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04.06.2016 Ralf Hoff Ralf Hoff
ZSK, The Detectors und Mufasa Ozora

Fäuste und Füße in die Luft

​​​Am gestrigen Freitag, den 3. Juni 2016, wurde es laut, politisch und vor allem sehr heiß im Exhaus-Keller: Berlins Skatepunks No. 1, ZSK, gaben sich die Ehre. Zwischen fliegenden Körperteilen und tief fliegendem Bier hatte hunderttausend.de auch die Kamera am Start. 

 
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​"Alerta Alerta Antifascista!", "Deutschland, verrecke!", ab und an ein zaghaftes "Saarland Asozial!" - was höchstwahrscheinlich hauptsächlich an der ersten Supportband Mufasa Ozora liegt - und weitere Sprechchöre: Das Publikum an diesem Punkrockabend ist mindestens genau so laut wie seine Helden auf der Bühne des Großen Exils. ZSK machen ihr Ding nun schon - eine kleine Pause außer Acht gelassen - seit beinahe 20 Jahren, gelten als Flaggschiff der deutschsprachigen Skate- und Polit-Punk-Szene und sind bei Jung und Alt gleichermaßen beliebt. So freut Frontmann Joshi sich über ein praktisch uraltes T-Shirt der Band, welches er an einem Konzertbesucher bereits etwas gesetzteren Alters entdeckt, der damals, bei erster Tour und Platte, schon am Start war und heute immer noch zu ZSK-Konzerten kommt - sei es aus Nostalgie oder eben der Tatsache geschuldet, dass das 13-jährige Ich mit Skateboard, zerrissenen Jeans und der schmerzhaften Erinnerung an den ersten Ötti-Vollrausch auch im Erwachsenenalter noch immer nicht ganz verschwunden ist. Das ansonsten recht junge Publikum findet wahrscheinlich einfach die Parolen geil, schreit sich bei den Singalongs heiser und reckt die mit U- und Ü16-Bändchen markierten Fäuste in die Höhe. 

​Weniger kumpelig und ein bisschen asozialer wäre es wohl bei Kotzreiz geworden, die als Co-Headliner eingeplant waren - ein an den Wänden hängender, einsamer Facebook-Post der Band jedoch ist das einzige Lebenszeichen der Berliner, die aus unerfindlichen Gründen absagen mussten. So gebührt es vor ZSK allein den Bands Mufasa Ozora aus dem Saarland und The Detectors aus Kiel, die Crowd anzuheizen. Das ist nicht allzu schwer, wissen doch beide mit gut gespieltem, eingängigem und facettenreichem Punkrock zu überzeugen - mal auf deutsch, mal auf englisch, mal mit mehr oder weniger corigen Sprenkeln, aber immer mit Herzblut. Das Exhaus kocht den ganzen Abend und bei ZSK erst recht. Zwischendurch muss ein Besucher über die Menge surfen und versuchen, eine Bierdose, möglichst ohne deren Inhalt über einen Vierzehnjährigen zu vergießen, der dann zuhause Ärger bekommt, bis zum Tontechniker zu geleiten, der heute Geburtstag feiert. Nicht der einzige Crowdsurfer an diesem Abend. Schließlich haben auch die Leute, die aktuell bei Rock am Ring im Schlamm sitzen, ein Recht auf Rockmusik, auch wenn sie lieber nach Mendig schwimmen gehen möchten, als zur Punker-Party ins Exhaus zu kommen, so die Band. Wenn sie jetzt reinkommen, seid nett zu ihnen und gebt ihnen Bier. Hasst, wen ihr wollt, aber bleibt höflich. 

Später im Set kniet das Publikum Joshi zu Füßen, wenn er mitten im Publikum steht und einen kleinen Akustik-Part einfügt. Danach wird munter Iggy Pop gecovert und irgendwann lösen sich die eh schon hart verschobenen Grenzen zwischen "Band AUF, Publikum VOR der Bühne" vollends in Wohlgefallen auf, als der Pogo mehrere Menschen zwischen die Musiker schwappen lässt, die Flagge der Antifaschistischen Aktion ausgebreitet wird und sich alle zusammen einfach sehr lieb haben. Herz für die Sache. Auch wenn die Wege von ZSK und Publikum an diesem Abend bereits recht früh genau da auseinander gehen, bleibt unterm Strich ein Abend mit der wohl besten Stimmung im Exhaus seit geraumer Zeit, einem vor lauter Bier sehr klebrigen Boden und glücklichen, jungen Gesichtern, die müde ihre soeben erworbenen, schwarzen ZSK-Hoodies zum letzten Zug nach Hause schleppen. 

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