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16.10.2017 Julia Nemesheimer  
Eine Familie: Dezember in der Eifel

Familien-Horror

​Am vergangenen Samstag, den 14. Oktober 2017, fand die zweite Aufführung des aktuellen Stückes des Katz-Theaters statt. Eine Familie: Dezember in der Eifel bringt mit enormer Spielfreude und einem gewissen Grad an Komik die Tragödie der Einsamkeit auf die Bühne. hunderttausend.de hat sich das Schauspiel angesehen.

 
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​Die liebe Familie. Die eigene ist immer schon ein absurder Haufen, doch das Katz-Theater zeigt, dass schlimmer doch immer geht: Viola lebt mit ihrem Mann Gerhard in der Eifel in einem verfallenden, viel zu großen Haus. Während sie mit Mundhöhlenkrebs, Psychosen und Tablettensucht kämpft, hat der ehemals erfolgreiche Poet ein Problem mit Alkohol. Eines Tages stellt Gerhard die polnische Haushaltshilfe Ewa ein und verschwindet kurz darauf. Aus diesem Grund kommen die Töchter des Paares zurück in die Heimat. Iris, das stille Mauerblümchen, die in der Gegend wohnt und sich öfter um die Mutter kümmert, die gebildete und erfolgreiche Barbara, die mit ihrer Familie anreist und Karin, die Ausgeflippte der Familie, die ihren Verlobten mitbringt. Hinzu kommt noch die Schwester von Viola, Magdalena nebst Gatte und Sohn. Kurz nach der Anreise und dem ersten Durchschimmern von tief liegenden Problemen und Konflikten zwischen den einzelnen Familienmitgliedern stellt sich heraus, dass Gerhard tot ist. Die darauf folgende Totenfeier ist der Moment, in dem all diese innerfamiliären Querelen ausbrechen. Psychospielchen und Geheimnisse, die nie ans Licht gekommen sind, beherrschen die Szenerie und enden in einem gewaltigen Knall.

Das Katz-Ensemble hat sich für diese Saison an die preisgekrönte Tragikomödie von Tracy Letts gewagt. Für das 2007 geschriebene Stück August: Osage County wurde der Autor unter anderem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, 2013 wurde es mit Meryl Streep in der Hauptrolle verfilmt. Für die Aufführung in der Tufa wurde das Werk in die Eifel verlegt und spielt jetzt im Dezember, die Namen wurden angepasst und mit einem großartigen Ensemble besetzt. Die freie Theatergruppe bringt das konfliktgeladene, chaotische Stück mit einer enormen Begeisterung auf die Bühne - die Schauspieler und Schauspielerinnen gehen in ihrer jeweiligen Rolle auf, spielen sich gegenseitig Bälle zu und fangen kleine Patzer blitzschnell auf. Am Ende ist nicht nur die Familie und das Porzellan zerstört, im Eifer des Gefechts musste gar die Bühne ein wenig leiden. Tanja Wolf spielt die Viola in ihrer Sucht und ihren hinterhältigen Psychospielchen mit einer umfassenden Präsenz, Tanja Finnemann als Barbara steht ihr als charakterlich wohl ähnlichste Tochter gegenüber und inszeniert als eine der Regisseurinnen nicht nur die gesamte Aufführung, sondern auch ihre Figur mit einer mitreissenden Energie. Für die Dramaturgie und Regie im Team mitverantwortlich waren außerdem Thora Kleinert, Andreas Scherf und Anna Schönwälder-Knauf. Auch das restliche Ensemble, das Generationen von Mitte 20 bis Mitte 70 auf und vor die Bühne lockt, bietet eine sehr gute Performance, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Noch gibt es einige Karten für die beiden (voraussichtlich) letzten Aufführungen am 21. und 29. Oktober. Der gesamte Erlös der ersten Aufführung am 01. Oktober 2017 geht übrigens dieses Mal an Auryn Trier. Der Verein unterstützt Kinder psychisch kranker Eltern, eine Spende auch bei den kommenden Veranstaltungen und darüber hinaus ist gerne gesehen.

Foto: Wolfgang Claus, Fotostudio64

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