Interviews
31.08.2018 Veranstalter  
Beat It - Interview mit Detlef Soost

The King of Pop

​​Am 29. August wäre Michael Jackson 60 Jahre alt geworden. Anlässlich dessen wurde​ in Berlin die Premiere des Musicals Beat It! gefeiert. In einem Interview verrät Detlef Soost einiges über seine Beziehung zum King of Pop und berichtet über die Arbeiten an der Choreographie des Musicals, das im Februar 2019 auch nach Trier kommt. 

 
Image
​Welchen Einfluss hatte Michael Jacksons Musik und womöglich auch seine Choreographien in den Musikvideos auf deine Karriere?

Detlef Soost: Für mich war Michael Jackson schon seit meiner Kindheit in gewisser Art und Weise ein Mentor und Richtungsgeber. Auch wenn er davon natürlich nichts wusste. Ich hatte ihn irgendwann nachts im ZDF gesehen mit dem Musikvideo zu „Thriller“ und wusste ab dem Augenblick: Ich will Tänzer werden und ich will so tanzen können wie Michael Jackson! 
Angefangen hat es mit diesem Song. Damit hat er ja ein komplett neues audiovisuelles Erlebnis geschaffen, weil man plötzlich auf Extra-Sounds, die auf die Schritte kombiniert wurden, Choreographien gesehen hat! Genau das gleiche dann auch bei „Beat It“, was auch so ein Quantensprung war, weitergehend mit „Bad“ bis hin – und das ist bis heute eines der krassesten Videos überhaupt, für mich, in meiner Welt – zu „Smooth Criminal“, wo er sich nochmal komplett neu erfunden hat, nicht nur in seinem eigenen Solo-Tanz, sondern auch in der Choreographie. 
Das heißt, Michael Jackson war immer in dem, was er getan hat, choreographisch „first mover“ für mich. Er hat immer vorgegeben, wie getanzt wird, welche Effekte genutzt werden, was gerade im Trend ist. Und wenn man sich anschaut, wie viele andere Stars – Usher, Justin Timberlake bis heute zu Justin Bieber oder die ganzen Boybands, die es damals gab – all das angenommen und sich daran orientiert haben, dann zeigt das umso mehr, wie fett sein choreographisches und musikalisches Vermächtnis ist.
 
Wie wichtig war Michael für die Tanz-Szene? Gab es zu der Zeit einen Boom, weil alle lernen wollten so zu tanzen?

In der Vorbereitung auf meine Choreos, die ich aus meinem eigenen kreativen Content entwickelt habe für „Beat It!“, habe ich mir natürlich die ganzen Videos von Michael nochmal angeguckt. Ich glaube, die Leute würden beim ersten Mal ansehen immer noch ausrasten. Auch nach heutigem Stand von Choreographie und Show, weil es nach wie vor absolut unvergleichlich ist. Aus meiner Sicht wurden ganz viele Generationen von Musikern und Performern durch die Art und Weise, wie Michael Jackson es verstanden hat, Musik und visuelle Performance zu verbinden, beeinflusst – und das noch bis heute! Das heißt, wir können gar nicht sagen „Gab es damals einen Boom, als er noch lebte?“. Ich weiß nicht, wie viele kleine, große und mittlere Michael Jackson-Doubles in der Welt auch heute noch rumrennen! Meine achtjährige Tochter gehört dazu. Die hat sich zu Weihnachten ein Michael Jackson-Outfit mit Sonnenbrille, Perücke, Hut, Handschuhen und Jacke gewünscht und performt wie eine Verrückte jeden einzelnen Song von Michael. Das ist so unglaublich generationsübergreifend. Auch, wenn es ihn heute gar nicht mehr gibt, ist seine Musik und das, was er visuell auf die Bühne gebracht hat, nach wie vor megamodern.
 
Man kann sagen, es ist zeitlos, nicht wahr?

Zeitlos trifft’s genau auf den Punkt. Man kann sich „Smooth Criminal“ problemlos heute noch anhören, genauso wie "Beat it", eigentlich fast alle seine Song - mir fällt kaum ein Lied ein, bei ich sage: Ach nee, das muss ich jetzt nicht noch mal hören.
 
Ist das auch sein größtes Vermächtnis? Diese zeitlose Kunst?

Das mag jetzt etwas verwunderlich sein, dass ich was komplett anderes sage, aber: Es ist die Kraft, Emotion hörbar und sichtbar zu machen. Das Verständnis, das Können und das Talent. Egal, ob es wie möglicherweise bei „Beat It“ oder „Bad“ Aggressivität ist, oder ob es wie bei „The Way You Make Me Feel“ sexy Emotion ist oder bei den ganzen Balladen nachdenkliche oder auch traurige Emotionen - Niemand hat es je geschafft, Emotionen so hörbar und sichtbar zu machen, und das so authentisch, wie Michael Jackson. Alleine wenn ich jetzt darüber rede und mir das vorstelle, werde ich selbst schon wieder total emotionalisiert, weil mich das so berührt. Weil es so unglaublich ist, was dieser Mensch auf die Bühne gebracht hat und wie er Menschen damit berührt hat.
 
 
Kannst du dich vielleicht auch ein bisschen mit ihm identifizieren? Mit diesem Kampf nach oben?

Natürlich, absolut. Ich hatte gar keine Eltern, Michael Jackson hatte zumindest in Form seines Vaters Eltern, die ihm vielleicht, zumindest als Kind, nicht wirklich gutgetan haben. Auch, wenn sie seine Karriere durch den harten Drill vielleicht beeinflusst haben. Wir tragen ja das, was wir aus der Kindheit an Wunden haben, auch als Erwachsene mit uns rum, und da hatten wir beide schwere Zeiten. Das hat uns sicherlich da hingebracht, dass wir sehr „driven“ waren, wie man im Englischen gerne sagt. Dass wir immer vorwärts wollten, immer neue Meilensteine erreichen wollten, dass uns auch nie der eine Erfolg von gestern morgen noch genug war. Sondern wir haben gesagt „Okay, geschafft, was ist das nächste auf dem Weg?“. Im Deutschen sagt man „getrieben sein“, das hört sich aber so negativ an, finde ich. Deshalb gefällt mir „driven“ einfach besser. Wir hatten schon beide, er natürlich auf einem ganz anderen Niveau als ich, ähnliche Antriebe, vorwärts zu kommen.
 
Musik und Tanz – beides kann verbinden und die Welt vereinen. Michael hatte diese Botschaft unter anderem ja auch thematisiert mit „Black Or White“. Wie siehst du das, gerade auch als Coach?

Vor kurzem erst hab ich wieder in einem Gespräch, in dem es unter anderem um die AfD und die Migrationsproblematik ging, festgestellt: Im Tanzen und im Gesang gibt es keine Rassen, gibt es keine Religion! Es gibt keine unterschiedlichen Farben, es gibt keine unterschiedlichen Größen – das gibt es alles nicht. Es gibt nur die gleiche Leidenschaft. Die Leidenschaft zum Tanzen, die Leidenschaft zum Gesang und zum Musikmachen. Das ist das, was die Menschen verbindet. Wenn die Leidenschaft gleich ist, sind auch die Menschen miteinander verbunden. Das ist die einzige Religion – die Leidenschaft.
 
Du arbeitest an der neuen Show „Beat It!“ maßgeblich mit – wird sie Michael Jackson gerecht?

Oh, das ist so ein großer Schuh… Und es ist so ein fantastisches Kreativ-Team, und ich muss ehrlich sagen, ein noch fantastischerer Cast. Mit diesen Menschen zu arbeiten, treibt mir ständig die Tränen in die Augen. Sie sind mit so viel Leidenschaft, mit so viel Commitment dabei, dem Vermächtnis von Michael Jackson, ihm selbst gerecht werden zu wollen, das ist unglaublich. Und trotzdem sind’s große Schuhe, die wir uns anziehen. Wir können uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht erlauben zu sagen „Ja, wir werden seinem Vermächtnis gerecht“ – das muss der Zuschauer entscheiden.
 

​ Was ist das Wichtigste, was diese Show den Zuschauern vermitteln soll? Was meinst du? Sind es die Emotionen?

Das ist für mich der wichtigste Punkt. Deshalb ist es für mich vielleicht nicht die schwierigste Challenge, eben diese Emotionen sichtbar zu machen. Wenn die Gangs auf die Bühne kommen bei „Beat It“ – da wird nicht mit Wattebällchen geworfen oder Sonnenblumen verteilt, sondern es ist eine aggressive Emotion, die sichtbar gemacht wird. Genauso ist es bei „The Way You Make Me Feel“ eine sexy, aber reine Emotion. Und bei „Black Or White“ geht’s darum zu zeigen „Hey, wir sind im Endeffekt alle gleich!“. Es geht also um Happiness und um Verbindung. Durch meine jahrelange Erfahrung und dadurch, dass ich mich durch Michael Jackson immer darauf konzentriert habe, die Emotionen auf die Bühne zu bringen, konnte ich bei „Beat It!“ sehr viel einbringen. Das ist vielleicht das, was ich neben meinen eigenen Choreos am meisten mitgeben konnte in dieses Paket. Ich bin  ganz froh, dass der Zuschauer ein Laie ist. Denn dann ist die Emotion purer, die er spürt, weil er es sich manchmal nicht erklären kann. Der Zuschauer sitzt da und überlegt sich: „Warum catcht mich das gerade so bei der Bewegung, bei dem Move, bei dem Sound? Warum kommen mir da plötzlich die Tränen?“ Das kennt man ja: Es gibt manchmal so Situationen im Leben, die passieren und von einer Sekunde auf die andere, man rechnet nicht damit, hat man plötzlich so `nen Kloß im Hals, oder man merkt, dass die Augen wässrig werden. Das sind die Sachen, wenn einen die Emotionen übermannen. Und das ist es, was ich versuche, sichtbar zu machen.

​Beat It! ist am 09. Februar 2019 in Trier in der Arena zu Gast. Tickets gibt es ab 42,50 Euro. ​​​


Bildgalerie



Karte anzeigen