Stadtgespräch
24.11.2014 Johannes Friedrich Veranstalter
Rainy Days 2014

Vorhang auf, Licht an!

​Am morgigen Mittwoch, dem 26. November 2014, findet in der Cinémathèque de la Ville de Luxembourg die Auftakt-Veranstaltung der rainy days 2014 statt. Das Motto diese Saison lautet: "switch the light on" und kann sich dementsprechend nicht nur hören, sondern auch sehen lassen.

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​Das Musikfestival rainy days schaltet im Jubiläumsjahr (15 Jahre seit Gründung, 10 Jahre in der Philharmonie) das Licht ein: 2014 kann man Skrjabin als Lichtkünstler, Schönberg als Farbenforscher, Cage als Filmemacher, Yves Klein als Komponist, Industrieroboter als Tänzer, Tänzer als Leuchtkörper, Lichtkunstwerke als Klangtransformatoren sowie Taschenlampen als Instrumente entdecken.​

Das Motto legt nahe, dass es keinen passenderen Ort für die erste Veranstaltung geben könnte, als ein Lichtspielhaus. Die Filmsoiree "Switch the Light On: A Luminous Film Event", welche am 26.11.2014 in der Cinémathèque de la Ville de Luxembourg stattfindet, ist eine Rückbesinnung auf das hypnotisch leuchtende Ur-Ereignis des Lichtkegels, der auf eine Leinwand geworfen wird. Eine Rückschau auf Klassiker der Lichtmoderne wie Walter Ruttmann, Oskar Fischinger und John Cage, die Formen, Flächen und Farben rhythmisch und musikalisch in Bewegung setzen.

Am Donnerstag kehren die rainy days in die Philharmonie zurück. Hier gibt das Orchestre Philharmonique du Luxembourg (kurz: OPL) unter Leitung von Emilio Pomárico und mit Lorenzo Cossi am Klavier Aleksandr Skrjabins spektakuläres Opus magnum "Prometheus oder das Gedicht des Feuers" für großes Orchester und Klavier mit Orgel und "Lichtklavier" zum besten. Für die Beleuchtung zeichnet die Lichtkünstlerin Fabiana Piccioli verantwortlich. Im Théâtre National du Luxembourg wird etwas später am Abend das Werk "Burning Bright" von Dufourt uraufgeführt. Zumindest in der Fassung mit Bühnen- und Lichtgestaltung – für beides zeichnet der italienische Künstler Enrico Bagnoli verantwortlich.

​Am Freitag, dem 28.11.2014, fügen sich zwei Meilensteine der Musikgeschichte – Skrjabins Erfindung der Lichtmusik (1908) und Schönbergs Erfindung der Klangfarbenmelodie (1909) – mit Friedrich Cerhas "optisch gedachtem" Meisterwerk "Spiegel" von 1960 und zwei überraschenden Uraufführungen von Manos Tsangaris zu einem spektakulären Konzertabend für Orchester und Licht zusammen, den das OPL unter Leitung von Emilio Pomárico und mit Lorenzo Cossi am Klavier in der Beleuchtung der Lichtkünstlerin Fabiana Piccioli in Szene setzen. Nachdem dies im Grand Auditorium der Philharmonie zu sehen war, kann man im Salle de Musique de Chambre Manos Tsangaris Stück "Tafel 1. Wiesers Werdetraum für zwei oder drei Spieler am Tisch, Walkman, Radio, mobile Lichtquellen und Fadenorgel" bewundern.

Während der gesamten Festival-Zeit vom 27.11.2014 bis zum 30.11.2014 können im Grand Foyer und in weiteren Räumen der Philharmonie vier Lichtskulpturen von Dan Flavin, Brigitte Kowanz, Paul Schwer, Michel Verjux und eine neue, für die rainy days 2014 konzipierte Arbeit des jungen deutschen Künstlers Kriz Olbricht bewundert werden. Das ensemble recherche lädt am Samstagnachmittag (29.11.2014, 15:00 Uhr) zu einer Art Hör-Führung durch die Ausstellung ein und bringt jedes der Kunstwerke mit ausgewählten kammermusikalischen Werken in Verbindung. Außerdem samstags in der Philharmonie: "Sonovisor" / "Light & Sound". In dreizehn Werken von Luxemburger Komponistinnen und Komponisten (darunter elf Uraufführungen) begegnen sich Musik und elektronisch gesteuertes Licht. Eine experimentelle Annäherung an Wahrnehmung als Prozess, bei dem alle Sinne zusammenwirken. Am selben Tag findet im Grand Théâtre die Aufführung "iTMOi (in the mind of igor)" der Akram Khan Company statt. Das Stück gilt als eine Zerreißprobe für die elf Tänzer und verspricht somit ein beeindruckendes Erlebnis für das Publikum – nicht zuletzt aufgrund des Lichtdesigns, für das Fabiana Piccioli den Ritterschlag zum "Knight of Illumination" erhielt.

Zum Abschluss der rainy days 2014 am Sonntag, dem 30.11.2014, gibt es noch einmal das volle Programm: Im Mudam setz sich das Stück "United Instruments of Lucilin" lichtintensiv mit dem Thema Aufklärung auseinander. Vermutlich einer der ungewöhnlichsten Lichtblicke des diesjährigen Festivals. Im Grand Auditorium der Philharmonie bringen derweil der Lichtkünstler Joachim Fleischer, der Komponist Michael Reudenbach und das Berliner Solistenensemble Kaleidoskop einen Montageroboter aus der Automobil-Produktion auf die Bühne. Mit derselben Präzision, mit der er ansonsten Autoteile zusammen schweißt, bewegt der tonnenschwere Roboter im Konzert eine punktförmige Lichtquelle durch Objektlandschaften. Dadurch wird die Uraufführung von "white radiation", einem rund einstündigen Werk für Streichorchester und Roboter-Choreographie, in ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten getaucht. Im Anschluss führen im Salle de Musique de Chambre der Pianist Małgorzata Walentynowicz und der Ton-/Licht-Künstler Pierre Jodlowski vier Stücke für Klavier und Elektronik auf. Vier verschiedene Farben und vier verschiedene atmosphärische Welten.

Ebenfalls sonntags und ebenfalls in der Philharmonie zeigt das Solistenensemble Kaleidoskop unter Leitung von Titus Engel und in Ausleuchtung von Karl Kliem eine "Klangstudie für Streichorchester". Dem aufgeführten Stück des Berliner Komponisten Sebastian Claren liegen Techno-Klänge zugrunde. Eben so elektronisch klingt die zeitgleich stattfindende Aufführung "¡Off With Their Heads!": Ein Musiktheaterstück für 8 kopfbewegte Scheinwerfer, 8 Lautsprecher und 2 Nebelmaschinen.

Zum Abschluss der rainy days wird die monochrome Intensität der berühmten blauen Bilder von​ Yves Klein gewürdigt. Klein selbst hat seine gemalten Werke in Musik "übersetzt". "Symphonie Monoton – Silence" ist ist so radikal wie minimalistisch; das Konzept ist einfach zu beschreiben, aber das Hörerlebnis ist unbeschreiblich: 20 Minuten lang ein liegender, monochromer D-Dur-Akkord, gefolgt von 20 Minuten Stille. Die New York Times urteilte nach der Uraufführung: "Das gut zu machen war viel schwerer als er oder irgendjemand es sich vorstellte." In diesem Sinne: Licht an!

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