Film der Woche
27.07.2017 hunderttausend.de  
Dunkirk

Überleben

​Der Krieg ist ein furchtbares Unterfangen - Christopher Nolan hat dies mit Dunkirk auf die Leinwand gebannt. Das Rennen ums Überleben, bei dem etliche auf der Strecke bleiben, und Verzweiflung beim Kampf gegen den Tod wurden selten so eindringlich festgehalten. Unser Film der Woche. 

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1940 sitzen rund 400.000 Soldaten der britischen und alliierten Truppen vom Feind eingeschlossen am Strand bei und in Dünkirchen fest. Es ist eine schier aussichtslose Situation, die der Film aus drei Perspektiven beleuchtet: zu Land, zu Wasser und aus der Luft. Während die Royal Air Force den Feind am Himmel attackiert, um die Männer am Boden zu schützen, beginnen zu Wasser Rettungsaktionen in kleinen Booten von Soldaten und Zivilisten, die in diesem Wettlauf gegen die Zeit ihr Leben aufs Spiel setzen, um ihre Landsmänner zu retten. Gleichzeitig werden von den Feinden viele Schiffe versenkt. An Land versuchen die Soldaten es auf eines der rettenden Boote zu schaffen, die zum Teil auch nur in den Tod führen. 

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Star-Regisseur Christopher Nolan wird aktuell von den Kritiken weltweit hochgelobt für sein Spektakel, das viele in mehrerer Hinsicht für oscarwürdig halten. Dabei ist es kein Historienfilm im eigentlichen Sinne. Vielmehr wird das Publikum mitten hineinkatapultiert ins Geschehen, erklärt werden die Hintergründe kaum, man sollte also schon grob wissen, was 1940 in der französischen Küstenstadt vorgefallen ist. Für Briten dürfte das keine große Herausforderung sein, denn dieses Ereignis war einschneidend für das Inselvolk und ist entsprechend noch immer im Gedächtnis. Im deutschen Geschichtsunterricht wird diese Schlacht, die vom 26. Mai bis zum 5. Juni 1940 dauerte, kaum behandelt. Ohne viel vorzugreifen, handelte es sich bei Dünkirchen um den letzten Brückenkopf, der den Briten und Alliierten blieb, während die Deutschen ihren Westfeldzug weiter fortführten. Eingekesselt verteidigten die Truppen den Stützpunkt zumindest so lange, bis im Rahmen der Operation Dynamo immerhin 330.000 Soldaten evakuiert werden konnten. Am Ende ist es dennoch ein Sieg für die deutsche Wehrmacht, welche die Stadt am 4. Juni einnahm. 

Wichtig für die britische Moral ist an dieser Stelle jedoch der Zusammenhalt und die von Militär und Zivilbevölkerung durchgeführte erfolgreiche Evakuierung des Großteil der eingekesselten Truppen. Ein Sinnbild, das noch heute gerne ins kollektive Gedächtnis gerufen wird. Deutlich wird dies unter anderem in Anbetracht an der Filmflut, die kurz vor dem Brexit mit eben dieser Thematik hantiert: Nicht nur Nolans filmisches Meisterwerk, sondern auch Ihre Beste Stunde und diverse Churchill-Verfilmungen - Churchill und Darkest Hour - greifen genau diesen historischen Moment auf. 

Dunkirk von Christopher Nolan jedenfalls macht es sich eher zur Aufgabe, das Wettrennen gegen die Zeit und den Tod einzufangen ohne dabei den moralisierenden Zeigefinger zu erheben oder das Geschehen aus der Perspektive eines Helden oder von Kriegsherren einzufangen. Seine Figuren sind fast alle namenlos, man weiß fast nichts über sie, es gibt keine richtige Zukunft, keine Vergangenheit, nur der Moment in dieser kurzen Zeitspanne zählt. Es gibt wenige Dialoge, man meint fast, in einem Stummfilm zu sein. Allgegenwärtig ist dagegen die Musik von Hans Zimmer: "Die Tonspur tickt und wummert und schmeichelt und droht und schwillt an und schwillt ab, pitcht hoch, zieht sich ins kaum Vernehmliche zurück und schnellt wieder daraus hervor. Der Score konkurriert mit Motoren- und Bombengeräuschen, verstärkt oder konterkariert sie oder macht sein eigenes Ding. Diese Musik verhält sich wie ein lebendiges Wesen im ständigen Dialog mit Bild und Geschehen", heißt es im Spiegel. Im Gegensatz zu anderen Filmen gibt es keine Pause, man fühlt sich beständig unter Beschuss, was Nolan durch seine unterschiedlichen Perspektiven und einen Kunstgriff unter einen Hut bringt, so filmstarts.de: "Die Ereignisse an Land spielen sich innerhalb einer Woche, die auf See innerhalb eines Tages und die in der Luft innerhalb einer Stunde (so lange reicht der Treibstoff einer Spitfire) ab – doch was kompliziert klingt, entwickelt auf der Leinwand eine ganz einfache, unwiderstehliche Dynamik und verwandelt sich in homogene Action wie aus einem Guss." Zudem ist der Feind nie physisch zu sehen, die deutschen Soldaten existieren nur im Off. Dazu gibt es, wie schon erwähnt, keinen richtigen Überblick, niemand weiß genau, was gerade passiert. "Wenn Offiziere über die Gesamtlage reden, dann nur das Allernötigste, und sie werden auch nur in den Film eingeführt, weil Tommy und andere einfache Soldaten ihr Gespräch heimlich belauschen. [...] Nicht mehr zu sein als ein Rädchen im längst kaputten Getriebe - dieses Gefühl ist es, das Christopher Noland hier sucht", schreibt die Süddeutsche

In Kooperation mit dem Broadway Filmtheater präsentieren wir regelmäßig den Film der Woche. 

Foto: Warner Bros. 

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