Interviews
06.12.2018 Sina Steiner  
Johann König

Jubel, Trubel, Heiserkeit​

​​​​Der Ausnahme-Choleriker ist mit seinem neuen Soloprogramm unterwegs. Dabei analysiert er mit gewohnt nervösem Auftreten und brüchiger Stimme die Aufgaben eines Familienvaters und stellt die wichtigen Fragen, wie welcher Tag heute ist. hunderttausend.de konnte sich vorab mit dem Köllner unterhalten. ​

 
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​hunderttausend.de: Nächsten Monat feiert ihr neues Programm Jubel, Trubel, Heiserkeit Premiere. Das heißt, dass sie zurzeit bei den Vorpremieren das Programm testen. Ist das die aufregendste Phase? 

Johann König: Das ist die stressigste Phase und die Aufregendste. Jedes Mal geht man auf die Bühne und erzählt irgendwas, was man noch nie erzählt hat. Man hofft immer, dass es lustig ist. Manchmal findet man selber etwas lustig und dann kommt es doch nicht an und man muss es sofort wieder rausstreichen. Oder man erzählt was wovon man dachte „Ja mal gucken“ und dann ist das total lustig. Das kann man vorher nicht so einschätzen. Darum wird auch immer wieder umgestellt und überlegt. Aber es ist auch eine relativ kreative Phase, weil ich mir immer wieder Sachen dazu überlege, dann ist man auch spontan auf der Bühne und ändert was. Es ist zwischen aufregend, stressig und auch positiv überraschend. Aber es gibt auch negative Überraschungen (lacht). Es gibt auch Druck, man muss ja auch irgendwie zwei Stunden füllen, dann muss man Text auswendig lernen und das mag ich ja gar nicht. Am liebsten habe ich irgendeine Geschichte im Kopf und erzähl sie dann frei. Das heißt ich brauch so ein paar Punkte in der Geschichte wo ich hin möchte, aber die Worte dahin sind dann eigentlich frei. So ist das seit sieben Programmen, also ich kenn das ja. Ich habe ja keine Autoren, keinen Coach und keine Regisseure, darum mache ich alles selber. Das Publikum ist eigentlich Regisseur, weil es durch die Reaktionen ein bisschen bestimmt was im Programm bleibt und was nicht. 

Und wie gehen sie auf der Bühne damit um, falls dem Publikum mal etwas nicht gefällt? 

Da kann man nicht viel machen. Ich würde keine Nummer irgendwie abrechen. Das muss man dann durchziehen und dann muss man auch die Stille ertragen. Das Publikum weiß ja auch, dass es eine Vorpremiere ist, das steht auf den Karten. Das heißt, die sind dann auch gnädiger und es wird einem nicht übelgenommen. Die Leute müssen ja auch nicht drei Stunden durchlachen. Man kann ja auch mal was erzählen, was einfach nur zum Schmunzeln ist. (Lacht)

​Ihre Karriere als Komiker entwickelte sich per Zufall durch ihren Auftritt im Literaturcafé ZapZarap in Köln. Was bewegte Sie damals trotz Nervosität den Weg auf die Bühne zu finden? 

Ich hatte nie den Wunsch auf die Bühne zu gehen. Ich habe nach dem Abitur Krankenpfleger gelernt, dann habe ich studiert und um das Studium zu finanzieren habe ich Nachtwachen im Krankenhaus gemacht. Dabei habe ich nachts Gedichte geschrieben, aus Spaß einfach nur für mich. In dem Literaturcafé war ich immer nur zum Zuhören und dann fragte die Moderatorin an einem Abend, wer was vortragen möchte und keiner wollte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon zehn Kölsch getrunken und meine damalige Freundin sagte:“ Erzähl du doch mal ein kleines Gedicht.“ Ich dachte „Oh Gott“ und habe nochmal zwei Kölsch getrunken und dann bin ich da ans Mikrofon gestolpert, das war ja keine Bühne. Das war nur ein Stativ Mikro auf dem Boden. Dann bin ich dahin gestolpert und habe irgendein Gedicht rein genuschelt. Da haben die Leute so gelacht, dass ich dachte „das muss ja witzig sein“. (Lacht) Es war aber gar nicht lustig gemeint, es war so eine Mischung aus schüchtern, betrunken und auch ein lustiges Gedicht anscheinend. Denn es war so ein Literaturkreis wo die Leute ernsthafte Betroffenheitslyrik gebracht haben. Also über das Gänseblümchen, das jetzt nicht wachsen will, weil es nicht gegossen wird - irgendwas Ernstes. Dann kam da Einer, der sich nicht so ernst genommen hat und das hat schon gereicht, um die Leute ein bisschen zu befreien. Dann habe ich gedacht, dass mache ich nochmal, das hat mir gefallen. So kam das dann. Wenn die Leute da nicht gelacht hätten, wäre ich nicht auf der Bühne gelandet. 

Sie sagten die Gedichte entstanden aus Spaß und waren eher für sie selbst bestimmt oder gab es da doch schon irgendwie weitere Intentionen? 

Nein, in den Nachtwachen habe ich das nur aus Langeweile gemacht und als die Leute dann im Literaturcafé gelacht haben, habe ich nochmal bewusst ein Gedicht zum Vortragen geschrieben. Aber wenn man die Gedichte nur liest, das ist ziemlicher Schwachsinn. Das ist nur lustig, wenn ich das vortrage und wenn ich das auch ernst nehme und irgendwie auch nicht - das ist ja so eine komische Mischung. Nur zum Lesen hätte das damals nicht funktioniert. Es ist keine Literatur gewesen, sondern das war... (lacht) was anderes. 

Aber das Interesse an Literatur war dann schon vorhanden, wenn Sie im Literaturcafé zu Gast waren. 

Das stimmt. Ich habe immer Robert Gernhardt und Heinz Erhardt und sowas gelesen, das stimmt schon. Was heißt Interesse, es war immer so: was man halt so liest auf dem Klo. (lacht) 

Wurde dann durch den Auftritt das Interesse an Comedy geweckt, sodass sie daraufhin andere Comedians gewissermaßen studiert haben? 

Also, ich habe mich nie an anderen orientiert oder ich habe nie daraufhin andere anders angeguckt. Natürlich kannte ich Helge Schneider und so Leute, aber das hatte mit dem was ich mache für mich nichts zu tun. Ich habe dann irgendwann einfach so fünf Minuten Sachen gehabt: Ich erzähl ein bisschen was, dann lese ich ein Gedicht vor. Eingeladen haben mich ja alle möglichen: Kabarett Shows, Comedy Shows, auch Literatur Shows und Poetry Slams. Ich habe das nie kategorisiert und so. Das ich dann irgendwann in der Comedy-Szene lande war auch alles Zufall. Ich habe gesagt: solange die Leute lachen, mache ich das. Aber ich will ja eigentlich Lehrer werden. Ich habe ja lange noch studiert und hatte schon Fernsehauftritte, bin aber trotzdem noch zur Uni gegangen. Bis ich dann eine mündliche Sportprüfung hatte und am gleichen Tag abends noch einen Auftritt bei Harald Schmidt. Da haben die Dozenten nach der Prüfung gefragt, warum ich denn so nervös und so schlecht vorbereitet sei. Ich habe denen erzählt, dass ich nachher von einem Fahrer von Harald Schmidt abgeholt werde und noch einen Auftritt habe. Das war schon aufregend. Die Dozenten meinten daraufhin, ich müsse mich mal entscheiden. Das wollte ich nicht, ich wollte immer beides machen. Da habe ich aber gemerkt, dass es doch aufreibend ist. Das war die große Zeit bei Sat1, mit einer Millionenquote. Es war eine Ehre, ein Ritterschlag dort eingeladen zu werden und das hat mich nervös gemacht, was ich mir aber nicht zugestehen wollte. Dann habe ich mich an der Uni exmatrikulieren lassen - im 19 Semester - und habe gedacht, wenn das nicht mehr läuft gehe ich zurück an die Uni. 

Also gibt es noch eine Zukunft, in der Sie Sportlehrer werden? 

Nein, das will ich eigentlich ausschließen. Ich habe jetzt meinen Traumberuf gefunden. Ich habe nie davon geträumt, aber das ist jetzt schon mein Traumberuf. Es macht großen Spaß auf der Bühne zu stehen und die Leute zu unterhalten mit seinen eigenen Gedanken Mit den eigenen Ideen Menschen zum Lachen zu bringen, ist schon ein großes Glück und Privileg. Das werde ich solang machen, wie es geht, glaube ich. 

Im aktuellen Programm sprechen sie über ihre Kinder und ihre Frau, gab es da von Seiten der Frau schon mal einen Einwand? Wird das Programm vorher besprochen? 

Ähm, nö. Sie guckt sich eine Vorstellung an und dann merke ich ja was sie stört. Aber das sagt sie dann. Das ist so eine Mischung, sie kann da sehr drüber lachen, auch wenn ich über die Kinder erzähle, aber das Wissen, dass ich das jetzt republikweit verbreite ist auch ein bisschen unangenehm. Das versteh ich auch. Dann muss man sich auch wieder bewusst sein, dass niemand in Trier oder sonst wo sie kennt und dass es eigentlich für die Leute keine konkrete Person ist. Die Leute, die sie kennen, für die ist das was anderes, die haben direkt die echten Menschen vor Augen. Das ist dann vielleicht ein bisschen komisch – ich weiß es nicht. Anders funktioniert es nicht. Ich muss ja irgendwo meine Ideen herkriegen und meine Frau liefert mir ja auch viel Ideen, durch Sprüche und so. Sie hat einmal gesagt, sie muss immer an die Geburt des ersten Kindes denken, wenn sie sieht, dass sich die viel zu fette Katze durch die Katzenklappe quetscht. Das habe ich mir dann aufgeschrieben, weil das einfach schöne Bilder sind, die die Leute im Kopf haben. Und so ist das auch bei den Kindern. Man schöpft ja immer aus dem, was man erlebt und nicht was man aus der Zeitung oder dem Fernsehen hat.

In ihren Programmen haben sie meist ein bestimmtes Thema, dem sie sich widmen. Wählen sie dieses Thema bewusst aus, gibt es gewissermaßen eine Botschaft in ihren Shows? 

Das weiß ich nicht. (Lacht) Erstmal würde ich sagen, dass ich keine Botschaft habe. Aber ich habe natürlich einen Lebensstil und dahinter steckt auch eine Haltung. Wenn ich sage, dass ich keine Produkte von Nestlé im Catering haben möchte, dann ist das die Wahrheit. Ich kaufe immer im Bio-Supermarkt, beschäftige mich mit Plastikmüll-Vermeidung und gehe in Unverpackt-Läden und so. Dadurch das ich diese Themen anschneide, merkt man ja das da irgendwie was dahintersteckt und trotzdem würde ich das niemals zu einer Botschaft formulieren und sagen: „Versucht das auch!“ stattdessen spiegle ich mein Leben so ein bisschen wieder, bisschen verkehrt natürlich auch und daraus kann jeder ziehen was er will. Aber es gibt ja auch Leute, die dann Zuhause nachgucken, wieso man keine Produkte von Nestlé will, was man überhaupt dagegen haben könnte und dann vielleicht auf die Skandale stoßen. Das könnte sein, aber der Kabarettist formuliert es eher über Botschaften und bekommt dann Applaus: „Jawoll, die sind alle Korrupt da oben!“ So einen Applaus möchte ich eben nicht haben, bei denen das Publikum denkt: „Die blöden Leute mit ihrem SUV.“ Sondern ich sage, ich fahre selbst mit dem SUV zum Biomarkt, was ja nicht stimmt aber trotzdem versuche ich es als Ich-Botschaft zu verpacken, weil das irgendwie immer lustiger ist. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. 

Wir drücken auf jeden Fall die Daumen für die Tour und freuen uns auf den kommenden Auftritt am Samstag, den 08.12.2018, in der Europahalle​. ​Weitere Infos zum Auftritt & den Tickets gibt es hier​.



Foto: Boris Breuer

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