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12.03.2018 Andreas Weist Simon Engelbert/PHOTOGROOVE
Luke Mockridge

Ein Kind der 90er

​Zwei Abende, zwei Shows - beide ausverkauft. Luke Mockridge war am vergangenen Donnerstag und Freitag, den 08. und 09 März 2018, in der Arena Trier zu Gast. Vor vollem Haus präsentierte er sein aktuelles Programm Lucky Man.

 
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Gleich an zwei Abenden hintereinander hatte Luke Mockridge die Arena in Trier ausverkauft. Jeweils mit fast 5000 Zuschauern. Das machte deutlich, dass er momentan zu den angesagtesten Comedians Deutschlands gehört. Eine Auswirkung seiner unermüdlichen Medienpräsenz. Das Publikum in Trier war generationsmäßig gut durchmischt. Die Ersten waren schon um 16 Uhr (drei Stunden vor offiziellem Einlass) vor der Tür, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Und so saß der 11jährige Leo mit seiner Familie ganz vorne, was ihm ein unvergessliches Erlebnis beschert haben dürfte, da Luke ihn immer wieder direkt ansprach. Eine Umfrage des Künstlers ergab, dass sehr viele Kinder der 90er Jahre im Publikum waren, aber ebenso viele „Millennials“ – wie er die ab 2000 Geborenen bezeichnete.

Der Wettstreit der Generationen wurde zum großen Thema des Abends. Und Luke, der in Bonn geborene Komiker und Autor, der in Kürze 29 wird, tat nicht viel mehr, als von seinen Kindheits- und Jugenderfahrungen zu erzählen. Die konnten viele Leidensgenossen im Publikum teilen, wie man dem von Beginn an stürmischen Applaus entnehmen durfte. Dabei hatte Luke bestimmt keine typische Kindheit, denn er besitzt die italienische und kanadische Staatsbürgerschaft, ist der Sohn von Kabarettist und Schauspieler Bill Mockridge („Lindenstraße“), und er besuchte dieselbe Schule wie die Mitglieder von AnnenMayKantereit, was ihn bis heute wurmt, da er selbst gern Rockstar geworden wäre (ein Running Gag der Show).

Luke stand von Beginn an in Dauerkontakt zum Publikum, freute sich über die anwesenden Mädels aus Luxemburg („Taschengeld: 8000 Euro brutto“) und beneidete durch den ganzen Saal hinweg alle Grundschullehrer. Die erste Stunde war reines Stand-up. Luke schlingerte durch allerlei Themenkreise. Er berichtete von Referatgruppen in der Schule und den typischen Charakteren dort. Er machte sich über Zahnspangenspeichelhochzieher und besoffene Mädels auf der Klassenparty lustig. Seine Parodien sind einfach unübertrefflich gut und aus dem Leben gegriffen. Die Kinder vom Süderhof? Alle singen mit. Der getanzte Macarena? Allemal besser als die komplizierten Dance Moves von DJ Bobo.

Wer in den 90er Jahren geboren wurde (und in den Jahrzehnten davor), kam voll auf seine Kosten. Und die anderen erlebten ein hibbeliges Referat der Seltsamkeiten. „Studenten-WGs sind wie Familien, in denen alle saufen“. Damit konnte er in Trier natürlich punkten. Überhaupt wurde die älteste Stadt Deutschlands oft zum Thema gemacht. Gibt es hier doch die meisten Prostituierten in Deutschland, da ist sich Luke sicher. Und „Lucky's Luke“, die Rockkneipe, die viel cooler ist als das „Club 11“, und in die Luke auf Vorschlag eines Zuschauers alle 5000 Anwesenden für nach der Show einlud.

Auch wenn die Show vermutlich jeden Abend in den Grundzügen gleich aussieht, versteht es Luke Mockridge zu improvisieren und Stichworte aus dem Publikum aufzunehmen und bis ins Unendliche zu verbraten. Zum Beispiel Wandtattoos: „Sieger stehen da auf, wo Verlierer liegen bleiben“. Da kann man doch was draus machen. Und es war sehr amüsant zu erleben, wie seine Gesichtszüge langsam entgleisten, als er merkte, dass dieser Spruch der perfekte Schlusspunkt für die Szene „Genervtes Mädel tröstet ihre heulsusige Freundin“ ist.

Nach 55 Minuten waren die Lachmuskeln genügend strapaziert, um sich eine kurze Pause zu verdienen. Und danach sollte auch endlich das Piano zum Einsatz kommen, das so dekorativ auf der Bühne rumstand. Luke sang für den 11jährigen Leo ein Lied für Cro, parodierte dann sehr perfekt AnnenMayKantereits „Pocahontas“ und sang mit der kompletten Arena „Lemon Tree“. Den beliebten Kinderklassiker „Hänschen klein“ gab es in Versionen à la Linkin Park, Falco und Grönemeyer.

Dann wurde es religiös: Wie erlebt man bekifft einen katholischen Gottesdienst? Und wie hat sich Netflix eigentlich zur neuen Religion entwickelt? Luke spielte Kinotrailer nach und schlug den Bogen von „The Walking Dead“ zur AFD („ohne Gehirne unterwegs“). Für Leo gab es Schokobons, sobald die Themen zu schlüpfrig wurden. Er hat viele Schokobons gegessen an diesem Abend.

Im Zugabenblock durfte Luke sich endlich seinen Kindheitstraum erfüllen und eine eigene Rockband haben. Drei leidliche Musiker (vermutlich die Roadie-Crew) bildeten seine Backing Band, Luke glänzte an der Gitarre und interpretierte ein Medley aus 90s-Songs von „Mr. Vain“ bis zur „Gummibärenbande“. Das Publikum war leidenschaftlich mit dabei, beleuchtete die Szene stilgerecht mit seinen Handys und sang aus vollem Herzen „Mutig und freundlich, so tapfer und gläubig fröhlich und frech kämpfen sie auch für dich.“

Luke Mockridge hatte die 90er im Herzen und sein Publikum im Griff. Zum ersten Mal in Trier und zweimal ausverkauft. Ein „Lucky Man“ der gerne bald wieder kommen darf.

Der Artikel erschien zunächst bei MusicHeadQuarter und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

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