Reviews
23.01.2014 Ralf Hoff Veranstalter
Your Inner Durden

The People Vs. Your Inner Durden

​​​​​​​In der jetzigen Gruppierung fanden Your Inner Durden Mitte 2009 zusammen. Groß geworden mit der ganzen Bandbreite des Punkrevivals Mitte der 90er Jahre war abzusehen, an welchen Stellen man sich orientierte und wessen Sounds als Inspiration herhalten mussten. Die zweite Platte "The People Vs. Your Inner Durden" ist wie das Debütalbum "Every Day Is A Holiday" im DIY-Verfahren entstanden. Hunderttausend.de hat reingehört.

T1PlHUeqTz8
Video

​Your Inner Durden – die ewig jung bleibende Punkrock-Band von der Mosel meldet sich 2014 nach längerer Funkstille mit ihrem zweiten Longplayer "The People Vs. Your Inner Durden" eindrucksvoll zurück. Seit 2009 frönen die fünf ihrer unbändigen Liebe zum straighten, simplen 90er-Punkrock, aktuelle Trends genauso missachtend wie die Tatsache, dass Altersgenossen mittlerweile vielleicht eher gediegenere Lebensstile bevorzugen und zum allabendlichen Glas Rotwein vorsichtig durch die umfangreiche Klassik-Plattensammlung blättern, während die alten CDs aus ungestümen Jungendtagen ganz hinten im Regal verstauben. Nicht so bei Your Inner Durden: 30+, aber immer noch mit absoluter Leidenschaft dabei, knietief im Street- und Pop-Punk des vergangenen Jahrhunderts stecken zu bleiben und die alten Helden niemals zu vergessen. Und das aus purer Absicht.


So sind auch noch immer die Referenzen und Bezugspunkte klar zu erkennen: NOFX, Bad Religion – die "Großen" des Genres, sowie ihre Armeen an Epigonen und Nachzüglern. Das mag für Verfechter der musikalischen Evolutionstheorie und Menschen, die nur noch wehmütig auf "die gute alte Zeit" zurückschauen und vieles, was man einmal innig geliebt hat, heute beschämt als Jugendsünde abstempeln, einfach anzugreifen sein, doch auch Zweifler sollten der neuen Platte eine Chance geben: Was nun ist genau auf "The People Vs. Your Inner Durden" zu hören?


Das Album startet im Opener "Copilot Off" mit nicht mehr als einer kurzen Songskizze und einem eingespielten Sample – das ist dann aber genug des Intros, im Anschluss geht eine dicke halbe Stunde die Post ab. Im eng gesteckten Genre-Korsett von Your Inner Durden von einem "erwachseneren" Sound im Vergleich zum Vorgänger zu sprechen mag auf den ersten Blick unangemessen erscheinen, trifft den Nagel in Anbetracht der komplexeren Arrangements und Melodieführungen aber auf den Kopf: Der Am-F-C-G-Hau-drauf-Punk bekommt mit hörbar detaillierteren Leadgitarren-Spuren und filigranerem Songwriting ein deutliches Upgrade verpasst. Noch immer geht es zu 97% straight nach vorne, Your Inner Durden aber haben ihre Hausaufgaben gemacht und lockern den Knüppelsound auch gerne mal mit liebevollen Details, wie zum Beispiel dem fast schon funkigen Basssolo in "My Reckoning", auf. 


Immer wieder ist eine Nummer mit absolutem Hitpotential auszumachen, was gerade Song Nr. 4, die Mitgröhlhymne (im positiven Sinne) "Antibiotics" eindrucksvoll unter Beweis stellt. "The Answer's Aren't Coming" orientiert sich am Melodic Hardcore der früheren Rise Against oder Strike Anywhere, andere Songs wie z.B. das flotte "I'm a fuckhead, you're a fuckhead" könnten auch einer der letzten 90er-Veröffentlichungen der Beatsteaks entsprungen sein, bevor diese ihren Sound auch anderen stilistischen Einflüssen geöffnet haben. Genau das passiert Your Inner Durden nicht – und das ist es, was den Charme der Band ausmacht. Wie bereits angesprochen bietet "The People Vs. Your Inner Durden" zwar genug Details, um so abwechslungsreich zu sein, dass sich beim Hörer keine Ermüdungserscheinungen einstellen, ist aber in sich auch stimmig genug, als lupenreines Punkrock-Album durchzugehen – eine Gratwanderung, die vielen Artverwandten so nicht immer gelingt.


Garniert wird das Ganze mit genreüblichem, aber passendem mehrstimmigen Backgroundgesang – und auch textlich verlassen Your Inner Durden nicht das gewohnte Spielfeld: es geht in den Lyrics um das (eigenständige) Erfüllen lange gehegter Träume, Selbstverwirklichung, das Nachvorneschauen nach bitteren Enttäuschungen, natürlich auch manchmal gegen Staat und Konsumgesellschaft, hauptsächlich aber um die im "Kumpel-Punk" (wie manch ungeschickter Journalist entferntere Verwandte wie The Gaslight Anthem gerne mal zu kategorisieren versucht) schon immer geltenden zentralen Werte: Freundschaft, Zusammenhalt und das überzeugte "Es wird ja doch wieder alles gut, solange wir nur uns haben und unbeirrt weitermachen", wie im deutlich Against Me!-inspirierten Closer "Keep on Singing": "The world is not going' down. We'll keep on singing, 'cause we're a family, there's a sense of unity". 

​​​
Unterm Strich haben Your Inner Durden ein nostalgisches, trotz des eng eingegrenzten Genres vielfältiges und mit zahlreichen kleinen und dem ein oder anderen größeren Hit gespicktes Zweitwerk aufgenommen, welches nie langweilig wird und Spaß und Spielfreude gekonnt zur Schau stellt. Darauf heute Abend ein Bier, man wird ja auch nicht jünger.​

Bildgalerie



Karte anzeigen