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28.05.2018 Julia Nemesheimer  
Hedwig and the Angry Inch

Hedwig in Trier

​​​Am 04. Mai 2018 feierte das Musical Hedwig and the Angry Inch im Kasino am Kornmarkt Premiere. Das turbulente Zwei-Personen-Stück (plus Live-Band) wird in Trier von Manuel Schmitt inszeniert und ist bis Anfang Juli zu sehen.

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Hansel Schmidt wächst in der DDR auf. Der androgyne Junge hat keine einfache Kindheit und daran ändert sich auch nichts, als er den hier stationierten GI Luther kennenlernt. Um aus der einengenden Republik zu entfliehen, willigt Hansel in die Heirat mit seinem ‚Suggar Daddy’ ein, wofür er jedoch zunächst zur Frau werden muss. Dummerweise erweist sich der Chirurg nicht nur als besoffen, sondern zusätzlich als gänzlich unfähig und mit miserablen Equipment ausgestattet, sodass es zum namensgebenden „Angry Inch“ kommt. Nach der misslungenen Geschlechtsoperation steht Hedwig zwischen den Stühlen – nicht ganz Frau, aber eben auch biologisch kein Mann mehr.
1989 ist sie allein und verlassen von Luther in den USA, lebt in einem Trailerpark und hält sich mit Babysitter-Jobs und anderen Dienstleistungen über Wasser. Sie lernt den Jungen Tommy Speck kennen und lieben, bringt ihm alles über Musik bei und schreibt ihm, dem sie den Künstlernamen Tommy Gnosis verpasst hat, Glam-Rock Songs. Doch sie wird erneut betrogen und erzählt jetzt ihre Geschichte der ‚weltweit ignorierten Chanteuse’, eine Rock-and-Roll-Drag-Queen, die gemeinsam mit ihrer Band und Ehemann Yitzhak durch die Theater reist und auch in Trier auftritt.

Das Transvestiten-Musical kommt mit einer ungeheuren Power auf die Bühne, was in erster Linie sicherlich an den Darsteller*innen liegt. Norman Stehr als Hedwig und Sybille Lambrich als Yitzhak wirbeln über die Bühne, durch das Publikum und sprühen in ihren jeweiligen Rollen vor Spielfreude, die mitreißend ist. Die 90 Minuten Spieldauer sind im Nu vorüber. Die innere Zerrissenheit der Hedwig, ihre Verletzlichkeit aber gleichzeitig ihr sarkastischer Umgang mit ihrem Leben und ihrer Rolle als Künstlerin nimmt man Stehr in jeder Minute ab.
Auch das Gesamtkonzept mit einer kleinen Zeitung, die einige Hintergrund-Infos offenbart, und auch der Spielort überzeugen. Einzig die Akustik war, zumindest bei dieser Aufführung, teilweise suboptimal. Insbesondere in den lauten, rockigen Momenten (und davon gibt es einige), wenn Stehr und Lambrich im Duett singen, gab es Probleme die Texte zu verstehen. In den ruhigeren Parts wurde dies aber definitiv wieder ausgebügelt. Wer sich auf das Stück einlässt, wird sicherlich übereinkommen, dass es zu Recht mit vier Tonys, vielen Nominierungen und weiteren Preisen bedacht wurde. So überzeugt auch die Trierer Version mit einem kurzweiligen Abend und hervorragendem Cast.


Weitere Termine:

Dienstag, 29. Mai 2018, 19:30 Uhr

Montag, 04. Juni 2018, 19:30 Uhr

Dienstag, 12. Juni 2018, 19:30 Uhr

Sonntag, 01. Juli 2018, 21:00 Uhr

Foto: Simon Hegenberg

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