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27.05.2018 Andreas Weist Simon Engelbert/PHOTOGROOVE
La BrassBanda

Wenn die Rockhal zum Bierzelt wird

​​Am gestr​igen Samstag, den 26. Mai 2018, hat Popp Concerts La Brass Banda in die Rockhal einquartiert. Die gutgelaunte Combo aus Bayern wusste das Publikum genauso wie der Trierer Support in Feierlaune zu versetzen - wer hier mit trockenem Shirt rausging, hat irgendwas falsch gemacht. 

 
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In München verkaufen LaBrassBanda inzwischen locker die Olympiahalle aus. Im luxemburgischen Esch/Alzette musste noch der Club der Rockhal herhalten, der 1200 Zuschauer fasst, aber am gestrigen Abend mal gerade zu einem Drittel gefüllt war. Das lockere Rumstehen hat durchaus gut getan – bei hochsommerlichen Temperaturen im Mai. Nass geschwitzt war am Ende trotzdem jeder, vor allem Stefan Dettl als unermüdlich agiler Sänger und Entertainer der Band, die sich momentan auf „Bierzelttour 2018“ befindet. Echte Bierzelte dürften sie dabei nicht immer antreffen, doch der Club der Rockhal hat es definitiv auch getan. Und wenn das Kondenswasser auch nicht von der Decke tropfte, so war es doch überall greifbar.

Den Anfang machten Ivan Ivanovich & The Kreml Krauts aus Trier. Diese Combo ist LaBrassBanda so ähnlich, dass die Feierstimmung im erwartungsvollen Publikum schon von Beginn an sehr hoch war. Die Bläser-Sektion besteht bei dem Oktett aus Horn, Trompete und Saxophon. Dazu gesellen sich Schlagzeug, Akkordeon und bis zu drei Gitarren. In einer Mischung aus Punk und Polka gaben sie ein ordentliches Pogo-Programm mit viel Energie und Bewegung. Zum Abkühlen zwischendurch durfte es auch mal ein langsamer Walzer sein – und dann zurück in die Vollen. 45 Minuten dauerte die mitreißende Show bis zum Finale mit „Kalinka“. Der Wodka floss in Strömen (unter anderem am Merchandise-Stand) und überhaupt dürfte der Bekanntheitsgrad der lokalen Band im Raum Trier-Luxemburg nach diesem Gig enorm ansteigen.

Dann aber LaBrassBanda mit ihrem ersten Auftritt in Luxemburg. Bei der Welttournee über China, Japan und Australien hatte man das Ländchen wohl knapp verpasst. Um so schöner, dass es jetzt endlich so weit war. Am Anfang gab es noch einige englischsprachige Versuche, um auszuloten, ob das bayrische Sprachverständnis der Anwesenden ausreicht. Und die Erleichterung war Dettl anzumerken, seine Ansagen in der Muttersprache machen zu können. Was anderes hätte er wohl kaum lange durchgehalten.

Musikalisch ist die Bläserfraktion mit fünf Leuten noch stärker als bei den Kreml Krauts. Die Besetzung aus Trompeten, Tuba und Posaunen entspricht der klassischen Bläsercombo. Hinzu kommen E-Bass und Schlagzeug. Was sie auf diesen Instrumenten erzeugen, versehen die Jungs immer mit neuen Namen: Bayerischer Gypsy Brass, Funk Brass, Alpen Jazz Techno oder andere lustige Wortkombinationen sind keine Seltenheit. Dazu fließt stets eine Prise Reggae mit ein – und auch die australischen Ureinwohner haben ihre weltmusikalischen Spuren hinterlassen.
Stefan Dettl sagte die meisten Titel mit inhaltsschweren Worten an. Das war auch dringend nötig, denn wenn er erst einmal mit seinen schnellen bayrischen Rap-Einlagen loslegte, konnte kaum ein Zuschauer den Texten folgen. Welche Energie der Sänger an den Tag legt und wie er seine Mitstreiter damit zu Höchstleistungen anfeuert, das ist schon phänomenal. Wie hatte ein Modedesigner mal zu ihm gesagt? Kein graues T-Shirt, sonst sieht man die Schweißflecken? So ein Schmarrn – wer bei diesem Gig am Ende nicht tropfnass ist, hat was falsch gemacht.

Es gab Stücke wie „Ujemama“ für die Fan-Oma in Brasilien, die leider zu spät zum Konzert kam und daher eine halbe Stunde lauthals Zugabe forderte. Der „Bayrische Techno“ fing gemütlich an und steigerte sich bis zur Stakkato-Ekstase. „Bauer Bauer“ wurde als Hommage an alle kleinen Bauern gespielt, die den großen Höfen Paroli bieten müssen. „Johnny“ war ein kongenialer Reggae für die Tuba. Stefan Huber, der dieses Instrument spielt, durfte auch seinen Song „Australien“ mit Didgeridoo-Anleihen zum Besten geben.

Es gab Songs zum Schwitzen, Tanzen und Mitsingen. „Cadillac“, „Autobahn“, „Alarm“. Beim Blasmusik-Yoga konnte der ganze Saal noch im Stehen mitmachen. Für die Soul- und Freestyle- Party war aber Bewegung angesagt: Alle nach links drehen, acht Schritte vor, acht Schritte zurück. Alle machten mit. Selbst der resistente Smartphone-Block an der hinteren Hallenwand konnte sich der Energie des Moments nicht entziehen. Und die Band genoss es sichtlich, in Luxemburg ein enthusiastisches Publikum vorzufinden.

Das Ergebnis des Champions League Finales wurde per Papptafel bekannt gegeben, war aber mehr als nebensächlich. Hier war Feiern angesagt. Zum verkappten Fahrrad-Song „Holland“ und zum Sehnsuchts-Hit „Nackert“ („I fahr mim Bulldog in de Wiesn, leg mi nackert an mein See“). Zwei Stunden hatte die Band schon Vollgas gegeben, als zum Finale „Rhythm Is A Dancer“ in einer fulminanten Blasmusik-Version erklang. Dettls T-Shirt war durch und durch nass und das Publikum bedachte das Engagement der nimmermüden Band enthusiastisch mit einem Riesenjubel, der die Wände wackeln ließ. Zum Abschluss gab es nur noch „Opa“ als Zugabe und Dettl verabredete sich mit den Zuschauern zum Bier nach dem Konzert. „Aber erst duschen“, meinte er.

Der Artikel erschien zunächst bei MusikHeadQuarter und wurde uns mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt. 


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