Interviews
17.06.2017 Vincenzo Sarnelli Veranstalter
Dave Hause im Exhaus Trier

Risiken, die es wert sind

In einem Review hieß es zur neuen Platte von Dave Hause, er habe das "Flanell-Hemd" abgelegt und ist mit seiner neuen Platte "Burry Me In Philly" unter die Rocker gegangen. Vor seinem Konzert im Exhaus Trier am 29. Juni 2017, sprachen wir mit dem Amerikaner über die besondere Beziehung zu seinem Bruder Tim, der ihn auf Tour begleitet, seine neue Platte und das sprichwörtliche Flanell-Hemd. 

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hunderttausend.de: Dave, im Titel-Song deines neuen Albums "Burry me in Philly" heißt es: "Give my '65 to Tim and dry my sisters eyes". Die Beziehung zu deinem Bruder Tim ist eine Besondere. Er geht auch mit dir zusammen auf Tour und spielt Gitarre. Was bedeutet es dir, mit ihm zusammen Musik zu machen?

Dave Hause: Tim auf Tour mitzunehmen, diese musikalische Beziehung zu fördern und sogar mit ihm beim Album zusammen zu arbeiten, ist eines der besten Dinge, die ich in in meiner musikalischen Karriere erfahren durfte. Wir haben so viel gemeinsam, aber aufgrund unseres Altersunterschied sehen wir Dinge auch unterschiedlich. Er zeigt mir neue Perspektiven und es macht viel Spaß mit ihm abzuhängen oder Songs zu schreiben und Musik zu machen.

Anfang Mai hast du in einem bewegenden Facebook Post beschrieben, dass ihr viele gemeinsame Bands hattet und euch das geholfen hat in einer schweren Zeit, als eure Mum an Krebs gestorben ist. Kannst du uns erzählen, wie das in dieser schweren Zeit zwischen euch war? Und hat das Einfluss auf eure Beziehung heute?

Uns trennen ja 15 Jahre. Jetzt, als Erwachsene, ist das nicht mehr als eine Fahrt um den Block, aber als unsere Mutter krank wurde, war er elf Jahre alt. Es war schwer miteinander zu kommunizieren, vor allem mitten in der Trauer. Was sagt man einem elfjährigen Kind, dessen Mutter an Krebs gestorben ist? Wir haben in der Musik eine gemeinsame Basis gefunden, über Songs kommuniziert und Alben ausgetauscht. All das ist Teil unserer Beziehung heute. Das ist ein Level von Intimität und Trost, der sofort da ist, wenn wir uns sehen.

Wow. Wirklich bewegend und ich finde man spürt das auch, wenn ihr auf der Bühne seid. Lass uns über dein Album sprechen. Ich habe ein interessantes Review zu deinem Album gelesen, in dem es sinngemäß hieß, dass du das sprichwörtliche Flannel-Hemd vom Vorgänger „Devour" gegen eine rockige Leder-Jacke getauscht hast. Würdest du dem zustimmen?

Nicht wirklich. Devour ist eine Rock-Platte durch und durch. Ich war meistens nur mit meiner Akustik-Gitarre, einer E-Gitarre und einem Piano auf Tour. Und ich denke, dass diese Beschreibung, die du gefunden hast, mehr damit zu tun hat, dass ich jetzt „The Mermaid" mit auf Tour habe. Die Rock-Show ist also jetzt wirklich eine, statt einer Performance mit limitiertem Arrangement.

Einer meiner Lieblingssongs auf dem neuen Album ist „The Flinch". Du singst: „Regret is like a street beat down". Gibt es Dinge, die du bereust und heute anders machen würdest, wenn du könntest?

Na klar, wer hat das nicht? Dieser Song hat mehr damit zu tun, sich selbst durchzukämpfen gegen die Widerstände, die sich im Leben entwickeln. Einen Weg zu finden weiter zu machen und diesen Zweifeln und „Was wäre wenns" des Lebens keine Chance zu geben dich daran zu hindern deine Träume zu verfolgen.

Du singst auch, dass du nicht mehr „flinchst", also zurückweichst. Was gibt dir diese Kraft und das Selbstbewußtsein, das so klar zu formulieren?

Die Leute in meinem Leben, die ich glücklicherweise um mich herum habe. Meine Familie, meine Freundin, meine Band und die Leute, die meine Musik mögen und unterstützen. Zu wissen, dass wenn ich ein kreatives Risiko eingehe und es vielleicht nicht funktioniert, diese Leute trotzdem da sind. Das gibt mir den Mut bissig zu sein, gepaart mit hoffentlich genug Weisheit zu wissen, welche Risiken es wert sind in Kauf genommen zu werden.

Würdest du sagen, dass das Album auf irgendeine Art auch ein Konzept-Album ist, weil Philly immer wieder Thema ist?

Das Thema zieht sich schon durch aber es ist kein Konzept-Album per se. Das andere Thema, dass seinen Weg zwangsläufig ins Album gemacht hat, war „sich zu verlieben". Das ist also auch stark verwoben mit den Songs.

Viele sagen dir eine „Hass-Liebe" zu deiner Heimatstadt Philadelphia nach…

Ich denke jeder hat eine Hass-Liebe zu seiner Heimatstadt. Ich weiß, dass ich niemals in Philadelphia bleiben wollte und doch war es irgendwie schmerzvoll weg zu gehen. Als ich in Kalifornien gelebt habe für eine Weile, habe ich mich ähnlich gefühlt wie in Philly. Und mir wurde klar, dass vielleicht nicht die Städte das Problem sind, sondern ich. Das ist im Song „Helluva Home" gegipfelt. Es ist hart zu bleiben, aber auch hart zu gehen.

Du spielst Ende Juni in Trier. Du warst sogar schon mal hier. Zum Beispiel 2012 im Exhaus als Support von Laura, damals Tom, Gabel. Kannst du beschreiben, wie du dich fühlst, wenn du ein bisschen zurück schaust in diesen fünf Jahren? Es ist immerhin viel passiert seitdem.

Das war eine spaßige Show. Aufregend wieder nach Trier zu kommen und ne Show zu spielen. Ich glaube The Mermaid wird die Stadt mögen. Wir haben eine Menge getourt dieses Jahr als Support von anderen Bands. Es wird großartig auch nochmal eine Headline-Show zu spielen. Wir sind eigentlich immer ziemlich Feuer und Flamme, wenn wir die Chance haben in Deutschland zu spielen, da bildet Trier keine Ausnahme. Wir freuen uns und sehen uns dort.

Dave, vielen Dank für das bewegende und aufschlussreiche Gespräch. Wir wünschen dir viel Spaß und eine gute Show!


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