmacher hat nie gute Schuhe“. Für
sie ist es einfach nichts Besonderes. Die Kleine, die mag die
Bilderbücher sehr gerne, die beiden Älteren denken sich so ‚Ach, die
Mama, die haben wir ja jeden Tag hier’. Vielleicht später, wenn sie
größer sind und realisieren, wie schwer es ist, ein gutes Kinderbuch zu
schreiben, dann wissen sie es sicherlich mehr wertzuschätzen. Aber das
ist so auch ganz gut. Die Kinderlieder haben sie alle gemocht, aber da
wussten sie teilweise auch nicht, dass sie von mir sind, das war halt
einfach ihre Mutter und deren Stimme. Wobei sie schon auch manchmal ein
bisschen damit angeben, wenn Freundinnen von ihnen zum Beispiel einen
Song von mir hören, dann sagen sie direkt, dass Maite Kelly ihre Mama
ist. Aber sonst hören sie eher Justin Bieber und sowas.
Demnächst soll auch neues von Hummel Bommel kommen, können Sie darüber schon was verraten?
Britta
und ich haben, als wir das Projekt gestartet haben, schon acht Bücher
im Kopf gehabt. Wir wussten von Anfang an, dass unsere Hummel eine
kleine Philosophin wird. Mit Du bist du hatten wir die Selbstfindung,
bei Um die Welt hatten wir die Suche nach dem Glück und jetzt kommt Die Hummel Bommel und die Liebe. Da behandeln wir die verschiedenen
Arten von Liebe. Und im folgenden Buch wird’s auch wieder um ein
philosophisches Thema gehen, über das ich noch nicht sprechen darf.
Außerdem arbeiten wir gerade an einer Baby-Reihe. Eine ganz eigene Geschichte, die richtig süß ist, über das ich aber leider auch nicht mehr verraten darf.
Sie
stehen Ihr ganzes Leben schon in der Öffentlichkeit und teilweise finde
ich es gruselig, was in der Presse alles preisgegeben wird. Wo ziehen
Sie Ihre persönliche Grenze? Und kann man all den Klatsch und Tratsch
irgendwann abschalten?
Naja, in Interviews erzähle ich
nicht wirklich viel Privates. Die ganzen Themen, die die Yellow Press
aufbauscht, das sind wieder ganz andere Sachen. Ich bin zwar ein sehr
offener Mensch, aber ich rede wenig über meine Kinder oder meine eigene
Kindheit. Ich denke, man muss auch nicht über alles reden. Einziges
Verhängnis wird manchmal mein Humor. Zweideutigkeiten und Ironie kommen
aufgeschrieben ganz anders an, als in einem Gespräch und dem richtigen
Kontext. Da stellt sich mir manchmal die Frage, ob ich das jetzt
ausstellen soll oder einfach so bin, wie ich nun mal bin. Aber gegen
diesen ganzen Klatsch und Tratsch kann man auch nicht viel machen. Ich
vertraue einfach darauf, dass die Leute wissen, dass das nur Gerede ist,
mit dem die Yellow Press Schlagzeilen macht.
Kommende
Woche kommen Sie dann nach Trier, genauer am 30. September. Was kann man
denn von einem Maite Kelly – Konzert erwarten?
Bei mir
heißt das Motto immer HappyTainment. Stimmliche und musikalische
Qualität stehen dabei an vorderster Stelle, ich habe eine großartige
Band dabei und gemeinsam spielen wir neue Hits, Lieder meiner Kindheit,
aber auch Songs, die mich beeinflusst haben. Ich arbeite mit
drei Elementen, mit denen ich die Leute abholen möchte: Authentizität,
Energie und Humor. Dabei läuft das alles auf ganz naher Ebene ab. Jeder
Abend ist einzigartig, aber bei mir gibt es ein Mindestlevel an Qualität
und die Messlatte liegt für mich sehr hoch. Die Leute sollen mit einem
fröhlichen, erfüllten und gestärkten Herzen nach Hause gehen. Denn es
ist Zeit, die die Menschen mir anvertrauen. Und diese Zeit ist das
Kostbarste, was man auf dieser Welt besitzt.
Vielen Dank für Ihre Zeit und viel Erfolg beim Konzert!
Tickets für die Veranstaltung am 30. September gibt es bei poppconcerts.de oder den Vorverkaufsstellen ab 27,90 Euro.
Foto: Christian Barz