hunderttausend.de: 14 Oscarnominierungen, sechs davon
wurden gewonnen, zwei Stück gab es allein für die Musik. Wie fühlte
sich das an?
Justin Hurwitz: Absolut großartig. Es ist solch eine
Ehre. Allein die Nominierungen bedeuten in dieser Branche so viel.
Denn es heißt, dass all unsere Bemühungen und unsere harte Arbeit,
die wir in den Film gesteckt haben, wertgeschätzt werden.
Und jetzt? Generieren diese
Auszeichnungen mehr Druck oder helfen sie Euch weiter, indem einiges
durch die positive Reputation einfacher wird?
Es öffnet einige Türen, aber es
schafft natürlich auch Druck. Man will immer besser werden und ich
möchte auch sicherstellen, dass mein nächstes Musikprojekt
mindestens genauso gut wird, aber eher das bereits dagewesene noch
übertrifft. Entsprechend arbeite ich an meinem nächsten Projekt
noch härter, denn ich möchte mich am Ende nicht so fühlen, als
hätte ich nicht genug dafür getan. Und so sitze ich am Piano in
meinem Studio und versuche etwas noch Besseres zu erschaffen.
Dein nächstes Filmprojekt wird erneut
mit Damien Chazelle sein. Es scheint fast, als würdest du
ausschließlich mit ihm zusammenarbeiten. Wie kommt das?
Ja, bisher habe ich nur mit Damien
gearbeitet. Und das füllt mich halt ziemlich aus. Im Frühling hat
er damit angefangen, den neuen Film vorzubereiten und ich habe mich
entsprechend an die Musik dafür gesetzt. So lange Damien also ein
Projekt hat, mit dem ich mich identifizieren kann, dann arbeite ich
daran. Ich möchte meine Aufmerksamkeit nicht splitten, sondern alles
da reinstecken. Das heißt nicht, dass ich nicht offen für neue
Projekte mit anderen Leuten bin, aber dafür muss das Timing und die
Gelegenheit passen.
Wenn ihr beide zusammenarbeitet, wie
kann man sich das vorstellen? Bekommst du das Drehbuch und setzt dich
dann daran, die passende Musik zu kreieren?
Ja, genau. Er schickt mir das zu und
dann arbeite ich damit.
Wie lief das bei La La Land? Die
Realisierung des Films hat ja einige Zeit in Anspruch genommen.
Das hat ziemlich lange gedauert. Die
frühen Ideen und ersten Kompositionen hatte ich, als Damien am
Drehbuch gearbeitet hat, das war 2011. Seitdem haben wir daran
gearbeitet bis 2016. Insgesamt habe ich hunderte Demos aufgenommen,
um die richtige Melodie zu finden. Und als wir endlich die passende
rausgepickt hatten, mussten die nochmal an die Stimmen der Sänger
und für das Orchester angepasst werden.
Die Texte sind ja nicht von dir
geschrieben, sondern im Fall von La La Land von Pasek & Paul. Ist
das für dich ein normaler Vorgang, dass andere Leute die Lyrics
verfassen oder würdest du es lieber selbst machen?
Beim ersten Film, den Damien und ich
zusammen gemacht hatten, das war Guy and Madleine on a Park
Bench, ein Musical, da hab ich die Texte auch nicht geschrieben,
sondern Damien. Das ist recht normal für mich, dass jemand anderes
die Wörter hinzufügt. Jetzt war es erstmals nicht Damien selbst,
sondern eben Pasek & Paul. Es ist immer spannend, mit anzusehen,
wie die Songs vervollständigt werden. Aus den Melodien werden
Geschichten, die zum Film passen. Und damit wurde dieser eben auch
vollendet und zu dem Gesamtwerk, dass er jetzt ist. Für mich ist das
also vollkommen in Ordnung.
Kommen wir jetzt zum Grund, warum wir
das Gespräch überhaupt führen: Am 20. Oktober 2017 kann man in
Luxemburg in der Rockhal La La Land sehen. Das Besondere daran ist,
dass ein Symphonieorchester live die Filmmusik dazu spielt. Warum
sollte man sich das ansehen und nicht einfach zu Hause auf der
gemütlichen Couch den Film schauen?
Es ist eine ganz andere Art, den Film
zu sehen. Eine ganz neue Erfahrung, die insbesondere die Musik in den
Vordergrund stellt. Man weiß die Musiker und auch das musikalische
Handwerk ganz neu zu schätzen. Und damit meine ich die große Kunst,
mit der die anwesenden Künstler ihre verschiedenen Instrumente zum
Klingen bringen. Es gibt emotionale orchestrale Kompositionen und
technisch beeindruckenden Jazz im Film. All das live zu sehen, dürfte
jeden ansprechen, der gerne klassische oder symphonische Konzerte
besucht, aber auch Leute, die damit gar nichts zu tun haben und Musik
allgemein sehr zu schätzen wissen.
Hast du für die orchestrale Version
denn was geändert? Oder hast du überhaupt keinen Einfluss darauf,
was die einzelnen Orchester spielen?
Es ist
grundsätzlich dieselbe Musik wie im Film. Ein Unterschied liegt in
einigen der Jazz-Stücke. Dort gibt es für die Orchester die
Möglichkeit für Improvisationen, sie müssen sich also nicht streng
an die Vorgaben halten, denn darum geht es ja beim Jazz. Außerdem
gibt es eine Overtüre. Das ist das erste Musikstück, dass ich 2011
für La La Land geschrieben hatte. Beim Schneiden des Films fünf
Jahre später haben wir dann aber festgestellt, dass dieses Stück zu
viel Zeit einnimmt, man lernt die Charaktere dadurch erst zu spät
kennen. Darum ist es im Film nicht mit drin. In dieser Version kann
man es aber voran setzen und damit ist dieses Werk auch dabei.
Außerdem gibt es noch ein zusätzliches Stück, dass ich erst diesen
Frühling geschrieben habe. Man kann also gespannt sein.
Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit den kommenden Projekten!
Tickets für die Veranstaltung sind ab 56 Euro zuzüglich Gebühr über die Rockhal oder lokale Vorverkaufsstellen erhältlich.
Foto: studiocanal