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14.02.2016 Ralf Hoff Farina Lang
Wyoming und Janitz

Einmal Mond und zurück

​Die Indie-Pop-Band Wyoming war vergangenen Donnerstag zu Besuch im berühmt-berüchtigten Balkensaal des Exhauses und eröffnete dort ihre "Moon Jaunt"-Tour. hunderttausend.de hat Impressionen des Konzertes festgehalten. ​

 
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​Das Trio aus dem Rheingau hat jüngst sein zweites Album veröffentlicht und als Startschuss für die zugehörige Tour Trier ausgewählt – im Balkensaal fanden sich zwar, wie für kleinere Shows eher weniger dem Massengeschmack zugetaner Musikstile üblich, nicht unbedingt Heerscharen an Fans ein, aber das tat der besonderen Atmosphäre und ausgelassenen Stimmung des Abends keinen Abbruch.

Eröffnet wurde von den Trierer Lokalmatadoren Janitz, die erst letztes Jahr mit ihrem Album "Worauf wir warten" und einem ulkig-niedlichen Knetfiguren-Video zum Song "Vogelfrei" auf der Bildfläche erschienen sind. Zwar waren diese musikalisch nicht unbedingt mit dem Haupt-Act verwandt, konnten mit ihren eigenständigen Songs aber auf ganzer Linie überzeugen: zwei Perkussionisten, sechssaitige Bassgitarren, eine Kazoo als "Saxophon-Ersatz" und das alles integriert in entspannten, luftigen Semi-Akustik-Pop, der von vergangener Jugend, schönen Erinnerungen und davon, ob man nun durch die Welt reisen oder doch lieber zuhause bleiben sollte, handelte. "Schiebt Euch doch mal nach vorne. Zu der anderen Band kann man gleich auch tanzen", kündigte Sänger Jan an und strafte damit die Performance seiner eigenen Truppe Lügen – sorgten Janitz doch nicht zuletzt auch für ausgelassenes Zappeln und Warmtanzen seitens der Besucher.

Stichwort: Tanzen. Die Bewegungen, die Wyoming-Sänger und -Bassist David während des anschließenden Sets des Headliners an den Tag legte, waren ein echter Hingucker, auch wenn sie mitunter so aussahen, als sei er unglaublich verspannt und täte ihm irgendetwas weh. Nichtsdestotrotz: Das Trio aus Lorch lieferte grandios performte, tiefenentspannte und atmosphärische Pop-Musik, die, obwohl teilweise elektronisch angehaucht, komplett live gespielt wurde und auf recycelte Klänge aus der Konserve verzichtete – was für die Bandmitglieder auch von immenser Wichtigkeit ist, wie in unserem Interview​ nachzulesen. Bis auf wenige Ansagen, in denen sie Freude und Dankbarkeit ausdrückten, für die Trierer musizieren zu dürfen, überließen Wyoming das Reden dann auch ganz ihren Songs. Und die haben es in sich: David singt mit anschmiegsamer Stimme, Drummer Manuel unterlegt alles mit präzisen, für das Genre gar nicht mal allzu soften Beats und Multi-Instrumentalist Sascha bedient Synthesizer, Keyboard und Gitarre irgendwie gleichzeitig, während er in zwei Mikrofone singt. Dabei schrauben sich nicht nur seine, sondern auch Davids Vocals des Öfteren in ungeahnte Höhen.

Auffallend bei Wyoming ist die streckenweise überbordende Komplexität, mit der sie Taktart, Rhythmus und Melodieführung variieren – Mitklatschen ist ohnehin schwierig und der ein oder andere Zuschauer flog auch schon einmal beim Kopfnicken aus dem Song. Das mag manch einem, wie nach der Show in einem Gespräch aufgeschnappt, "zu vertrackt" und künstlerisch-abgehoben erscheinen, ergibt in Konzept und Selbstverständnis der Band aber durchaus Sinn, inszeniert sich diese doch als absichtlich unnahbares, ein bisschen wie von einem anderen Planeten stammendes Künstlerkollektiv. Was nicht heißt, dass es trotzdem keine Party gab: Die überschaubare Zuschauermenge jubelte in den Pausen lautstark drauf los (während sie den Songs immer bedächtig und großteils stillschweigend lauschte) und feierte die Band. Der Aufforderung zur Zugabe ging diese am Schluss dann auch freudig nach. So bleibt unterm Strich ein heimeliger, spaßiger und entspannter Wohlfühl-Konzertabend mit äußerst fähigen Musikern. 

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