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05.03.2017 Vincenzo Sarnelli Vincenzo Sarnelli
Die Broilers in der Arena Trier

Meine Sache, mein Problem

​Die Broilers sind zurück. Nicht nur, dass vor knapp einem Monat das neue Album "[sic]" erschien, derzeit befindet sich die Band auch auf ausgedehnter Deutschland-Tournee. Am gestrigen Samstag, den 04. März 2017, machten die Düsseldorfer Halt in der Arena Trier. Es wurde eine rauschende Party.

 
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​Was muss das für ein Gefühl sein? 7000 Menschen vor der Bühne und beim ersten Ton des letzten Lieds geht ein Raunen durch die Arena. Die Fans schmettern den Refrain von "Meine Sache" so laut, dass die Band fast übertönt wird. Überall sind Handys, Fäuste und an der entsprechenden Stelle die Mittelfinger zu sehen. „Meine Sache, Mein Problem. Ich werd nicht untergehen. Statt der weißen Fahne, werdet ihr meinen Mittelfinger sehen“. Wahnsinn. Gänsehaut. 

Für die Broilers ist dieser Hit vom Album „Vanitas“ im Jahr 2007 Gold wert. Auch wenn dieser eigentlich nie als Single erschienen ist. Doch es ist die Hymne schlechthin auf jedem Konzert der Broilers. Und so durfte sie auch in Trier nicht fehlen. Grundsätzlich täuscht die Atmosphäre bei den Broilers, die einst als Oi-Punk-Band gestartet waren und heute, ohne ihre Wurzeln vergessen zu haben, massentauglichen Punk-Rock-Ska-Mix machen, etwas darüber hinweg, dass die Songs der Band oft sehr ähnlich aufgebaut sind. Hymnenartige Refrains, eine eingängige Gitarrenlinie und hämmernde, treibende Drums. Kritiker könnten es stumpf als Deutschrock bezeichnen. Doch am Ende ist es mehr als das. Auch weil Sänger Sammy Amara mit Worten und Habitus dazu beiträgt, dem Ganzen eine gewisse Coolness und Haltung zu verleihen. 

Nämlich entgegen vieler anderer Deutschpunk-Bands ist es den Broilers gelungen sowohl politisch klar zu machen, wo sie stehen, als auch musikalisch ein breites Publikum von jung bis alt zu erreichen. Einfache Botschaften, nicht besonders verkopft, dafür eingängig und klar aufbereitet. Songs wie „Keine Hymnen“ oder "Als das alles begann" kündigt Amara mit klaren Statements gegen den Rechtsruck in der Welt an und richtet die Worte auch an die Kritiker der Band: „Wir werden immer unser Maul aufmachen gegen Rechts, wir können gar nicht anders“. Mit seiner Art und Weise die Songs anzusagen und das Konzert zu begleiten, trägt der Sänger stark zur emotionalen Stimmung in der Halle bei. 

Den Abend eröffnet hatten die Amerikaner von "Tiger Army", die ihre Musik als Psycho-Rockabilly bezeichnen. Was grundsätzlich eine hörenswerte Angelegenheit sein könnte, immerhin spielt die Band mit Kontrabass, Schlagzeug und Gitarre, was in sich schon eine gute Kombination ist, geht in der Größe der Arena Trier leider unter. Die rund 7000 sind leider zu laut, der Sound bei der Vorband irgendwie nur halbfertig abgemischt und das Licht auch eher unambitioniert. Das hätte spannender sein können. Als dann die Broilers die Bühne betreten und ihre mehr als zweistündige Show abreißen, ist es wohl so, dass "Tiger Army" bis dato schon vergessen wurden. Schade.

Ein weiteres Highlight muss an dieser Stelle noch erwähnt werden. Die Broilers haben direkt in der Mitte im Graben zwei eigene Crew-Mitglieder stehen, die einfach nur absolute spitzenklasse sind. Eigentlich da um die Crowdsurfer runter zu pflücken und zu schauen, dass im Graben und mit der anwesenden Security vor Ort alles rund läuft, entwickeln sich die beiden zu einer eigenen Attraktion. Ob es die Tatsache ist, dass die gesamte erste Reihe erstmal vor Konzertbeginn mit Handshake oder Umarmung begrüßt wird, oder während dem Konzert schon mal ein paar spontane Tanzchoreographien eingeübt werden, oder respektvolles und anerkennendes Klatschen, wenn jemand besonders cool über die Zuschauer gesurft ist, bis hin zum Luft zufächeln für die ersten Reihe mit einem Handtuch. Bitte mehr solche Leute in die Gräben und Konzerte werden nicht nur wegen der Bands noch mehr zu einem Erlebnis. 

Die Broilers sind eine coole Band. Das soweit ist vielleicht eine maue Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass da grade ne ausverkaufte Show vor 7000 Zuschauern in der Arena Trier statt gefunden hat. Doch es ist vielleicht auch grade das, was die Düsseldorfer ausmacht. Sie machen Spaß auf der Bühne und musikalisch. Die Band selbst geht mit großer Freude ihrer Arbeit nach. Bassistin Ines Smentkowski kriegt das Grinsen während des gesamten Konzertes kaum noch aus dem Gesicht. Um eine Spitzenklasse-Band zu sein, fehlt vielleicht hier und da mal auch der Anspruch über den gemeinsamen Nenner etwas hinaus zu gehen. Auch mal andere Wege zu beschreiten, Dinge von anderen Seiten zu betrachten. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Denn am Ende bleibt die Gänsehaut. Und was ein jeder mit dem Konzert hinterher anfängt, ist vielleicht auch nur: Seine Sache, sein Problem.

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