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08.04.2019 Jana Ernst Veranstalter
Der Kitzel der sexuellen Genügsamkeit

"Die ist ja schrullig!"

​Am vergangenen Samstag feierte das Katz-Theater die Premiere des Frühjahrsstücks Der Kitzel der sexuellen Genügsamkeit. hunderttausend.de hat sich die Inszenierung ganz genau angeschaut.

 
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​Grundlage für das etwa zweieinhalbstündige Stück ist Adey Ramsels Komödie The Thrill of the Chaste, die hier zum ersten Mal in deutscher Fassung zu sehen ist. Vordergründig geht es um die zum Scheitern verurteilte Beziehung zwischen Lucy (Corinna Moors) und Danny (Joshua Greif), die zwei Wochen vor ihrer geplanten Hochzeit bemerken, dass sie um Himmels Willen nicht den Rest ihres Lebens mit dem jeweils anderen verbringen wollen. Ginge es nach Danny, wäre die Geschichte an dieser Stelle bereits zu Ende. Lucy jedoch fürchtet den Gesichtsverlust vor ihrer Mutter und schmiedet einen Plan, alle Schuld auf ihren Doch-Nicht-Zukünftigen abzuwälzen, der ​widerwillig zustimmt. Was entsteht, ist ein wirrer und schriller Strudel an Ereignissen, der neben den zwei Protagonisten auch Lucys Mutter Una (Tanja Finnemann), ihre Schwester Lizzy (Anna-Lena Heib) - ihres Zeichens „Escort Model“, Dannys Vater Alan (Andreas Scherf) und die völlig verunsicherte Faye (Claudia Willems) ergreift.

In der Pause, nach dem ersten Teil des Stücks, hat man zwar sehr viel gelacht – außer man hegt eine grundsätzliche Aversion gegenüber flachen Witzen und schwarzem Humor – bleibt aber zugleich ein wenig ratlos. Was soll aus diesen hochstilisierten Charakteren werden, die sich immer tiefer in haarsträubende Situationen manövrieren? Und was verheimlichen sie vor einander und vor den Zuschauern?

Nach der Pause schlägt der Tenor des Stücks schlagartig um: Was vorher eine schrille Komödie mit wenigen ernsthaften Szenen war, verwandelt sich nun ins Gegenteil. Und so bleibt dem Zuschauer das Lachen des Öfteren im Halse stecken, wenn Alan plötzlich wieder einen völlig deplatzierten Auftritt hinlegt oder Faye sich zum zwölften Mal ohne Grund entschuldigt, während gerade jemand sein Innerstes nach außen kehrt. Am Ende blickt man zurück auf diese bewusst stereotypen Figuren, ihre Probleme und oft absurden Bewältigungs-Strategien und kann endlich den Spiegel erkennen, den Ramsel unserer Gesellschaft vorhält. So amüsiert man sich zu Beginn zum Beispiel völlig unreflektiert darüber, wie der an Sex herzlich wenig interessierte Danny vergeblich versucht den Avancen der weiblichen Figuren zu entgehen. Plötzlich fällt es dann wie Schuppen von den Augen, dass sein Schicksal mit vertauschten Geschlechterrollen ganz anders wirken würde.

Während Greif und Moors zu Beginn ein paar Minuten brauchen, um ganz in ihre Rollen zu finden, überzeugt Andreas Scherf ab der ersten Sekunde als ebenso schrulliger wie lüsterner Charakter, dessen irritierendes Lachen wohl noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Rückblickend lässt sich also festhalten: Diese schwarze Komödie ist nichts für schwache Nerven.


Über die Regisseurin:

Der Kitzel der sexuellen Genügsamkeit ist das Regie-Debüt von Julia Genter. Sie erklärt, sie ​habe The Thrill of the Chaste quasi zufällig gelesen und sofort gewusst, dass sie dieses Stück auf die Bühne bringen will. Nach der Premiere am Samstag zeigte sie sich dann auch sichtlich begeistert und vor allem stolz auf „ihre“ Schauspieler. An dieser Stelle noch einmal Herzlichen Glückwunsch vom hunterttausend.de-Team zur gelungenen Premiere.


Das Stück wird noch vier mal in der Tuchfabrik aufgeführt:

  • 10. April: 19:00 Uhr​​​​
  • 13. April: 19:00 Uhr
  • 14. April: 17:00 Uhr
  • 18. April: 19:00 Uhr

Tickets kosten im Vorverkauf bei Ticket Reg​ional​ 14,00 Euro (12,00 ermäßigt) und an der Abendkasse 15,00 Euro (13,00 ermäßigt). ​​

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