Film der Woche
05.07.2018 Sina Steiner  
Am Strand

Sex 1962

​Seit dem 21.Juni ist die Verfilmung der 2007 erschienen Novelle Am Strand vom preisgekrönten Autor Ian McEwan in den deutschen Kinos zu sehen. Die Kritiken zum Buch fielen hierzulande damals gemischt aus, sodass hunderttausend.de im Film der Woche die Inszenierung von Theaterregisseur Dominic Cooke genauer anschauen möchte.​

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​Das Drehbuch schrieb Autor Ian McEwan selbst und bezeichnete bereits das Buch als psychologisches Drama. Schon der erste Satz der Novelle bietet dem Leser einen Verweis auf ihren Inhalt: "Sie waren jung, gebildet und in ihrer Hochzeitsnacht beide noch unerfahren, auch lebten sie in einer Zeit, in der Gespräche über sexuelle Probleme schlicht unmöglich waren."

Die Handlung spielt 1962. Im Zentrum des Films steht die Hochzeitsnacht des frischvermählten Ehepaars Florence Ponting (Saoirse Ronan) und Edward Mayhew (Billy Howle), die sie am Strand von Chesil Beach im englischen Dorset verbringen. Dargestellt werden dabei die unterschiedlichen Vorstellungen und der Diskurs der Hauptfiguren über Sexualität. Anhand dieser Ausgangssituation und dem Umgang des Paares miteinander, wird dem Zuschauer die Entwicklung ihrer Liebesgeschichte in Rückblenden erzählt, sodass der Film zum einen romantisch wird, andererseits jedoch langsam die psychologischen Vorgänge in den Figuren entschlüsselt.

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Wer bereits Arbeiten des britischen Schriftstellers kennt, wie beispielsweise die Bestseller Abbitte, Der Zementgarten und Saturday, weiß das realistische Abbild der Gesellschaft und ihrer Themen womöglich zu schätzen. Doch gerät diese psychologische Bearbeitung stets in die Kritik. So schrieb die Zeit​ zur Veröffentlichung der Novelle 2007 über den Schriftsteller: "Ian McEwan ist gar kein Schriftsteller im eigentlichen Sinn. Er ist eher ein Soziologe, der Romane schreibt". 

Die aktuelle Verfilmung des Stoffes verändert natürlich nicht ihren Inhalt und so porträtiert sie das Innenleben der Figuren und deren Umgang mit Sexualität vor der Enttabuisierung sexueller Themen, der sogenannten sexuellen Revolution ab Mitte des 20. Jahrhundert. Die Umsetzung des Werks erweist sich dabei laut Filmstarts.de​ jedoch als problematisch. So baut die Novelle zum Großteil auf die gedanklichen Vorgänge der Charaktere auf, wodurch dem Film wichtige Elemente fehlen, die auch nicht durch Szenen-Ergänzung ausgeglichen werden können und damit dem Transformationsprozess zum Opfer fallen. 

Das Ensemble des Films begeistert dabei, vor allem durch die Hauptdarstellerin Saoirse Ronan (Lady Bird), die bereits 2007 für die Verfilmung von Abbitte die Rolle der 13-jährigen Briony Tallis übernahm und wofür sie ihre erste von mittlerweile 3 Oscarnominierungen erhielt. Die filmische Umsetzung vom Regisseur Dominic Cooke, der mit Am Strand sein Kinodebüt feiert, beeindruckt durch die atmosphärischen Bilder und Kameraführung. Die Länge der Szenen komplettieren dabei das Tempo der Geschichte und erschaffen die gewünschte Intimität.

Insgesamt wird der Film im Vergleich zum Buch sehr zurückhaltend rezipiert. Doch angesichts des derzeitigen öffentlichen Diskurses über Sexualität, erscheint die filmische Inszenierung zur Hilflosigkeit in Bezug auf die Kommunikation sexuellen Themen umso interessanter. Außerdem eröffnet er den Blick auf eine geschichtliche Reflektion vom Umgang mit Leidenschaft und Sex, aber auch Missbrauch und Angst.​

In Kooperation mit dem Broadway Filmtheater präsentieren wir regelmäßig den Film der Woche. 

Foto: ProKino

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